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Die Welt geht unter—was zur Hölle sollen wir bis dahin nur tun?

Die NASA gibt uns allen noch 15 Jahre, und wie der Rest meiner Generation habe ich keine Ahnung, was ich mit dieser Zeit anstellen soll.

Die Aussage, dass „junge Leute“ keine Perspektiven hätten, ist mittlerweile zum Gemeinplatz geworden. Die Schuld geben wir der Finanzkrise, die heftige Arbeitslosenquoten bewirkt hat, oder der ineffizienten Regierung, die keine Anstalten macht, uns zu unterstützen. Wir beschuldigen die Babyboomer, die sich geweigert haben, ihren Wohlstand an die nächste Generation weiterzugeben, oder Unternehmen, die nichts als unsichere Teilzeitjobs vergeben. Diese Probleme haben unsere Generation tatsächlich um Jahre zurückgeworfen und eine erfolg- und kinderlose Existenz bedingt, die wir nun mit Hilfe von Trinkspielen, Gedärme verätzenden Drogen und beschissenen Handyspielen zu bewältigen versuchen. Aber was machen wir, wenn die Kacke richtig am Dampfen ist? Klar: Vom Ende der Zeit wird schon seit Beginn der Zeit gesprochen. Erst war es Gott, der uns vernichten wollte, dann der Teufel und später die Atombombe. Jetzt sind es Asteroiden, das Meer oder unser krankes Verhalten. Was auch immer passieren mag—wir wissen, dass eines Tages alles in Flammen aufgeht. Für die Medien ist diese Paranoia ein goldenes Ticket, die ultimative verkaufsfördernde und suchmaschinenfreundliche Schauergeschichte. Die meisten Menschen haben zumindest ein flüchtiges Interesse an Informationen darüber, wie und wann die menschliche Spezies aussterben wird—was auch die Erklärung dafür ist, warum apokalyptische Sekten nie aus der Mode kommen. Die Paranoia des Weltuntergangs ist ein erstrangiger Clickbait mit Tiefgang, der Heilige Gral der modernen Medien. Wenn du eine beliebige Zeitung aufschlägst, sind es leider keine cartoonartigen Verkünder des Jüngsten Gerichts, die mit „Das Ende naht“-Schildern winken, sondern seriös klingende Wissenschaftler. Dadurch werden nicht nur individuelle Schauermärchen über die Vogelgrippe oder sauren Regen mit Bedeutung aufgeladen, sondern das gesamte Flickwerk des Terrors. In Kombination aus Maßlosigkeit, Dummheit und Grausamkeit wird hier die These entwickelt, dass wir unseren Planeten unwiederbringlich zerstört haben und die Zukunft wie ein Katastrophenfilm von Michael Bay aussieht. Die letzte Studie, von der ich gelesen habe und die zum Teil von der NASA finanziert wurde, „betonte die Aussicht, dass die globale Industriebevölkerung aufgrund der nicht nachhaltigen Ressourcennutzung und der zunehmend ungleichen Wohlstandsverteilung in den kommenden Jahrzehnten kollabieren könnte.“ So lauten die Worte des Guardian, einer ehrwürdigen Tageszeitung, die natürlich nicht schreiben kann: „WIR SIND AM ARSCH WIR SIND AM ARSCH AHHHH!“ Nichtsdestotrotz bietet der Artikel eine interessante und ernüchternde Lektüre. Die eigentlich Frage betrifft jedoch nicht das Ausmaß, in dem die Menschheit gefickt ist, sondern die Art und Weise, wie wir auf diese Information reagieren. Gibt es irgendetwas, das wir tun können? Oder sollten wir einfach unsere Gartenmöbel rausholen, Bier kaltstellen und darauf warten, dass unsere Nachbarn anfangen, ihe Hunde zu grillen? Es ist eine Sache, wenn alte Leute erfahren, dass ihr Planet am Arsch ist und sie wie Kevin Costner ihre goldenen Jahre auf einem selbstgebauten Floß verbringen und Urin trinken müssen. Für junge Leute, denen man erzählt, sie hätten keine Perspektiven für die Zukunft, ist das jedoch nochmal eine andere Sache.

Worin soll der Sinn des Lebens liegen, wenn du unter diesen Umständen gerade 20 bist? Warum sollte man Kinder zeugen, Karriere machen, aufs Rauchen verzichten, heiraten, sich weiterbilden oder sonstige Anstrengungen unternehmen? Warum sollten wir unser Leben darauf ausrichten, materielle Stabilität zu erlangen, wenn diese Stabilität in 15 Jahren zu bröckeln anfangen wird, ganz gleich, was wir tun? Warum sollten wir nicht einfach rumhängen und ungeschützten Sex mit Fremden haben, die wir auf Grindr und/oder Tinder kennengelernt haben? Könnte es sein, dass wir gerade Bowies „Five Years“ durchleben, nur mit beschissenerer Musik? Es würde mich nicht wundern. Ich zweifle daran, ob unsere Generation besonders gut darin ist, der Realität ins Auge zu sehen, und gerade habe ich den Eindruck, als wären wir die Generation mit den denkbar schlechtesten Voraussetzungen. Die Vorstellung der globalen Umweltkatastrophe ist so beängstigend und schwer zu fassen, dass die Gefahr besteht, dass wir in eine beunruhigte Lethargie verfallen und im Grunde alles so machen wie zuvor—das heißt, dass wir alles, was jenseits des Wochenendes geschieht, ignorieren. Niemand hat eine wirkliche Ahnung, was er angesichts der furchtbaren Zukunftsaussichten tun soll, die regelmäßig von den renommiertesten Forschungseinrichtungen der Welt prophezeit werden. Es könnte sein, dass es zu spät ist, die Auswirkungen der Erderwärmung zu stoppen. Doch im Grunde verspüren wir überhaupt keinen Drang, den Untergang aufzuhalten, wir sind zu festgefahren in unseren Wegen. Die Lösungen erscheinen entweder unmöglich umsetzbar oder hippiemäßige Alibiaktionen zu sein. Wenn wir unsere Vorfahren dafür verfluchen, unsere Zukunft versaut zu haben, sollten wir uns in Erinnerung rufen, dass wir die Generation sind, die wollte, dass man sie im Auto zur Schule fährt, und die immer mehr Konsolen und Handys und andere sinnlose Geräte verlangte. Wir haben das Feuer zwar nicht entzündet, doch versucht zu löschen, haben wir es auch nicht. Und so kommt es, dass wir in einer Welt leben, in der niemand unschuldig ist und in der wir trotzdem nichts ändern können. Nachrichten über die bevorstehende Apokalypse sind nichts mehr als weitere Informationen darüber, dass jemand anderem etwas zustößt. Informationen, die man gleichgültig und apathisch hinnimmt. Was bringt es, sich diese Entwicklungen auch nur einzugestehen? Dass die Polarkappen schmelzen, wissen wir schon seit Jahren, doch wie viele von uns hat dieser Umstand dazu bewogen, die eigene Lebensweise zu verändern? Lasst uns einfach so weitermachen und uns hoffen, dass es uns egal ist, wenn wir irgendwann sterben. Natürlich gab eine ganze Menge Fehlstarts und Schrecken, eine Menge dubioser Science-Fiction und sehr wenige Fakten. Die bloße Gewichtigkeit der Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, vermittelt jedoch den Anschein, wir würden uns auf der Zielgeraden in Richtung Weltuntergang befinden. Das Problem ist, dass Unwissenheit ein Segen sein kann, wenn man dem Schicksal ins Auge sehen muss. Da nicht wirklich etwas getan werden kann, scheint es das Beste zu sein, einfach das Leben zu leben, das wir haben. Deshalb bauen wir Netzwerke aus, fachsimpeln und betreiben Smalltalk, bis die Sonne schwarz wird und die Vögel vom Himmel fallen. Apathie ist das bestimmende Gefühl unserer Gegenwart, in der Politik, in der Kultur, überall. Sie prägt uns so sehr, dass es uns noch nicht einmal aufregt, wenn uns die NASA darauf hinweist, dass wir nur Jahrzehnte vom sozialen Kollaps entfernt sind, und uns jede andere wissenschaftliche Einrichtung nahelegt, dass wir den geografischen Gegebenheiten zum Opfer fallen werden. Aber alles ist gut. Entspann dich. Es gibt Flappy Bird. Es gibt Drake und Rihanna. Wir werden alle sterben. Daran kann sowieso keiner was ändern, nicht wahr?