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Reisen

Diese Frau ist seit drei Jahren im Urlaub

Manche Facebook-Freunde scheinen einfach immer im Urlaub zu sein. Maartje ist das wirklich. Sie fragt sich: „Warum machen das nicht noch mehr Menschen?"

Im Januar 2013 unterhielt ich mich in einem Hostel in Bogota mit Maartje Smit, die damals 28 war. Ich hing ein paar Abende lang mit ihr und ihrer australischen Reisegefährtin Choppy ab und wir wurden Facebook-Freunde. Während das Wetter zu Hause in den Niederlanden mehr als unwirtlich war, schien auf Maartjes Wand immer die Sonne. Der Strom von Fotos, auf dem Strände, Palmen und Gruppen leichtbekleideter Rucksacktouristen zu sehen waren, wollte einfach nicht abreißen. Wie lange geht so ein Urlaub wohl? In Maartjes Fall sind es schon drei Jahre. Ich habe mit ihr auf Skype gesprochen, um herauszufinden, wie es dazu kommt.

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Alle Fotos mit freundlicher Genehmingung von Maartje Smit

VICE: Hi Maartje. Wo bist du jetzt?
Maartje Smit: Ich bin gerade in Israel. Ich komme bei einer Freundin unter, die ich in Honduras kennengelernt habe. Als ich meine Reise nach Israel geplant habe, hatte ich 32 israelische Facebook-Freunde. Ein Hostel suchen war also gar nicht nötig.

Du findest wohl ziemlich leicht Freunde: Als wir uns kennenlernten, sind wir direkt zusammen was trinken gegangen, obwohl du von einer langen Busreise müde warst.
Stimmt. Wenn du so lange reist, dann geht es dabei um Freundschaften, finde ich. Reisende mit weniger Zeit gehen oft von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Ich besuche auch Sachen, aber das ist für mich nicht das, worum es wirklich geht. Und mit Souvenirs habe ich schon vor Ewigkeiten aufgehört, das füllt nur den Koffer mit Krempel.

Ist eigentlich noch etwas in deinem Koffer, das vor drei Jahren auch schon drin war?
Ja, meine graue Weste. Halt, nein, die habe ich bei meinem ersten Zwischenstopp in den Niederlanden gekauft. Also doch nichts.

Was halten die Leute davon, dass du auf einer endlosen Spaßreise bist?
Manche Leute fragen sich, ob in den Niederlanden irgendetwas Schlimmes passiert ist, das mich davon abhält, zurück zu kommen. Aber ich hatte ein gutes Leben, habe als Projektmanagerin bei einer Softwarefirma gearbeitet. Menschen fragen sich auch, was ich eigentlich mit meinem Leben anfange und wie ich mir das leisten kann.

Wie kannst du es dir denn leisten?
Ich hatte viel gespart, ein paar Tausend Euro. Ich reise günstig und manchmal arbeite ich. Auf der honduranischen Insel Útila habe ich fünf Monate lang als Divemaster gearbeitet und später ein halbes Jahr lang als Tauchlehrerin. Auf den Galapagosinseln habe ich auf Honorarbasis für einen Tour-Veranstalter gearbeitet. Meist deckt diese Arbeit nur meine Kosten, aber manchmal kann ich etwas davon sparen. Und ich komme sehr oft bei Freunden unter.

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Das Hauptmotiv in deinen Facebook-Fotos ist „Strand und Cocktails". Wird das nicht irgendwann langweilig?
Das sind vor allem Bilder, in denen ich getaggt wurde. Ich führe kein oberflächliches Leben. Die Freundschaften, die ich schließe, sind echt; manchmal reise ich monatelang mit jemandem umher. Das bedeutet, man teilt Stunden im Bus, ein Zimmer und eigentlich das ganze Leben. Manchmal erzählt man Leuten, die man nur kurz sieht, mehr als den guten Freunden zu Hause. Das ist das Beichtphänomen; Taxifahrer kennen das.

Vermisst du nicht deine Familie und deine Freunde?
Ich liebe meine Familie, aber ich vermisse sie nicht, wenn sie nicht ständig in meinem Leben ist. Ich skype oft mit ihnen und meine Eltern haben die Einstellung „keine Neuigkeiten sind gute Neuigkeiten".

Bist du öfter krank geworden?
Eigentlich nicht. In drei Jahren habe ich zwei Mal eine schlimme Infektion gehabt. Das erste Mal, in Guatemala, hatte ich das Gefühl, ich würde aus den Latschen kippen. Ich ging ins Krankenhaus und bekam dort aus der Küche eine Tasse in die Hand gedrückt. Aufgrund der Sprachbarriere war ich nicht sicher, ob ich das richtig verstanden hatte, dass ich in die Tasse kacken sollte. Ich dachte mir: „Das mach ich nicht." Aber als sie mit einem Schlauch ankamen und ich mich auf die Seite legen sollte, habe ich doch lieber die Tasse benutzt. Nach einer starken Antibiotika-Kur war alles prima.

Und gefährliche Situationen?
Ich wurde zwar noch nie ausgeraubt, aber ich habe schon einige unbequeme Situationen erlebt. Zuletzt in Jordanien, als ich vom Bus mitten in der Wüste abgesetzt wurde und dort nur drei Autos und keine Taxis standen. Ich hatte keine Wahl, als in eins dieser Autos zu steigen, zu Männern, deren Sprache ich nicht verstand, um an die israelische Grenze zu gelangen. Das war keine angenehme Fahrt, vor allem, als ich dem Fahrer sagte, wir müssten abbiegen, und er in die andere Richtung fuhr. Aber am Ende ist es gut gegangen.

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Wie führt man überhaupt ein Liebesleben, wenn man durchgehend im Urlaub ist?
Bei der Liebe geht es weniger darum, wie zu Hause in eine Beziehung zu investieren, und mehr darum, eine gute Zeit zusammen zu haben. Man sagt zueinander: Wenn wir einander arg vermissen, dann treffen wir uns eben wieder. Aber dafür werfe ich meine Pläne nicht über den Haufen.

Und der Liebe deines Liebens bist du noch nicht begegnet?
Ich habe mal eine Zeit lang in Erwägung gezogen, mit einem Australier nach Australien zu gehen. Doch es passte einfach schlecht, ich hatte gerade meinen Tauchlehrerschein gemacht. Er hat mir ein paar Wochen lang sehr gefehlt, aber danach ging es wieder.

Wirst du jemals in die Niederlande zurückkehren?
Als ich vor drei Jahren eine einfache Reise buchte, hätte ich nie gedacht, dass ich so lang unterwegs sein würde. Aber jetzt ist das hier mein Leben. Wenn ich arbeiten will, dann kann ich das jederzeit machen, und ich sorge dafür, dass immer ein Mindestbetrag an Gespartem da ist. Ich denke nicht, dass es ein Problem wäre, mein Leben wieder aufzunehmen, wenn ich in die Niederlande zurückgehen würde. Ich kenne viele Leute und habe früher schon dadurch Arbeit gefunden, statt durch den offiziellen Bewerbungsprozess. Oder ich starte meine eigene kleine Firma.

Klingt eigentlich alles ganz einfach.
Ich frage mich, warum nicht mehr Menschen das hier machen. Vielleicht sind sie unsicher, was so praktische Aspekte wie Versicherungen und Pension angeht. Aber alle, die jetzt im Büro sitzen und meine Facebook-Alben durchsehen, könnten genau dasselbe Leben führen.