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Die Pornodarstellerin, die sich aus Protest gegen Zensur den Hintern versohlen lässt

Pandora Blake über dreckigen weiblichen Sex und warum männliche Ejakulationen anscheinend besser sind als weibliche.
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Pandora Blake

Du hast bestimmt von den neuen britischen Gesetzen zu Video-on-Demand-Pornos gehört—genau, die squirtende Vaginen verbieten wollen, aber gleichzeitig an ejakulierenden Schwänzen nichts auszusetzen haben. Vielleicht hast du auch was von der Facesitting-Protestaktion vor dem Westminster-Palast mitbekommen, bei der Menschen in Lederkluft—und umringt von fleischwütigen Journalisten—gegen die Gesetze ein Zeichen setzen wollten. Doch damit nicht genug: Jetzt lassen sich Pornostars aus Protest den Hintern versohlen.

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Pornoproduzentin und -darstellerin Pandora Blake und ihre Freundin und Kollegin Nimue Allen werden demnächst ihre Indiegogo-Kampagne beenden, bei der sie versprechen, dass sie für jede Spende in Höhe von 10 Pfund „einen HARTEN Schlag mit der Rute dankend entgegennehmen".

Blake wird ihren nackten Hintern zeigen, um damit gegen ein neues britisches Pornogesetz zu demonstrieren, unter dem ihr Lebensunterhalt—und der von vielen anderen selbstständigen Produzenten in Großbritannien—bedroht ist. Blake ist auf Spanking-Filme spezialisiert, und ihre Website, Dreams of Spanking (Wer hätte es gedacht: NSFW!), ist ein Paradies für all diejenigen, die Freunde körperlicher Züchtigung sind.

Durch die Aktion wurden bisher schon mehr als 2.000 Pfund zusammengetrommelt. Das Geld geht übrigens an Backlash UK—eine Organisation, die rechtlichen Beistand bietet, um das Recht auf freie sexuelle Entfaltung zu garantieren. Da sich die Damen nicht mehr als 50 Hiebe auf den Hintern geben lassen wollen, müssen noch weitere Ärsche her, darunter auch die Hinterteile von Rosie Bottomley und Ariel Anderssen.

Rein technisch gesehen, werden diese Frauen gegen das Gesetz verstoßen. Denn das verbietet mittlerweile eine willkürlich zusammengewürfelte Liste an Sexualpraktiken, darunter eben auch Spanking (aber nur in solchen Fällen, bei denen die Schläge zu länger anhaltenden Hautspuren und blauen Flecken führen würden). Ebenfalls verboten sind Aufnahmen von Facesitting (wenn das Hauptziel Atemkontrolle ist), die meisten Formen weiblicher Ejakulation und Bondage (bei denen nicht mindestens ein Körperglied—oder der Mund—frei bleibt).

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Bei ihrem Spenden-Spanking, verspricht sie, werde man definitiv keine falsch Scheu vor blauen Flecken zeigen. Ich habe mich mit Blake getroffen, um mehr über Spanking und das betreffende Gesetz zu erfahren. Außerdem wollte ich von ihr wissen, warum sie glaubt, dass sie einer gesellschaftlich relevanten Arbeit nachgeht.

VICE: Was ärgert dich am meisten an dem Gesetz?
Pandora Blake: Einerseits drängt es eh schon marginalisierte Formen der Sexualität noch mehr an den Rand der Gesellschaft. Außerdem ist es sexistisch. Denn dadurch, dass bestimmte weibliche Orgasmusformen und Dominanz-Rollenspiele verboten werden, während typisch männliche Pornopraktiken—wie Deepthroat und die für Zuschauer sichtbare Ejakulation des Mannes—erlaubt bleiben, wird ein ungutes Signal ausgesendet: dass nämlich der sexuelle Genuss von Frauen „unnatürlicher" und „ekliger" ist als der von Männern.

Dein Geschäft läuft ziemlich gut, weil Briten—mehr als jede andere Nation—eine Schwäche für Spanking haben. Woran liegt das wohl?
Ich glaube, dass eine Vorliebe für BDSM—samt Demütigung, Schmerzen, Rollenspiele—ein weit verbreitetes Phänomen ist. Es gibt in jeder Gesellschaft Menschen, die Angst, Erniedrigung, Schmerz, Dominanz und Unterwerfung mit Erotik verbinden. Was du im Bett als sexy empfindest, hängt aber sehr von deinem kulturellen Background und deinen persönlichen Erlebnissen im frühen Erwachsenenalter ab.

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Spanking ist ein Teil unseres jüngeren Kulturerbes. Ich bin mit Büchern von Enid Blyton, Roald Dahl und Dickens aufgewachsen, und in denen wimmelt es von Anspielungen an harte Abreibungen mit einem Gürtel. Ich war echt fasziniert davon.

Wann wurde es zu einer sexuellen Fantasie?
Das kann ich nicht genau sagen. Es hat mich eigentlich schon immer angemacht. Natürlich wurde ich mit sechs Jahren noch nicht feucht, weil mein Körper noch nicht im richtigen Entwicklungsstadium dafür war. Es war vielmehr ein geheimes, heißes Gefühl, bei dem mir die Knie schwach wurden, ich mich aber gleichzeitig irgendwie auch schuldig fühlte. Ich wusste nur, dass ich keinem davon erzählen konnte, weil ich dachte, ich sei der einzige Mensch auf der Welt mit dieser Vorliebe.

Dass die Frau vom Mann sexuell unterworfen wird, ist ein gängiges Bild. Sollte man daran etwas ändern?
Genaue Daten dazu liegen nicht wirklich vor. Aber ein Blick auf die Sexindustrie reicht eigentlich schon aus: Dort gibt es viel mehr professionelle Dominas als Subs. Das Gleiche gilt auch für Pornos. Femdom ist eine riesige Industrie.

Da wir jedoch in einem Patriarchat leben, werden Bilder von weiblicher Unterwerfung in der Gesellschaft eher akzeptiert. Wenn man sich mal die Mainstream-Darstellung von gewissen Fetischen ansieht—ein Beispiel hierfür wäre Shades of Grey—dann nimmt der Mann die dominante und die Frau die unterwürfige Rolle ein. Eine Vertauschung der Rollen kommt viel seltener vor, außer damit soll ein lustiger Effekt erzeugt werden.

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Mit 20 hätte ich mich schon als unterwürfig bezeichnet. Damals wurde in den Fetisch-Bildern die unterwürfige Rolle der Frau verherrlicht. Falls die Frau doch einmal den dominanten Part übernahm, dann wirkte sie wie eine Göttin in High-Heels und einem Korsett, also richtig unbequeme Klamotten. Sie macht einen eiskalten Eindruck und ihr männliches „Spielzeug" wird als unattraktiv und erbärmlich dargestellt.

Mit zunehmendem Alter wurde mir jedoch klar, dass die medialen Darstellungen nur eine Verbildlichung unserer patriarchischen Gesellschaft sind. Als Frau kann man auch im Schlafanzug dominant sein und dabei aufblühen, leidenschaftlich sein, Spaß haben und Blödsinn machen. Man muss nicht diesen befremdlichen Charakter spielen. Und auch unterwürfige Männer können schön sein!

Darum gibt es bei meinen Pornos keine festgelegten Geschlechterrollen. Ich will zeigen, dass maskuline Unterwerfung für das weibliche Auge stärkend und sexy wirken kann. Außerdem will ich ein Gegenbild zu der medialen Darstellung liefern, die uns vorgeben will, welche Art von Fetisch jetzt sexy ist und welche nicht.

Hier versohlt Pandora David Weston den Hintern.

Laut dir ist es naiv zu denken, dass es „nur persönlicher Geschmack" ist, wenn man nicht mit Leuten schlafen will, die zum Beispiel dick, transsexuell oder genderqueer sind. Allerdings behaupten das die Leute ständig.
Deshalb finde ich es so wichtig, dass im Porno-Genre so viele unterschiedliche Sachen repräsentiert werden. Man muss den Horizont der Leute für Dinge eröffnen, die sie noch nie vorher gesehen haben, und ihnen mehrere Optionen von Sachen anbieten, die sexy sind.

Was macht dich an BDSM so an?
Die unfassbare Intimität, die dadurch entsteht, dass du dich vor einer anderen Person so verwundbar machst. Zusammen erlebt ihr ein geheimes Abenteuer—fast so, als würdet ihr mitten in der Nacht wegrennen und niemandem sagen, wohin eure Reise geht. Gemeinsam bringt ihr euch in Schwierigkeiten, klettert über Zäune und könntet dabei erwischt werden. Und genau das ist so aufregend. Oder anders ausgedrückt: Eine Person hält ein Seil fest, während die andere einen Turm hochklettert. Die Person, die sich um das Seil kümmert, ist für die Sicherheit des Kletternden verantwortlich. Die beiden haben also unterschiedliche Rollen, sind aber gleichzeitig Teil desselben Abenteuers.

Das neue Gesetz unterstellt, dass BDSM-Pornos nicht ihre Hausaufgaben gemacht haben, was den Aspekt der Zustimmung betrifft. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall. Was denkst du im Allgemeinen über Zustimmung?
Zustimmung ist nicht nur für BDSM wichtig, sondern allgemein für Sex—und sogar für jede andere Form der körperlichen Interaktion. Sei es nun, dass dein Vater dich mit neun Jahren noch kitzelt, obwohl dir das eigentlich unangenehm ist, oder dass dich deine männlichen Freunde im Pool auch noch dann mit Wasser bespritzen, wenn du sie eigentlich schon darum gebeten hast aufzuhören.

Wir müssen also einen allgemein gültigen Weg finden, um die persönlichen Grenzen anderer Personen nicht zu überschreiten. Und wir müssen sicherstellen, dass wir unsere Grenzen auch beschützen können. Das gilt nicht nur für Sex, sondern für alle Formen der Interaktion. Leider ist das ein Thema, bei dem wir auf ganzer Linie versagen. Und die Tatsache, dass wir es nicht schaffen, offen und ehrlich über das zu sprechen, was im Bett für uns „gehen würde", ist nur ein Symptom dafür.

Hier kannst du Pandora unterstützen (außerdem winken eine Gratis-Mitgliedschaft, personalisierte Spanking-Fiction sowie eine Kopie von Blakes aktuellem Film).