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Sex

Dieser Chatbot simuliert sexistische Arschlöcher

d.bot soll Männern dabei helfen, sich in belästigte Frauen hineinzuversetzen. Das Ergebnis ist erschreckend realistisch.

Alle Screenshots von der Autorin | dbot.us

Wahrscheinlich muss man wirklich eine Frau sein, um zu verstehen, was es bedeuten kann, eine Frau zu sein. Der ganz alltägliche Sexismus (mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Mal absichtlich, mal anerzogen), die Angst davor, alleine im Dunklen nach Hause laufen zu müssen, die Gewissheit, dass manche Leute auch die deutlichste Abfuhr nicht als „Nein" erkennen—es gibt viele Dinge, mit denen sich Männer in aller Regel nicht auseinandersetzen müssen. Deswegen kann man es ihnen vielleicht nicht übel nehmen, dass sie die Wichtigkeit von Initiativen wie #aufschrei oder „No means No" nicht direkt verstehen. Umso wichtiger ist es dann aber, dass man ein Bewusstsein für genau diese Dinge schafft—auch und vor allem bei Männern.

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Ein Chatbot, der genau die Art von unangenehm aufdringlichem Gespräch simuliert, die wahrscheinlich jede Frau schon mal an einer Bar/bei einer Veranstaltung/auf offener Straße über sich ergehen lassen musste, könnte genau dabei helfen. Entwickelt wurde d.bot von Joanna Chinn und Bryan Collinsworth, zwei Studenten aus New York. „Der Bot speist sich aus einer Datenbank von Aussagen, mit denen Frauen in ihren Online- und realen Dating-Leben konfrontiert waren", heißt es auf Chinns Website über das Projekt. Auf nicht ganz so ernste Weise soll so gezeigt werden, wie sich Geschlechterstereotype und respektlose und sexistische Kommentare selbst in alltägliche Situationen einschleichen. Jeder, der die Website von d.bot aufruft, kann die Datenbank um Gesprächsversatzstücke und Phrasen aus der eigenen Erfahrung ergänzen.

Im Selbstversuch wirkt der sexistische Chatbot erst einmal recht zahm. Ob wir nicht hallo sagen wollen, fragt er und schiebt direkt die typische Dating-Plattform-Frage nach unserer Herkunft nach. Stellt man allerdings eine Gegenfrage, ohne ihm zuerst zu antworten, wird er ziemlich dominant. „Ich stelle die Fragen hier" ploppt im Chatfenster auf, gefolgt von der Information, dass er gerade auch mit jedem anderen Mädchen sprechen könnte. Das wirkt, in dieser Intensität und Schlagfolge, vielleicht etwas überzogen.

Tatsächlich erinnert diese Art des Dialogs aber an exakt das, was fehlgeleiteten, einsamen Männern da draußen von fragwürdigen Dating-Coaches eingetrichtert wird. Mach ein Kompliment, in dem du die Frau gleichzeitig beleidigst, lenke die Unterhaltung, behalte die Oberhand. Das realistischste am d.bot bleibt allerdings seine Unfähigkeit, das Ende eines Gesprächs zu akzeptieren. „Warum gibst du mir keine Chance?", bettelt er, wenn man ins Feld tippt, dass die Konversation nun beendet ist. Antwortet man nicht mehr, schiebt er noch ein „Ich dachte, du magst die Aufmerksamkeit!" nach.

Der Online-Dating-Guide für Männer von Frauen.

Das Programm mag noch nicht vollends ausgereift sein, ist stellenweise allerdings erschreckend on-point—und könnte damit tatsächlich eine wichtige Ergänzung zur Diskussion um Alltagssexismus und Genderstereotype sein. Ein anderer Positivaspekt des d.bot: Schließt man das Browser-Fenster, gibt er Ruhe. In der Realität hat man diese Option nicht.

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