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Sport

Ein Typ surft in der Ostsee auf der "schwierigsten Welle der Welt"

"Von Januar bis April habe ich 136 Mal versucht, die Welle zu reiten. Die Welle war alles, woran ich denken konnte. Das hat mich beinahe meine Freundin gekostet."
Surfer Ira Mowen lauert auf die Welle | Alle Fotos: Ira Mowen

Es braucht 152 Meter Stahl, um die Ostsee in Kalifornien zu verwandeln—zumindest für einen Augenblick. Eigentlich ist eher schwierig, in Deutschland zu surfen, weil die Wellen meist nicht groß genug sind oder vom Wind zerhackt werden. Das dachte auch der in Berlin lebende Kalifornier Ira Mowen (ein früherer VICE-Mitarbeiter). Bis er vor fünf Jahren die seiner Meinung nach beste Welle Deutschlands fand. Eine Welle, die von Fähren auf dem Weg in den Rostocker Hafen verursacht werden.

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Im Interview erzählt der 34-Jährige, warum er monatelang für diese Welle an die Ostsee gezogen ist und warum es für Surfer die wohl schwierigste der Welt ist.

VICE: Wie hast du diese Welle entdeckt?

Ira Mowen: Das war vor fast fünf Jahren. Ich habe in Berlin häufig in einem Surfshop abgehangen und bin zusammen mit den Leuten aus dem Shop zum Surfen an die Ostsee gefahren. Dann ist mir eine Fähre aufgefallen, die etwas weiter entfernt in den Rostocker Hafen fuhr. Die hat eine Welle verursacht, die viel größer war als die, auf denen wir gesurft sind.

Und dann?
Im nächsten Jahr bin ich deshalb von Januar bis April an die Ostsee gezogen, in ein kleines Zimmer, das furchtbar gestunken hat, wegen meiner nassen Surfausrüstung. Ich habe penibel Buch geführt über meine Versuche, die Welle zu bekommen und auf dem Surfbrett zu stehen. Und ich habe auch alles gefilmt und mache daraus gerade einen Dokumentarfilm.

Du warst besessen.
Die Welle war alles, woran ich denken konnte. Das hat mich beinahe meine Freundin gekostet. Ich habe sie neulich mal gefragt warum. "Dir zu helfen, war eine Folter", hat sie gesagt. Sie meinte, alle zwei Stunden musste sie mit meiner schlechten Laune klarkommen, weil ich die Welle schon wieder nicht bekommen hatte. Das ging so den ganzen Tag von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Den Gang zum Strand nannte sie den "Weg der Verdammnis", weil fast jeder Versuch schiefging.

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Wie sah deine Statistik am Ende aus?
Von Januar bis April habe ich 136 Mal versucht, die Welle zu reiten. Ich habe zehn kleinere Wellen gestanden, eine mittlere und eine große Drei-Meter-Welle. Ich glaube, das ist die schwierigste Welle der Welt.

Warum?
Sie kommt nur alle zwei Stunden, wenn die Fähre vorbeifährt. Dann hast du genau einen Versuch. Aber meistens bremst das Boot vor der Hafeneinfahrt ab und es gibt keine Welle. Oft macht einem der starke Wind auch einen Strich durch die Rechnung. Ich war dort immer allein und habe nie einen anderen Surfer gesehen oder von einem gehört, der die Welle gesurft ist.

Ira Mowen im Winter 2012 an der Ostsee

Die Fährgesellschaft hat eines der beiden alten Schiffe gegen ein neues getauscht. Was hat sich dadurch verändert?
Ich dachte, wenn die alten Schiffe ausgetauscht werden, wird es die Welle wegen der moderneren Bauweise nicht mehr geben. Das stimmt aber nicht, das neue Schiff macht noch viel bessere Wellen.

Die Welle scheint dich immer noch sehr zu beschäftigen.
Ja, aber ich habe nicht mehr die Zeit oder Geduld, weiterhin zu versuchen, sie zu surfen.

Mehr zu dem Film Surf Berlin von Ira Mowen, für den er noch finanzielle Unterstützer sucht, findet ihr hier.