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So hilflos reagiert die Polizei Sachsen auf den Pegida-Mob

In Sachsen gehört "Fotze" offenbar zum politischen Diskurs.

Foto: imago | ZUMA Press

Die Einheitsfeier in Dresden hat dem politischen Diskurs in Deutschland eine neue Krone aufgesetzt. Eine Krone, die vorher ein paarmal in einen trübbraunen Tümpel gefallen ist und deswegen leicht vergammelt riecht. Aber trotzdem eine Krone.

Pegida- und AfD-Demonstranten beschimpften Politikern wüst, als diese zur der Feier in der Dresdner Frauenkirche gingen. Vor einer Woche hatte Pegida-Gründer Lutz Bachmann 2.500 Trillerpfeifen an seine Jünger verteilt und dazu aufgerufen, sich damit bei Angela Merkel und Joachim Gauck persönlich zu "bedanken". Zusätzlich dazu konnte ganz Deutschland aber auch den verbalen Ergüssen der Pegida-Gemeinde lauschen, die sich eingefunden hatte, um den angereisten Politikern das, was sie als "Meinung" versteht, um die Ohren zu hauen.

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'Mitte', nicht 'rechts' - was die Störer aus DD noch sagen wollten + mehr Szenen der Hasstiraden am Einheitstag. — Martin Heller (@Ma_Heller)October 4, 2016

Wir wissen schon länger, dass Fremdenfeinde und "Asylgegner" nicht die eloquentesten Zeitgenossen sind, was der 3. Oktober in Dresden uns allerdings gelehrt hat, ist, dass die Behörden in Sachsen offenbar auch nicht anderes erwarten.

Am Dienstag beantwortete die Polizei Sachsen auf ihrer Website "Drei Fragen" (es sind eigentlich vier, aber in Dresden nimmt man es eben nicht so genau) zu ihrem Einsatz am 3. Oktober.

Die Frage, warum die Störaktionen vor der Frauenkirche nicht unterbunden wurden, beantwortet die Polizei Sachsen unter anderem so: "Die verbalen Äußerungen bzw. die Trillerpfeifen werten wir als Form der Meinungsäußerung."

"Fotze" wie im Video oben bei 1:43 zu hören, gehört in Sachsen offensichtlich einfach zur ganz normalen Meinungsäußerung gegenüber einer Kanzlerin oder anderen Spitzenpolitikern. Möglicherweise ist das ein Teil der sächsischen Kultur, der noch nicht in Restdeutschland angekommen ist. In Dresden ist es in manchen Vierteln vielleicht üblich, die Bäckereifachverkäuferin beim morgendlichen Brötchenkauf mit einem herzlichen "Guten Morgen, Sie Fotze" zu begrüßen. Wir wissen es nicht.

Goebbels-Zitat auf Schild bei der gestrigen Pegida. — Sven Hell (@SvenMFGN)August 23, 2016

Bei einem Schild mit einem Goebbels-Zitat, das offen getragen wurde, sieht die sächsische Polizei "keine strafrechtliche Relevanz". Und auch die Bachmann-Trillerpfeifen sind überhaupt kein Problem, weil man die Besucher im Vorfeld lediglich darum gebeten hatte, keine Trillerpfeifen zu benutzen.

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Und dann war da noch der Polizist, der die Versammlungsauflagen für Pegida aus einem Dienstfahrzeug verlas und den Islamfeinden danach "einen erfolgreichen Tag" wünschte. Dazu sagt die Polizei Sachsen: "Die Äußerung am Ende entspricht nicht unserer Philosophie und wird einer Überprüfung unterzogen."

Der Beamte sei nicht aus Sachsen und sei inzwischen zu einem Gespräch einbestellt worden, teilte zwischenzeitlich ein Polizeisprecher mit. In dem Gespräch solle deutlich gemacht werden, "wo der Fehler lag".

Selbst wenn man an das Gute im Menschen glaubt und die Polizei in Schutz nehmen möchte, sind diese Antworten und die Reaktion auf den verbeamteten Pegida-Sympathisanten in ihrer Hilflosigkeit und Naivität kaum zu überbieten. Nachdem Pegida mittlerweile seit zwei Jahren wöchentlich durch die Innenstadt marschiert und die Zahl rechter Straftaten in Sachsen (und im Rest der Republik) ebenfalls schon seit Jahren zunehmen, scheint man sich bei der Polizei immer noch ratlos am Kopf zu kratzen.

Gleichzeitig stärkt die "Aber wir haben doch alles richtig gemacht"-Haltung die dumpfen Ressentiments der Stänkerer, die sich durch solche Statements in ihrem Vorgehen bestätigt fühlen. Wenn selbst der Staat übelste Beschimpfungen als freie Meinungsäußerung adelt, fühlen sich die "Fotze"-Schreier im Recht und werden vermutlich so schnell nicht wieder damit aufhören.

Stefan ist auf Twitter