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Musik

Else Admire der King of Trash

Der King of Rock'n'Roll ist schon seit über 30 Jahren tot, der King of Pop mittlerweile auch, aber – und das ist vielleicht für den einen oder anderen tröstlich – der King Of Trash lebt. Und zwar der einzig wahre und echte King of Trash: Else Admire.

Der King of Rock'n'Roll ist schon seit über 30 Jahren tot, der King of Pop mittlerweile auch, aber – und das ist vielleicht für den einen oder anderen tröstlich – der King Of Trash lebt. Und zwar der einzig wahre und echte King of Trash: Else Admire. Kennt ihr nicht? Dann wird’s Zeit.

Wir haben mit dem Bamberger, der eigentlich mal Metzger werden wollte und sich stattdessen der Kunst zugewandt hat geredet: Über sich, seine nervenkostümzerfetzende Trash-Mucke, die Konzerte mit seinen Breitengüssbach Dolls - die übrigens wahre Orgien des guten alten schlechten Geschmacks sind – und über seine „außermusikalische“ Aktivität als Filmemacher und Autor.

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VICE: Du wurdest ja schon als vieles beschrieben: Eine Mischung aus Johnny Thunders und Chris Roberts, Guildo Horn auf nem Schrammel-Schweine Punktrip, der Helge Schneider des Punk Rock – findest du irgendetwas davon zutreffend?

Else Admire: Naja, der Vergleich mit Johnny Thunders ist sicher schmeichelhaft, aber egal. Letztlich sind solche Vergleiche doch immer unpräzise - I`m fucking Else Admire, no one else. Alles andere ist nur Kopie.

Gesundes Selbstbewusstsein. Tatsächlich hast du in der Underground-Szene ja auch schon seit Ende der 80er Kultstatus.

Sehr richtig, aber nicht nur in der Undergroundszene. Ich habe viele Fans und das weltweit. Manche meiner Platten sind lange schon gesuchte Sammlerstücke. Nimm zum Beispiel die Singleauskopplung des legendären Klassikers „Metzgereiverkäuferin“: von der hatten wir damals 1600 gepresst, was sich als viel zu wenig erwiesen hat. Die Nachfrage ist auch heute - fast 20 Jahre später - noch sehr groß.

Stimmt es, dass du die Single an Bill Clinton geschickt und gefragt hast, ob er nach Ende seiner Amtszeit als Saxophonist bei den Dolls einsteigen will?

Ja und es war erstaunlich. Etliche der Magazine, Veranstalter und Plattenlabels, an die ich Promomaterial geschickt hatte, reagierten gar nicht. Vom weißen Haus dagegen kam nach 4 Wochen tatsächlich eine Antwort. Zwar war es eine Absage, aber Clinton bedankte sich für die Platte und das freundliche Angebot und wünschte mir alles Gute.

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Und deine Musik? Man liest was von Punkrock mit rosafarbenem Schlagertouch, Punk`n Roll à la Goldene Zitronen und Trash as Trash can. Wie ist dass denn mit der Genrezuordnung?

It`s punk for the punkrock-girls, it`s emo for the emo girls, it`s stoner rock for the desert girls, it`s whatever music the girls want, it`s stories about love, sex and ecstasy. Songs voller Liebe, Leidenschaft und Emotionalität, played from the bottom of my heart. Also Musik, die man in jede Schublade stecken kann.

Ok…stilistisch unvergleichlich und allumfassend quasi. Und da ist ja auch noch weit mehr als deine musikalische Liaison mit den Breitengüssbach Dolls…

Und zwar so einiges. Mit den Dolls spiele ich ja wie gesagt überwiegend Rock im Großbegriff. Daneben mache ich aber auch seit sieben Jahren afrikanische Folklore mit der Ngang Band und habe hin und wieder Klavierauftritte, bei denen ich Eigenkompositionen spiele und Songs von Rockgrößen wie den Dictators oder Peter Alexander interpretiere.

Wenn ich mich recht erinnere, gabs doch auch irgendwann eine Else Admire Discoplatte.

Ja - die „Disco Solution“, eine kommerzielle Scheibe, durch die wir das eher öde Genre der Diskomusik mit Hits wie „Banana Milkshake“ und „Dancing in a disco“ aufmischten. Belanglose Texte und stumpfer Sound – ich verbrachte mit dem Producer DJ Scratch Dee über 2 Monate im Studio um die Mixe zu perfektionieren, wir waren uns sicher, unglaublich schlechte Kritiken zu bekommen und wollten das auch so. Unser Plan ging aber nicht auf – seltsamer Weise gab es gerade auch von den so-called Punkzines nur Lob.

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Bei deinen Punkalben gabs ja teils üble Verrisse: Du wurdest als Fels im Meer der Mittelmäßigkeit bezeichnet, deine Musik als „ich-kann- nix-und-machs-trotzdem-Punk“ und es gab Bedauern darüber, dass du das Bolzenschussgerät in deiner Metzger-Ausbildung nur für die Schweine benutzt hast. Tut das nicht weh?

Nein. I don`t fucking care. Ich finde solche Verrisse sogar extrem unterhaltsam. Mit am schönsten fand ich, als ein Redakteur unseren Sound mit dem Geräusch explodierender Mähdrescher verglich, oder als es hieß, unsere Musik wäre Staubsaugerpunk, gesungen von Pennern, die sich in Bierpfützen winden. Damit kann man sich überall bewerben.

Kannst du was zu deiner aktuellen Platte mit den Breitengüssbach Dolls sagen?

Nach der Diskoplatte gibt’s jetzt wieder ne Punkscheibe.Wie gewohnt rau produziert und überwiegend mit deutschen Songs aus unserem neuen Programm, wie „Schmeiß den Pulli in den Gulli“ oder „Borderline Baby“ - nur killer, no filler. Der Arbeitstitel der Platte ist „Rock`n Roll Reform“ und der ist auch Programm: Es geht mir darum den Rock`n Roll zu reformieren, ihm meinen speziellen Sound und damit ganz neue Gesichtszüge zu verleihen. Das gesamte Aufnahmeequipment stammt noch aus dem letzten Jahrtausend und das ist nicht zu überhören.

Gibt es denn begleitend zur Platte auch eine Tour?

Ja, sicherlich.

Es sind ja nicht alle wie ich schon in den Genuss einer Else-Show gekommen. Was erwartet das Publikum?

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Unsere Shows sind für gewöhnlich sehr laut und der Gitarrensound ist sehr speziell, da ich auf einer Gitarre spiele, die es sonst eigentlich nur im Museum zu begutachten gibt, eine 12-saitige Framus Stratocaster Deluxe, Baujahr 64. Dann haben wir natürlich immer irgendwelche kleinen Gags dabei.

Wie zum Beispiel?

Pyroshows, Explosionen, eine Bühnendeko aus Kindersärgen, eine Seifenblasenmaschine, Monster und ähnlicher Rockkrempel. In den 90ern haben wir oft massenweise Schweineohren und Hirn ins Publikum geschleudert, das machen wir heutzutage eher seltener.

Was war dein denkwürdigster Auftritt?

Es ist schwer zu sagen welcher Gig der denkwürdigste war. Die meisten Ausschreitungen hat`s 1998 gegeben, als ich mit nem Bart auf die Bühne gegangen bin. Das war während einer Tour, bei der wir in alternativen Jugendzentren, besetzten Häuser und auf etlichen Festivals gespielt haben – ich war kaum auf der Bühne da sind die Fans schon ausgeflippt.

Was war das denn für ein Bart?

Naja so im Charlie Chaplin Style….

Ah ok verstehe, ein Hitler-Gedächtnis-Bart, das hast du schön umschrieben…In Berlin knallts bei sowas sicher auch mal, aber die Leute sind einiges gewohnt. Im beschaulichen Bamberg müssen solche Nummern doch aber echt für Aufruhr sorgen – was halten die Leute da eigentlich so von dir?

Da gibt es mit Sicherheit sehr viele unterschiedliche Meinungen, die so vielseitig sind, das ich sie nicht pauschal bewerten kann.

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Du wurdest ja mal des Grabraubes verdächtigt, was war da los?

Das war vor gut zehn Jahren, als wir gerade dabei waren, meinen Film „Grabräuber aus dem Weltall“ zu drehen. Irgendwie stand die Polizei damals ständig wegen irgendwas auf der Matte. Die dachten an Mafiagräber und satanische Riten, als wir für eine Szene Gräber aushoben und als ein Zombie eine Frau durch Bamberg jagte, befürchteten sie eine Vergewaltigung.

Und dann?

Wir konnten dass alles immer recht schnell aufklären, außer als plötzlich tatsächlich ein echtes, nahezu unglaubliches Verbrechen passiert war: In der Nähe meines Wohnortes war ein 14-jähriges Mädchen vom Zug erfasst und anschließend der Leichnam geklaut worden. Dass ich gerade einen Film über Grabräuber drehte, machte mich natürlich verdächtig. Die Kripo tauchte auf, stellte eine Unmenge Fragen und durchsuchte mein Büro nach der Leiche. Natürlich haben sie nichts gefunden und ich hatte ein stichfestes Alibi, also gingen die Ermittlungen wieder in eine andere Richtung. Irgendwann kam die Polizei dann zufällig dem wahren Täter auf die Spur.

„Grabräuber aus dem Weltall“ - wollte Ed Wood so nicht ursprünglich seinen „Plan 9 from outer Space“ nennen?

Das ist richtig. Grundidee war es ursprünglich, eine deutsche Version des Streifen zu drehen, quasi in Ehrerbietung an Ed Wood und seinen schlechtesten Film aller Zeiten - wobei es wirklich jede Menge wesentlich schlechtere Filme gibt. In der Storyline gibt es dementsprechend einige Parallelen: Es geht um Außerirdische, Vampire und Zombies und um Ufos, deren Landung auf der Erde ebenso geheimnisvolle, wie schreckliche Begebenheiten nach sich zieht. Alles in allem hat sich das Ganze aber doch zu einem recht eigenständigen experimentellen Film entwickelt - sehr subversiv und voll von drückenden Angszuständen und wahren Horrorszenen.

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Da kann man ja gespannt sein – wann kriegen wir den Streifen denn zu sehen?

Mit dem Drehen angefangen haben wir 1999, aber dann gab es immer wieder Verzögerungen. Hauptgrund war, dass etliche Mitglieder der Filmcrew gestorben sind: und zwar nicht nur ein paar der Schauspieler, wie Zimbl von den Bates, oder Dee Dee Ramone sondern auch der Produzent Paul-Heinz Knipp. Das hat schon mal alles unheimlich erschwert und dann ging mir klassischerweise auch noch das Geld aus, was dramatische Folgen hatte und eine Fortsetzung der Arbeiten unmöglich machte. Jetzt werde ich aber bei Gelegenheit mit dem Schneiden weitermachen und wenn nicht all zu viele Szenen nachgedreht werden müssen, dürfte der Film im November 2013 fertig sein.

Zimbl und Dee Dee Ramone? Wie hast du`s denn geschafft, dass die mitspielen?

Naja, man hat sich halt irgendwo getroffen und ich hab ihnen von dem Film erzählt und gefragt ob sie mitspielen wollen. Neben ihnen konnte ich noch etliche weitere Promis für kleine Gastauftritte gewinnen - wobei die meisten von ihnen Leichen spielen - unter anderem Tocotronic, die Ärzte und Smudo. Eine der tragenden Rollen spielt mein alter Freund Sonny Vincent..

Waren die Grabräuber eigentlich deine erste Produktion?

Nein es gab vorher schon eine ganze Reihe von selbstproduzierten Musikvideos und Kurzfilmen mit klingenden Namen wie „Todesknochen schwimmen im Blut“ oder „Sado Maso“ . Außerdem hab ich schon selbst in ein paar Streifen mitgespielt. Unter anderem in Michael Regenfuss prämierten Kunstfilm „Ochsenaugen schauen nicht“, in dem es um Augen, Beobachtung und althergebrachte Bräuche wie den Verzehr von Ochsenaugen geht. Zuletzt war ich 2008 bei „Kripo live“ zu sehen, sowas wie einer DDR-Ausgabe von „Aktenzeichen XY ungelöst“. Meine Rolle war die eines brutalen Prostituiertenmörders, der sein Opfer ersticht. Da in keiner der Szenen mein Gesicht zu sehen war, dürften mich aber nur Freunde und eingefleischte Fans erkannt haben, an meinem Gang und meiner Tigergürtelschnalle. In der Kinderserie „Endlich Samstag“ bin ich auch öfter zu sehen.

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Mensch das hat ja was von Omnipotenz: Musiker, Filmemacher, Schauspieler…

….und nicht zu vergessen Autor. Ich hab früher verschiedene Fanzines rausgegeben und für Szenemagazine geschrieben, dann sind da natürlich die Drehbücher und außerdem gibt es etliche Else Admire Kurzgeschichten und Novellen. Mein jüngstes Werk ist „Eisenflechterblues“ - eine semi-autobiographische Kurznovelle über einen Kerl, der in Österreich auf Montage ist und jeden Tag tonnenweise Stahl durch die Gegend trägt und verflicht. Die Story erzählt, wie er knallhart um seinen Lohn betrogen wird, dokumentiert die Aussichtslosigkeit seines Aufbäumens gegen diese Ungerechtigkeit und – wie der Name schon sagt – seinen Sturz in tiefe Frustration.

Das hört sich ja richtig poetisch an. Du hast auch mal gesagt jedes deiner Konzerte wäre ein Strauß voll Blumen, die so schillernd vielseitig sind, das man nicht weiß, welche die Schönste ist. Bist du am Ende auch noch Romantiker?

Ja absolut – wie man an Texten wie dem von „Borderline Baby“ in seiner ganzen Poesie auf sich einwirken lassen kann.

Da geht es um ein Mädchen dass sich aufs übelste die Arme aufritzt. Wo ist da die Romantik?

Naja, das Thema ist sicher etwas abstrus, aber trotzdem voller Poesie: Du hast dieses zarte, verletzliche Wesen, dass an der Welt zerbricht und seinem Seelenschmerz nur Herr wird, indem es sich Schmerz zufügt, wobei das beruhigende Rot des Blutes auch eine große Rolle spielt. Und ich drücke unmissverständlich mein Mitgefühl aus - zugegebenermaßen auf etwas unorthodoxe Weise.

Es geht ja in den meisten deiner Texte um Frauen und Liebe. Wie kommts?

Was soll ich sagen? I love the girls and the girls love me.

Fotos: Manfred Knorr