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Erst wenn Bier und Klopapier alle sind, wird dir klar, dass es nichts Besseres gibt als einen Späti am Sonntag

Eine Neuköllnerin hat eine Petition gestartet, um Berliner Spätis vor dem Ordnungsamt zu retten.
Foto: Flickr | sfreimark | CC BY-SA 2.0

Der Berliner gilt im Allgemeinen nicht als freundlichster aller Zeitgenossen, doch wenn etwas sein Herz erweichen kann, dann ist es die Liebe zu seinem Kiez. Den paar Straßen rund um sein Haus herum, seiner angestammten Nachbarschaft, zu der auch immer ein Kiosk gehört, den er liebevoll Späti nennt, weil er dort auch zu später Stunde immer noch schöne Dinge wie Rätselhefte, Zigaretten und Bier kaufen kann. Mehr als 1000 Spätkauf-Kioske gibt es in der gesamten Stadt.

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VIDEO: Wenn Späti-Bier nicht mehr reicht

Auch für Zugezogene ist der Späti von enormer Wichtigkeit. Wenn man aus der Fremde in die Hauptstadt zieht, hat man in „seinem persönlichen Späti-Verkäufer" meist schon den ersten Menschen gefunden, den man auf der Straße grüßen kann, und der einem fern von der alten Heimat ein Gefühl von Zuhause vermittelt. Dein persönlicher Späti-Verkäufer ist der vertraute Fels in der anonymen Brandung der Großstadt. Und es tut gut, jemanden zu haben, der spätestens nach ein paar Wochen treuer Kundschaft genau weiß, welche Zigaretten du rauchst, und der extra für dich im Lager nachschaut, ob noch welche von diesen steinharten gelben Schaumbananen rumliegen, die du so gerne magst.

Spätestens am Sonntagabend verwandelt sich der Späti in eine lebensrettende Noteinrichtung. Zumindest für all diejenigen, die erst in der Dämmerung wieder zu sich kommen und es wegen Dauerfeierns nicht geschafft haben, vorsorglich fürs Wochenende einzukaufen. Wenn du feststellst, dass dir das Klopapier ausgegangen ist, oder du noch Besuch erwartest, den du mit einem selbst gezauberten Cocktail überraschen möchtest, findest du im Späti dazu alle Zutaten, die du brauchst.

Was viele dabei nicht wissen: Der Verkauf von Alkohol am Sonntag ist außer in gastronomischen Betrieben, Bahnhofsläden und Tankstellen (gerade Autofahrern sollte der Alkoholgenuss natürlich nicht unnötig erschwert werden) verboten. So will es das Berliner Ladenöffnungsgesetz. An Sonntagen dürfen demnach nur Läden öffnen, die ausschließlich Backwaren, Milchprodukte, Zeitungen, Zeitschriften und Zigaretten verkaufen. Und auch das nur bis 20 Uhr. Das Gesetz existiert eigentlich schon seit 2012, nur hält sich bis jetzt kaum jemand daran.

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Sonn- und Feiertage sind für die Spätis der umsatzstärksten Tage des Monats, da sie an diesen Tagen nicht mit den großen Supermärkten in Konkurrenz treten müssen und deutlich mehr Kunden in die kleinen Läden strömen. Deshalb nehmen viele Verkäufer das Risiko, erwischt zu werden, in Kauf. Verbotene Lebensmittel wie Tiefkühlpizza oder Alkohol verschwinden sicherheitshalber unter Decken, die nur auf Nachfrage des Kunden gelüftet werden. Doch wenn die geheime Ware trotzdem einmal von den Raubvogelaugen eines aufmerksamen Ordnungsamtmitarbeiters erspäht wurde, setzt es ein saftiges Bußgeld, von dem sich der ein oder andere Ladenbesitzer nie wieder erholt.

Als die Neuköllnerin Christina Jurgeit von genau so einem Fall in ihrer Nachbarschaft hörte, rief sie die Online-Petition #RettetdieSpätis ins Leben, die mittlerweile mehr als 10.000 Unterstützer zählt. In der Petition fordert sie Berlins regierenden Bürgermeister Michael Müller und die Bezirksbürgermeisterin von Neukölln, Franziska Giffey, dazu auf, dass Ladenöffnungsgesetz zu lockern. Für Jurgeit sind die Spätis ein existenzieller Teil der Berliner Kiezkultur, die eine „unverzichtbare soziale Funktion" erfüllen.

Wenn auch ihr die Petition unterstützen wollt, könnt ihr das hier tun. Es sei denn, ihr seid schon jetzt ganz scharf drauf, am Sonntagabend Milch statt Bier zu trinken und euch mit Spiegel und Kicker den Arsch abzuwischen, weil ihr beim Späti kein Klopapier mehr bekommt.