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Es ist nicht leicht, ein Fangirl zu sein

Mein erster Fangirl-Crush war Franz aus der Zeichentrick-Serie ,Sissi'. Der Anblick seines hübsch frisierten Antlitzes zauberte ein Kribbeln in meinen Bauch und eventuell auch ein bisschen weiter unten.

Foto von David Bogner, VICE Media

Seit ich denken kann, bin ich in Männer verliebt, die ich nie kennenlernen werde. Mein erster heftiger Crush mit sechs Jahren traf Kaiser Franz aus der Kinderserie Sissi – die Prinzessin. Franz war eine Zeichentrickfigur. Der Anblick seines hübsch frisierten Antlitzes zauberte ein Kribbeln in meinen Bauch und eventuell auch ein bisschen weiter unten. Der Startschuss für eine bis heute nicht enden wollende Fangirl-Karriere war gefallen.

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Nach fiktiven Liebes-Intermezzi mit beinahe allen männlichen Charakteren aus den Kinderserien der 90er-Jahre (ach, da war auch noch der 20 Jahre ältere Moderator Beni von Art Attack), schwärmte ich für Steffen Hamann, Profibasketballer bei GHP BAMBERG und Liebesobjekt unzähliger nicht nur fränkischer Mädchen. Seine Homepage, auf der in Dauerschleife Drop it like it's hot lief, wurde zum 24/7-Ereignis meiner Vorpubertät.

Auf einem selbst gebastelten Altar neben meinem Bett waren alle Autogramme und alle aus dem Internet ausgedruckten Fan-Bilder auf einer roten Samtdecke drapiert. Das Highlight: Ein verwackeltes Foto von ihm, in seinen Armen ein um zwei Köpfe kleineres Mädchen ohne Brüste, dafür mit knallrotem Lippenstift, der von einer glitzernden Zahnspange ablenken sollte. Man tut, was man kann. Meine Mutter machte sich erst Sorgen, als sie erfuhr, dass der 21-Jährige einen minderjährigen Fan geschwängert hatte.

Ab diesem Zeitpunkt kam zum naiv-mädchenhaften Verliebtsein eine nicht unwesentliche sexuelle Komponente. Der Basketballer war zwar irgendwann vergessen, dafür wurde Sven Hannawald, der magersüchtige Skisprungstar aus Ostdeutschland, Objekt meiner Begierde. Erfolg macht eben sexy. Sogar Gregor Schlierenzauer, auf dessen Autogramstunde in der Kärntnerstraße ich heimlich sogar noch mit 20 war.

Als Skispringen und Basketball offiziell zu uncool wurden, richtete sich mein weibliches Interesse auf unverbrauchte Rockstars. Jeder struppig bebraunhaarte Indieboy in Skinny-Jeans wurde zum Held meiner (Masturbations-)Träume. Julian Casablancas, I still feel you.

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Adam Green, beziehungsweise der 60-Jährige Manager seiner Vorband, brachte das prämenstruelle Fass zum Überlaufen und sorgte für eine Situation, die meinem Mädchentraum zumindest in meiner Realität sehr nahe kam. Mit reflektierender Distanz beurteilt war das Ganze wohl eher eine Fast-von-einem-Perversen-verschleppt-werden-Situation, die nur von meiner Freundin verhindert wurde. Auf die Frage „Would you like to come with us to our hotel?" antwortete sie mit einem entschlossenen „NO". Wir waren beide 14 und unsere Eltern warteten vor dem Konzertsaal.


Der Tattoo-Künstler Horiyoshi III. zieht auch viele Fangirls an:

Seit frühester Jugend habe ich einfach die Gabe, zur richtigen Zeit am richtigen Promi-Ort zu sein. Nur das mit der Kontaktaufnahme, das wird jedes Mal zum Groupie-Desaster. Unübertroffen an Peinlichkeit wäre da jene Berlinale-Party zu nennen, auf der ich den engelsgleich schönen Schauspieler Niels Schneider (I Killed My Mother) entdeckte, ihm stundenlang heimlich nachlief, mit der leisen Hoffnung, die Nacht mit ihm zu verbringen und dann, als er mich nach einem Feuer fragte, stotternd „sorry" entgegnete und dabei rot anlief.

Kurz darauf war ich durch Zufall auf einer privaten Film-Party, auf der einige nicht mal gutaussehende deutsche Schauspieler anwesend waren. Vor Aufregung schoss ich mich mit verschiedensten Cocktails dermaßen ab, dass ich irgendwann auf allen Vieren durch die Wohnung krabbelte—und meine Angebeteten nichts als Mitleid für mich übrig hatten.

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Naja, immerhin habe ich bei Mädelsabenden immer was zu erzählen und kann garantiert bei fast jedem Star mitschwärmen: „Wow, du masturbierst auch auf James Franco/Johnny Depp/Orlando Bloom?"

Im Traum habe ich mit Markus Lanz (!) geschlafen, Matthias Schweighöfer einen geblasen und Baptiste Giabiconi im Gebüsch verführt.

YouTube macht mein ungebrochenes Fantum heute zum zeitvernichtenden Psychotrip. Ein Video von Ezra Miller, einem bezaubernden androgynen Schauspieler, hat vermutlich nur wegen mir die 30.000 Klicks weit überschritten. Peinliche Vorschläge weiter rechts: Cristiano Ronaldo oberkörperfrei, Kussszene Tom Schilling und Luke Pasqualino beim Film-Sex. Gibt es eine medizinische Bezeichnung für das krankhafte Begehren von berühmten Männern aller Art? Wenn nicht, müsste sie für mich erfunden werden.

Den Gedanken, eines Tages an der Seite eines berühmten (nicht mal unbedingt schönen) Mannes zu liegen, habe ich mittlerweile fast aufgegeben. Umso mehr danke ich meiner blühenden Fantasie für die vielen privaten Stunden, die ich mit allen meinen Prinzen verbringen durfte.

Aus naiven Tagträumen wurden nämlich irgendwann hyperreale Sexträume: Ich habe mit Markus Lanz (!) geschlafen, Matthias Schweighöfer einen geblasen und Baptiste Giabiconi wurde von mir in einem Gebüsch verführt. Leider bin ich immer kurz vor dem Höhepunkt aufgewacht. In einer glanzlosen Normalo-Welt ohne Promi-Männer.