Die unfassbare Bandbreite von Marc Jacobs Gesichtsausdrücken

Foto: Lars Moereels

Diese Woche bekamen wir eine recht zweifelhafte Einladung zur Präsentation des Peek & Cloppenburg: Designer for Tomorrow Awards. Die Einladung war nicht besonders aufschlussreich, außer dass eine Fotoausstellung angekündigt wurde und die Anwesenheit des Schirmherren des Wettbewerbs: Marc Jacobs.

Außerdem nahmen wir an, dass es dort Gratis-Champagner gibt, also sind wir einfach mal hin. Als ich gestern Abend schließlich bei Peek & Cloppenburg aufschlug, schien mir der einzig vernünftige Grund, der die Veranstaltung legitimieren könnte, die Tatsache, dass Marc Jacobs gerade in der Stadt war, um die fünf Finalisten der diesjährigen Ausgabe von „Designer for Tomorrow“ zu treffen. Diese wurden übrigens im Laufe der gesamten Veranstaltung, die von halb neun bis zehn ging, nicht einmal erwähnt bzw. präsentiert.
Es wurde nur gesagt, dass „sie da sind“. Ich tippe mal darauf, dass sie einige der unter 40-jährigen, modisch angezogenen Leuten waren. Der Rest der Menge bestand im Großen und Ganzen aus so etwas wie reichen Berlinern. Angelika Taschen war da und natürlich die Redakteurin der deutschen Vogue, Christiane Arp. Außerdem gab es ein paar nervöse Mode-TV-Girls, die versuchten, so nah an Marc ranzukommen wie möglich.   Letztendlich erschien auch Marc in seiner Uniform, einem schwarzen Shirt, seinem Markenzeichen, dem Schottenrock, einem Paar gut aussehender, fester Schuhe im Oxford-Stil, und ein kleines Häschen-Tattoo schaute unter seinem Socken hervor. Von da an schwirrten alle nur so um ihn herum und bombardierten den kleinen Kerl, der bereits ziemlich müde aussah, mit Fragen. Schreckliche Fragen, so wie: „Wo bekommst du deine Inspiration her?“ Aber ich hörte auch: „Du siehst großartig aus, trainierst du?“ Die Antwort war „ja“, tut er, ungefähr fünf bis sechs Mal die Woche, jeweils zwei Stunden. In Anbetracht der Tatsache, dass ansonsten nicht viel los war, tat ich es den meisten Anderen gleich und machte viele Fotos von Marc, bis es mir verboten wurde. Als ich mir die Bilder später ansah, fiel mir auf, dass dieser Typ über eine erstaunliche Bandbreite von Gesichtsausdrücken verfügt. Also echt, wirklich … es ist unglaublich. Er warf einige fragwürdige 5-Sekunden-Blicke auf meine Tasche. Ich bin immer noch nicht sicher, ob das der Ausdruck von Inspiration oder reiner Verachtung war—seine vielen Gesichter sind nicht immer ganz eindeutig zu identifizieren. Ich habe auch zufällig mitbekommen, wie er sagte, dass er von Leuten, die er sieht, inspiriert wird. Fürs Protokoll ist hier ein Bild meiner Tasche, ein No-Name-Fundstück vom Flohmarkt. Wenn du siehst, dass es in der nächsten LV- oder MJ- oder M by MJ-Kollektion auftaucht, erinnere dich an meine Worte. Ich dachte mir, ich teile die Freude, Mr. Jacobs‘ verschiedene Gesichtsausdrücke zu beobachten, mit euch. Ich möchte auch klarstellen, dass das in keinster Weise eine Verarschung ist, ich liebe diesen Mann und wenn er nicht schwul und ca. einen halben Meter kleiner als ich mit Absätzen wäre, wüsste ich, was ich tun würde. „Bääääh, Vorbereitung auf das zehntausendste Interview von heute.“ „So tun, als würde ich Deutsch verstehen.“

„Mir wird ziiieeeeemlich langweilig.“ „Ich verstehe das Ganze hier überhaupt nicht.“

Kokettieren mit Christiane Arp von Vogue Deutschland. Ich weiß, das ist ein schreckliches Foto, aber es ist mein Lieblingsgesicht. Es bedeutet entweder: „Oh nein, ich weiß nicht, ob ich das noch länger aushalte“, oder: „Mit ihrem Gesicht passiert gerade etwas wirklich Schlimmes.“

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