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FIGHTLAND

Game of Death: Bruce Lees offene Rechnung

Bruce Lees letzter Film ist Kult- und Spottobjekt in Einem. Und stellt uns immer wieder vor dieselbe Frage: Wie gut hätte er werden können, wenn der größte Kampfsport-Schauspieler aller Zeiten nicht beim Dreh verstorben wäre?

Bruce Lee hat den Film Game of Death (deutscher Titel: Mein letzter Kampf) nie beenden können. Es gibt zwar ein Konzept, rund 40 Minuten Filmmaterial und eine Menge Gerüchte. Aber kein fertiges Produkt. Andererseits könnte es für eine Legende wohl kein passenderes Ende geben, als ein Abschied von der Bühne (und vom Leben), der so unerwartet und plötzlich kam, als sei er selbst einem Drehbuch entsprungen. Der Nachwelt hinterlassen hat Lee nicht nur den wohl bekanntesten Jumpsuit der Geschichte, sondern auch genügend Material für ehrgeizige Regisseure, um daraus postmortem einen Film zusammenzuschustern. Darüber, wie die ursprüngliche Geschichte hätte aussehen sollen, herrscht Einigkeit: Koreanische Verbrecher kidnappen Billy Los Bruder und Schwester, was ihn dazu zwingt, an einem Überfall auf eine Pagode mit großem Schatz teilzunehmen. Die Pagode wird von Gangstern mit steigenden Kampf-Skills bewacht. Lo und seine Bande von durchschnittlichen Kampfsportlern müssen es mit einer Reihe von Kung-Fu- und Karatekünstlern, einem FMA-Meister (gespielt von Dan Inosanto) und schließlich einem 2,18 Meter großen Kung-Fu-Dämon (gespielt von Kareem Abdul-Jabbar) aufnehmen. Nachdem alle Widersacher außer Gefecht gesetzt worden wären, hätte sich Billy Lo vermutlich mit dem Schatz aus dem Staub gemacht (oder ihn seinen rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben?) und den Oberboss—der für die Entführung seiner Familie verantwortlich ist—außer Gefecht gesetzt, um zum Schluss locker-lässig in den Sonnenuntergang zu schlendern. Wirklich wissen können wir es aber nicht. Der einzige Hinweis, der uns zur Verfügung steht, ist das folgende Zitat von Bruce Lee aus den früheren 70ern:

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„Der große Kampf. Dann kommt die Verhaftung. Der Flughafen. Das Ende."

Zumindest vom „großen Kampf" haben wir ein bisschen Filmmaterial. Das Problem ist aber, dass nur drei der fünf Kämpfe in Gänze gefilmt wurden. In einem Kampf geht es gegen Hapkido-Lehrer Huang In-shik. Doch die einzige Szene, die von dem Kampf im Kasten ist (in der er ordentlich zusammengefaltet wird), spielt dummerweise außerhalb der Pagode. Das Filmmaterial wurde kurioserweise erst durch die Veröffentlichung der Doku Bruce Lee: A Warrior's Journey bekannt und hat es nie in den Film Game of Death geschafft. Insgesamt bestand der Film eh nur aus rund elf Minuten Originalfilmmaterial.

Im zweiten Kampf sollten Taky Kimura, ein Wing Chun und ein Mantis-Sportler mitwirken. Auch dieser Kampf wurde nie gefilmt. Die Szenen, die es in den Film von 1978 schafften, waren die Kämpfe mit FMA-Meister Dan Inosanto, mit einem weiteren koreanischen Hapkido-Kämpfer namens Ji Jan Jae und natürlich mit Kareem. Nur wenige Sequenzen aus dem Film haben es in das Kulturgedächtnis geschafft, das Duell zwischen Bruce Lee und Kareem Abdul-Jabbar gehört aber auf jeden Fall dazu. Ein riesiger Kung-Fu-Meister und bekannter Basketballstar gegen die Legende im gelben Jumpsuit. Der Kampf wurde im „Jeet Kun Do"-Kampfstil choreografiert—also fließende Bewegungen mit unterschiedlichen, an die jeweilige Situation angepassten Attacken—,und Jabbar macht auch gegen den besten Kampfsport-Schauspieler aller Zeiten keine schlechte Figur. Doch das eigentlich Bemerkenswerte an dem Ausschnitt sind weniger die angewandten Techniken und Moves als das bloße Spektakel, die beiden Superstars in Aktion zu sehen.

Der Originalfilm hätte auf jeden Fall das Zeug zu einem weiteren echten Klassiker gehabt—vor allem, wenn der Endkampf, so wie sich ihn Bruce Lee vorgestellt hat, wirklich noch das Duel mit Jabbar getoppt hätte. Doch Lee starb, bevor der Film fertiggestellt war, weswegen wir uns alle mit dem Remake zufriedengeben müssen, bei dem mithilfe von mehreren Doubles und aus zahlreichen Schnipseln aus Lees älteren Filmen sowie den schon angesprochenen elf Minuten Originalmaterial (übrigens von nur einer einzigen Location) ein vollständiger Film entstand. Das Remake wurde von Raymond Chow produziert, während Robert Clouse Regie führte. Es war ein cleverer Versuch, aus dem längst verstorbenen Bruce Lee Kapital zu schlagen. Darum überrascht es auch nicht, dass sogar Originalaufnahmen von Lees Beerdigung in die Story eingebaut wurden.

Der Plot von Game of Death hat als Protagonisten Billy Lo, einen erfolgreichen Kampfsportler, der sich vom organisierten Verbrechen zunehmend in die Ecke gedrängt sieht. Gleich in der ersten Szene wird Chuck Norris verprügelt, während in der Folge schlechte Bruce-Lee-Doubles zusammengeschlagen werden und einer sogar angeschossen wird. Seine schöne Freundin wird entführt, und Billy—der schlecht geschminkt versucht, seine Narben zu kaschieren—muss ihr zu Hilfe kommen. Das Syndikat hat sein Hauptquartier in der Pagode, was eine super Location ist, die sich alle Bösewichtorganisationen zulegen sollten. Denn dank ihr kommt es zu rasanten Kampfszenen auf dem Treppenaufgang. Dort ist es auch, dass endlich wieder der echte Bruce Lee ins Geschehen eingreift. Keine Sekunde zu früh angesichts der schlechten Doubles, derentwegen man fast schon ausgeschaltet hätte.