You'll Never Walk Alone: FIFA 2014

Die Xbox One ist auf dem Markt, die Playstation 4 auch und die Entwickler möchten nichts anderes, als mit der neuen Technik anzugeben. Vollkommen zu Recht, übrigens. Weil man insbesondere bei Titeln, die sowohl für die noch aktuelle als auch die neue Konsolengeneration erscheinen, sehr gut vergleichen kann, was genau sich grafisch und spielerisch eigentlich alles so geändert hat, haben wir uns mit Ralf Anheier zusammengesetzt. Der ist für die Pressearbeit von EA Sports verantwortlich und war mit der Next-Gen-Version des Fußballkrachers FIFA 14 in Berlin zugegen. Warum man Gegenspielern auch zukünftig nicht absichtlich die Nase brechen kann und weshalb es immer noch kein Frauenfußball-FIFA gibt, erfahrt ihr genau jetzt. VICE: FIFA erscheint im Gegensatz zu den meisten anderen Spielereihen jährlich. Wie viel kann sich denn dann am Spiel selbst wirklich von Jahr zu Jahr ändern?
Ralf Anheier: Das Wichtigste ist, dass wir ein Jahr dazwischen haben, um auf die Konsumenten zu hören. Um zu wissen, was funktioniert und was nicht funktioniert, und das wird dann weiterentwickelt. Wenn wir in diesem Jahr ein Spiel mit neuen Features wie „Pure Shot" herausbringen, bedeutet das, dass wir im letzten Jahr gehört haben, dass die Ballphysik nicht realistisch genug ist. FIFA ist und bleibt natürlich ein Fußballspiel. Wir können keine neuen Regeln hinzufügen oder Mannschaften erfinden, deshalb sind wir in der Innovationsbreite natürlich limitiert. Wir versuchen einfach, das Spiel immer perfekter zu machen, und ja, für die Fans ist es dann einfach wichtig, dass die Teams immer die aktuellen Spieler beinhalten. Und wenn Götze von Bayern zum Beispiel andere Spielwerte oder eine neue Frisur hat, dann passen wir die auch an.

Wenn das in vielen Dingen wirklich nur Detailanpassungen sind, warum gibt es dann keine Art „Aktualisierungssystem", damit sich treue Spieler nicht jedes Jahr das komplette Spiel neu kaufen müssen?
Wir sind Lizenznehmer von der FIFA und den Daten, die sie zur Verfügung stellt. Wir nutzen all diese zur Verfügung gestellten Informationen und Spielerabbilder immer in Absprache für das aktuelle Produkt, deswegen ist es lizensierungstechnisch nicht so einfach, beispielsweise FIFA 11 mit den Daten von 2013 zu spielen. Eine andere Sache ist: Die Datenmenge ist dann natürlich auch groß, die heruntergeladen werden müsste, und man müsste natürlich auch dafür online sein. Die meisten Leute spielen FIFA nicht am PC, sondern auf der Xbox oder Playstation und was man gar nicht glauben mag, weil es für mich selbstverständlich ist, ist, dass meine Konsole online ist: Viele dieser Millionen Spieler sind offline und müssten sich erst mal online einloggen, um überhaupt etwas herunterladen zu können. Die zocken dann zu Hause mit ihren Freunden bei einem Bierchen oder einer Cola mit ihren Lieblingsmannschaften gegeneinander und machen ihre eigenen Turniere. Für einen 16-Jährigen ist so ein Download vielleicht selbstverständlich, aber FIFA spielen 12-Jährige genauso wie 59-Jährige. Ich glaube, die gehen dann lieber in den Laden und kaufen sich das Spiel.

Was genau ist denn jetzt der Unterschied zwischen dem FIFA für die PS3 und dem für die PS4? Das sieht ja bestimmt nicht nur schöner aus.
Für die Xbox One und Playstation 4 gibt es die neue EA Sports Ignite Engine, die jetzt zum ersten Mal bei FIFA zum Einsatz kommt. Die Spieler verhalten sich intelligenter, ich habe wesentlich mehr Animationen und Antizipation. Wenn es jetzt beispielsweise ein Boxspiel ist, würde der Gegner Schlägen intelligenter ausweichen oder sie besser kontern können. Beim Fußball ist es so, dass Laufwege besser erkannt und Passwege besser zugestellt werden können. Das muss aber natürlich gut ausbalanciert sein. Wenn der Abwehrspieler intelligenter wird und den Raum besser zustellt, muss der Offensivspieler intelligenter werden, um trotzdem daran vorbei zu kommen. Dadurch gibt es Spielsituationen, die nicht mehr so geskriptet aussehen. Vor ein paar Jahren gab es noch Spielzüge, die quasi einstudiert werden konnten und immer zum Tor geführt haben, weil die gegnerische KI das nicht erkannt hat.

Ich habe 2004 oder so zuletzt FIFA gespielt und wenn man von der einen Seite schräg aufs Tor geschossen hat, ist er immer reingegangen. Irgendwann hat man das gerafft und dann natürlich auch immer gewonnen.
Genau so was meine ich. In Zahlen ausgedrückt sagt man, dass die Ignite Engine eine bis zu zehnmal größere Animationstiefe ermöglicht, was heißt, dass Bälle bis zu zehnmal anders angenommen werden können, was wiederum zu zehnmal mehr Passmöglichkeiten führt. Und die ganze Intelligenz der Spieler, weitere Spielverläufe zu erahnen und so weiter, wird um ein Vierfaches gestärkt. Das sind alles Werte, die man nicht ablesen oder ankucken kann, die muss man fühlen und spielen. Der Sprung jetzt ist auf jeden Fall deutlicher zu spüren als der Sprung von der PS2 auf die PS3.

Wenn ich einem gegnerischen Spieler den Ball ins Gesicht schieße, kann ich ihm dann die Nase brechen?
Wenn ich einen Spieler foule, kann ich ihm eine Verletzung hinzufügen. Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, ob Nasenbeinbruch eine Verletzung im Spiel ist, würde aber behaupten ja. Aber das mit dem Ball im Gesicht … Ich habe das in all den Spielen, die ich schon mitbekommen habe, noch nicht erlebt, deswegen schließe ich das jetzt einfach mal aus. Die meisten Verletzungen in FIFA basieren auf Fair Play und somit auf unabsichtlichen Fouls. Absichtliche Fouls sind genau wie absichtliches Handspiel oder Schwalben: Das möchte man in FIFA möglichst vermeiden. Deswegen kann man einen Spieler nicht durch irgendeinen Knopf oder irgendeine Aktion da verletzen, wo man ihn verletzen will. Im Spiel gibt es aber, glaube ich, so 50 verschiedene Verletzungen.

Gibt es ein Achievement, wenn man alle Verletzungen schon mal hatte?
Ich weiß es nicht [lacht]. Es gibt für alles Mögliche eine Trophäe, ich weiß nicht, ob es auch für Verletzungen ein Achievement gibt.

Warum gibt es eigentlich kein Frauenfußball-FIFA?
Dafür müsste man ein komplett neues Spiel mit neuer Engine entwickeln und da ist die Frage natürlich, ob die Nachfrage so groß ist, dass sich das lohnt. Als DLC ginge das allein von der Datenmenge her schon nicht.

Ist das so ein bisschen Fluch und Segen in der heutigen Zeit, dass die Technik mit dem Motion Capturing so weit ist, dass man nicht einfach sagen kann: „So, wir nehmen jetzt die männlichen Spieler und klatschen einfach Brüste dran"?
Und lange Haare! Ja, genau so sieht's aus. Als ich damals angefangen habe, Videospiele zu spielen, Sensible Soccer zum Beispiel, da hast du eine Vogelperspektive gehabt, kleine Klötzchen, die alle gleich schnell gelaufen sind und du musstest nur den Ball richtig treffen—wie bei Pong quasi. Unterschiedliche Attribute eines Spielers haben keine Rolle gespielt. Je weiter wir mit der Technik voranschreiten, desto diffiziler, genauer und wichtiger ist der kleine Unterschied. Wenn ich jetzt bei FIFA mit Philipp Lahm spiele, ist der zum Beispiel beim Kopfball nicht so stark. Wenn es das nicht gäbe, könnte man tatsächlich einfaches Modelling betreiben, der Figur ein weibliches Aussehen verschaffen und das würde keiner merken. Segen, weil wir mit den nachgebildeten Spielern ein realistisches Abbild der Fußballwelt haben. Fluch, weil wir das nur für den Männerbereich machen und der Unterschied zu den Frauen und der Produktionsaufwand zu groß wären, um das im Nachhinein auf Knopfdruck zu realisieren.

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