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Gehirn-Hacking statt Ritalin

Mit dem neuen Videospiel Focus Pocus wird die Gehirnaktivität gemessen und kontrolliert, um Konzentrationsschwächen von Kindern zu heilen.

Screenshot via YouTube

Es ist allgemein akzeptiert, dass Denkaufgaben und Kreuzworträtsel den Verstand schärfen. Wie wäre es die Gehirnaktivität während des Spielens zu beobachten und die Vorgänge neurologisch nachvollziehen zu können? Mit diesem Wissen könnten Spiele entwickelt werden, die einen bestimmten mentalen Effekt hervorrufen oder spezifische kognitive medizinische Probleme behandeln.

Tragbare EEG Headsets werden immer billiger, einfacher zu nutzen und lassen diese Vorstellung schon fast real werden. Forscher entwickeln Videospiele, die die Gehirnfunktion verbessern können, indem sie zeitnahes Feedback von Gehirnströmen bekommen.

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Die Strategie wird meistens bei Kindern, die mit ADHS diagnostiziert wurden, angewandt, um ihre Konzentration, Erinnerung und Aufmerksamkeit zu verbessern. Und natürlich gibt es reichlich Nachfrage nach Alternativen zur klassischen Pillenbehandlung, um das wachsende Probleme der willkürlichen Verschreibungen von Medikamenten angegangen wird und damit Kinder nicht schon im jungen Alter in eine Abhängigkeit von Aufputschmitteln geraten.

Aber wie lässt sich Neurotraining in ein funktionierendes Spiel integrieren? Die Sensoren, die mit dem Schädel verbunden sind, lesen die elektrische Aktivität des Gehirns und können unter anderem den Grad der Aufmerksamkeit ermitteln. Diese Informationen werden dann über Bluetooth an die Software des Spiels gesendet. Forscher nutzen so das Biofeedback um Spiele zu entwickeln, die das Gehirn gezielt stimulieren können um das gewünschte Verhalten auszulösen. Und außerdem kann das Spiel durch den konstanten Fluss von Gehirnaktivität, der durch die Applikation geschickt wird, stetig aktualisiert werden.

Eines der führenden Softwareunternehmen im Bereich Neurotraining ist die australische Firma Neurocog. Sie haben das Spiel Focus Pocus entwickelt, das Gehirne von mit ADHS diagnostizierten Kindern zu trainieren. In Focus Pocus wird durch das Auslöschen von Kobolden in einem Zauberwald die Impulskontrolle trainiert. Um die Erinnerung zu verbessern, werden Flüche über Monster ausgesprochen oder es muss nachvollzogen werden, wo ein Zauberbuch in der Bibliothek abgelegt wurde. Für eine bessere Steuerung der Aufmerksamkeit wird das Balancieren auf einem fliegenden Besenstiel geübt. Ich denke, das Konzept sollte inzwischen ungefähr klar sein.

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Bis jetzt gibt es nur wenig wissenschaftliche Arbeit in dem Bereich Neurotraining—ein größerer Teil der Forschung kommt von der Universität Wollongong, dem Forschungspartner von Neurocog. Nach und nach werden mehr Studien durchgeführt, und so könnten früher oder später bewusstseinkontrollierende Videospiele entwickelt werden, zur effektiven Bahandlung problematischer neurologischer Zustände, wie zum Beispiel Angststörungen. Auch nicht dezidiert medizinische Szenarien könnten auf diese Weise bearbeitet werden; beispielsweise wäre die Verbesserung musikalischer Fähigkeiten oder von Schulleistungen denkbar. Das gibt einen Ausblick auf eine vielleicht nicht gerade beruhigende und in jedem Falle ziemlich verrückte Zukunft—im Prinzip hackt man so die Gehirne von Kindern wegen ihrer kognitiven Stärken und Schwächen.

Die Entwicklung schreitet in diese Richtung voran. Bei Focus Pocus werden die Daten und Berichte des EEGs an die Eltern geschickt, damit sie beobachten können, wie sich ihre Kinder entwickeln. Die Schwierigkeitsebenen des Spiels können ebenfalls angepasst werden. Ärzte in Finnland verschreiben die Videospiele bereits an Patienten mit ADHS. Die Ärzte analysieren die Gehirne der Patienten, woraufhin sie entscheiden, welche Aktivitäten stimuliert werden müssen und wie Spielszenarien angepasst an bestimmte Vorstellungen konfiguriert werden können.

Fürs Erste liegt der Fokus auf Konzentration und Aufmerksamkeit, aber je mehr wir über die Gehirnstrukturen erfahren, desto weitreichender und allgemeiner dürften die Möglichkeiten werden.

Mehr über die Möglichkeiten der Technik gibt's hier.