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Jeden Tag 4/20

Großes Kino für Kiffer

Nachdem der Deutsche Hanfverband bei der Millionärswahl gewonnen hatte, wurde ein Teil des Geldes in Kinospots investiert. Den ersten könnt ihr euch hier anschauen.

Vorgestern feierte das Premiere-Publikum im CineStar Kino am Potsdamer Platz in Berlin drei professionell produzierte Werbespots für die Re-Legalisierung von Cannabis, die bereits im Vorfeld viel Aufmerksamkeit erregt hatten.

Denn nachdem der Deutsche Hanf Verband bei der Millionärswahl ​eine Million kassiert hatte, sollte ein Teil des Geldes in Werbespots investiert werden. So produzierte man drei kurze Spots, die sich um medizinisches Cannabis, die gescheiterte Entkriminalisierung und die Macht des Schwarzmarkts drehen. Alle angefragten TV-Anstalten lehnten die Ausstrahlung der gestern präsentierten Werbespots ab, einige ohne Begründung, andere verwiesen auf den Rundfunkstaatsvertrag. Der untersagt den Sendern politische Werbung im Fernsehen. RTL verweist in der Antwort an den DHV auf die Einschätzung seiner Rechtsexperten, demzufolge es sich um eine politische Werbung handele. Trotz der TV-Schlappe werden die Spots bundesweit in den Kinos laufen und so über eine Million Zuschauer erreichen.

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Wer am Potsdamer Platz gestern eine bunte hippieske Grasparty erwartet hatte, wurde enttäuscht. Statt Haschkuchen gab es einen standesgemäßen Sektempfang und Häppchen für Medien und Unterstützende, die die drei Spots im gut gefüllten Kinosaal im Anschluss mit reichlich Applaus bedachten.

„Dass die Spots nicht im TV ausgestrahlt werden, ist kein Drama. Die Qualität der Spots passt gut ins Kino auf die große Leinwand und die TV-Sender berichteten am Montag nach unserer schicken Kino-Premiere intensiv über die Spots. Wir sind zuversichtlich, dass wir damit viele Menschen erreichen und für das Thema sensibilisieren werden", kommentierte Georg Wurth den Start in das fast eine halbe Million Euro teure Projekt.

Die Spots an sich sind für die nicht so breite Masse produziert, der klassische Kiffer wird und soll sich hier wohl nicht angesprochen fühlen, schließlich geht es dem DHV darum, die zu überzeugen, die bislang noch keine oder eine ablehnende Meinung zu Cannabis haben. Trotz der zunehmenden politischen Präsenz und Brisanz des Themas (oder gerade deshalb?) wollen nicht nur große TV-Anstalten keine graslastigen Werbeeinnahmen, auch andere Werbekampagnen wurden in jüngster Vergangenheit abgelehnt. Statt der Plakatwerbung „Auch die Grünen jagen Hanffreunde—wie lange noch?" in Stuttgart mussten die Hanf-Lobbyisten auf eine mobile Plakatwand zurückgreifen. In München wollte man den Öffentlichen Nahverkehr „Schluss mit Krimi—Cannabis legal" bewerben, was die ​Stadt damals allerdings ablehnte. Immerhin gab es in Fürth schon einmal ​Werbung auf Bussen, allerdings gegen Cannabis. Dort durfte die Polizei mit einem durchgestrichenen Grasblatt neben einer abgedeckten Leiche werben.

In den Kinos wird der Spot zu Cannabis als Medizin nur vor FSK 12 Filmen, die beiden anderen werden vor FSK 16 Filmen laufen, dem Jugendschutz zuliebe. Um den ging es auch dem anwesenden Jugendrichter Andreas Müller, der sich in ​seinem neuen Buch auch für eine Regulierung des Cannabis-Markts ausspricht. Müller hatte vor knapp 20 Jahren ​das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwirkt, das schlussendlich zur Entkriminalisierung des Besitzes geringer Mengen Cannabis führte. Müller hatte sich damals geweigert, einen Jugendlichen zu verurteilen, der 3,5 Gramm Haschisch besessen hatte. Müller bat das höchste Gericht daraufhin, die Verfassungsmäßigkeit des Cannabis-Verbots zu überprüfen.

Bis Freitag will der Hanfverband alle drei Spots hochladen.