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LEGAL HIGHS

(Halb-)Legale Räusche: Herbal Ecstasy

Egal, was ihr tut, nehmt kein Herbal Ecstasy. Sonst laufen Leute in Taucheranzügen durch eure Wohnung und ihr wollt nur noch auf dem Land wohnen.

Die schlimmste Droge unserer Zeit ist ja für viele anhaltende Nüchternheit. Weil aber soziale Ächtung, Beschaffungskriminalität und komplette Abhängigkeit fast genauso schlimm sind, haben viele von uns in ihren rauschverliebten Jugendtagen das eine oder andere Mal zu (halb-)legalen Alternativen gegriffen. Deshalb packen wir hier die schwammigsten und schönsten Erinnerungen an unsere „Barely Legal Highs" aus—also zu Räuschen, die zumindest zu der jeweiligen Zeit oder in der jeweiligen Gegend legal waren. Heute: Herbal Ecstasy.

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Prinzipiell bin ich ja dafür, dass jeder mit seinem Leben macht, was er will. Wenn ihr lieber vier als fünf Finger pro Hand hättet, bitte. Wenn ihr euren Orgasmus am liebsten unter Hypnose ausleben wollt, gerne. Ihr könnt eure Hochzeit mit rauen Mengen an Blut feiern, eine Satire-Partei gründen (oder einer beitreten) und ihr könnt euch einen Thron aus Videokassetten von Jerry Maguire basteln. Wirklich, es ist mir egal. Aber was auch immer ihr macht, nehmt kein Herbal Ecstasy. Dieses Zeug ist das Allerletzte.

Ich habe es zwei Mal ausprobiert, wobei ich beim ersten Mal einfach nichts gemerkt habe und beim zweiten Mal einen fürchterlichen Horrortrip hatte. Er war so grauenhaft, dass ich nicht mal mehr daran denken oder darüber schreiben will. Weil ich aber gerade in der VICE-Redaktion arbeite und von meinen Chefs verbal auf eine Wortspende hin gepeitscht werde, tue ich es trotzdem.

Ich war in einem Club, die Musik, die mich normalerweise zum Tanzen gebracht hat, hat mich nur gelangweilt und plötzlich war mir unfassbar schlecht. Ich bin quer durch die ganze Stadt gerannt und habe versucht, irgendwie nach Hause zu finden. „Zu Hause" war zu diesem Zeitpunkt noch zirka 500 Kilometer von Wien entfernt, aber das war mir in diesem Zustand egal. Ich wollte nur irgendwie weg von den vielen angsteinflößenden Menschen, Bäumen und Öffis, mich irgendwo verkriechen und sterben.

Foto: ddaa via photopin cc

Als ich irgendwann in irgendeiner Wohnung gelandet war und versucht habe, zu schlafen, wurde alles nur noch schlimmer: Leute sind in Taucheranzügen durch die Wohnung gelaufen und überall waren Hanfpflanzen. Ich glaube allerdings, dass diese Dinge wirklich da waren und ich mir das nicht nur eingebildet habe. Scheinbar bin ich in meinem Rausch in einer ziemlich abgefuckten Hippie-WG gelandet, die mich für ein Geschenk Gottes gehalten haben müssen. Egal wie, mein Zustand war einfach nur ekelerregend.

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Die halbe Nacht habe ich am Klo verbracht und versucht mich zu übergeben, was natürlich keinen Sinn macht, wenn man weder etwas gegessen noch getrunken hat. Am nächsten Tag bin ich über 9 Stunden mit einem Regionalzug nach Hause gefahren, weil ich meinen Kopf unbedingt aus dem Fenster halten wollte, aber man in Schnellzügen die Fenster nicht öffnen konnte.

Die Schaffner haben alles versucht, mich zu beruhigen und zum Hinsetzen zu bewegen, aber ich blieb standhaft. Nach ungefähr einer Woche hörte ich endlich auf zu zittern, vergessen habe ich diese Nacht des Schreckens aber nicht: Meine Experimentierphase ist definitiv abgeschlossen.

Lasst euch von Andrea auf Twitter tripsitten: @andrea4nderson


Titelfoto: EmilyRides | flickr | cc by 2.0