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DIE LITERATURAUSGABE 2014

Die Literaturausgabe 2014: Happi-Fork

Rebecca Curtis' Kurzgeschichte über ein merkwürdiges Abnehm-Gagdet in Hollywood.

Fotos von Jess Barthel und Stephanie Pfander

Im Hier und Jetzt zu leben ist nicht so einfach, besonders nach dem Tod meines Lieblingsklienten, des gut aussehenden Bankers Dirk Goldfinger, dessen Verurteilung wegen Insiderhandels im letzten Herbst die Riesenschlagzeile war, und nachdem ich im Frühjahr bei seiner Trauerfeier war und kurz darauf bei einer Gesundheitsmesse die Happi-Fork erhielt. Dirk Goldfinger war ein zurückhaltender Mensch. Aber nach seiner Verurteilung konnte er es nicht verhindern, dass sein Antlitz von den Titelblättern aller möglichen Zeitungen prangte. Seine hohe, gebräunte Stirn, einst von einer einzigen, gedankenvollen Falte geziert, war nun von tiefen Furchen durchzogen und unter seinen Augen waren dunkle Ringe, die auch die beste kosmetische Behandlung nicht hätte lindern können. Obwohl seine Firma—aufgrund von Topinformationen—rücksichtlos in Olestra, Frito-Lay und Kelloggs investiert hatte, war er selbst ein Asket gewesen, der nur Fleisch aus Bioproduktion aß und weder Mais noch Soja noch Nachtschattengewächse zu sich nahm.

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Ich liebte ihn. Alle, die in Gesundheitsfragen für ihn arbeiteten, liebten ihn. Er hatte immer einen Scherz auf den Lippen, war unbeschwert und alterslos. Während andere Financiers jenseits der 40 ein Doppelkinn ansetzten oder einen Kropf bekamen, kam er in meine Praxis, um seinen Jodspiegel ausgleichen zu lassen; er nahm täglich Forskolin und hielt damit seine Schilddrüse in exzellenter Form. Ich muss zugeben, dass die zwei Stunden, während der er rücklings auf meinem Massagetisch lag und ich seinen rechten Arm nach oben hielt, dann gegen seinen Arm drückte, während ich ihm Leckereien wie Cherrytomaten in den Mund schob, um ihn auf Allergien zu testen, die erotischste Erfahrung meines Lebens waren. Als ich ihm am Ende der Sitzung die Tabelle mit dem auf ihn zugeschnittenen Anti-Entzündungsspeiseplan in die Hand drückte, sagte er: „Du bist die Beste. Danke!“ Aber als ich ihm dann, etwas gierig, vorschlug, dass seine Gesundheit sicher davon profitieren würde, wenn wir uns „öfter“ sähen, sagte er: „Um meine Nahrungsergänzungsmittel nachzutesten? Oder um auf ein Date zu gehen?“ Und als ich lächelte und sagte: „Vielleicht um auf ein Date zu gehen?“, runzelte er die Stirn und sagte: „Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich finde, dass Leute, die miteinander ausgehen, sich viel zu schnell aneinander gewöhnen, sie werden dann fett und schlingen ihr Essen herunter. Daher möchte ich lieber, dass du einfach meine Ernährungsberaterin bleibst.“

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Im Knast hielt er nicht lange durch. Die anderen Insassen litten unter Blähungen und da er seinem Anti-Entzündungsplan nicht folgen konnte, erging es ihm bald nicht anders. Er schrieb Briefe an mich: „Die Wärter wissen nicht, was Dinkel ist. Was passiert, wenn ich Weizen esse?“ Wegen der Schwere seiner Vergehen war es mir nicht gestattet, ihm Ergänzungsmittel vorbeizubringen. In seinem Essen war jetzt Soja enthalten und er bekam davon Brüste. Die Fotos von ihm während seiner Verhandlung zeigten einen fetten, faltigen Mann mit dreifachem Kinn, und seine Haare, einst dunkel und gelockt, waren jetzt dünn und über seinen Ohren grau. Bei seiner Beerdigung traf ich seinen Akupunkteur, seinen Chiropraktiker, seine Masseurin, seinen Personal Trainer und seinen Reiki-Meister. Wir verweilten einer nach dem anderen an seinem offenen Sarg. Der Tod oder die Künste des Bestatters hatten ihn wieder in seinen früheren, wundervollen Zustand versetzt: Seine großzügigen, breiten Lippen waren sanft und einladend nach außen gestülpt. Seine römische Nase war gerade und breit. Seine hohe, dunkle Stirn war glatt, sein 1,80 Meter großer Körper war in einen dunkelblauen Leinenanzug gehüllt und sah sehr sportlich aus.

Danach lief ich betreten durch die dunklen Straßen des Beverly Grove. Die Clubs meiner Jugend wie den Viper Room und den Club 7969 gab es nicht mehr, so wie es auch das sorglose Ich nicht mehr gab, das einst Diet Coke schlürfte und sich die andere Coke durch die Nase reinzog oder sich eine extra Prise Süßstoff in die zuckerfreie Limo rieseln ließ. Jetzt achtete ich besser auf mich, lief jeden Tag zehn Kilometer, nahm bei jeder Mahlzeit zusätzlich Ergänzungsmittel ein und schlief unter einer Omega-Alpha-Hirnwellen produzierenden Pyramide. Mein Handy war mit einem Strahlenschutzgerät versehen. Mein Freund war eine Waage mit Blutgruppe A, der unterprivilegierte Mittelschüler in Mathe unterrichtete, sich mit einer Billigzahnpasta die Zähne putzte, fett war und regelmäßig Bagels, Donuts und Frühstücksflocken aß. Ich lief an einem Optiker vorbei und dachte über die Vergänglichkeit des Lebens nach und über die Kosten einer Laser-OP, die Dirk Goldfinger, als der Perfektionist, der er war, schon mit 30 hatte machen lassen. Er war intuitiv, dachte ich, der cleverste Mann, den ich kannte, und nicht ohne Grund Banker. Als ich ihm erklärte, dass das Fluor im Leitungswasser ein radioaktives Nebenprodukt der Aluminiumherstellung war, wusste er sofort, dass „radioaktiv“ schlecht war und kaufte ein Fünf-Stufen-Umkehr-Osmose-Wasserfiltersystem. Er ging zu einem holistischen Zahnarzt und ließ nicht zu, dass irgendjemand Quecksilber in seine Zähne füllte. Ja, er hatte Angst vor konventionell angebauten Lebensmitteln und vor der Ehe, aber hatte den Mount Everest bestiegen, war im Arroyo Calabasas geschwommen und war einmal auf die Metrotracks gesprungen, um einen deutschen Touristen zu retten, bevor der Zug der Roten Linie einfuhr. Dass er den größten Teil seines Einkommens für wohltätige Zwecke ausgab, wusste ich, weil ich heimlich seine Steuererklärung gelesen hatte. Dennoch weilte er jetzt wegen der Illegalität seiner Entscheidung, Olestra-Aktien aufgrund eines kleinen Tipps abzustoßen, nicht mehr unter uns.

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Es war ein Sakrileg, am Abend seiner Trauerfeier zu einer Gesundheitsmesse zu gehen, aber ich tat es dennoch. Die Messe fand in einem der Erewhon-Natural-Foods-Märkte statt. Energiearbeiter diskutierten umsatzsteigernde Techniken wie „Die Erhöhung der Spirituellen Frequenz“ und „Den inneren Betrüger überwinden“. Die Tickets kosteten 3.000 Dollar. Ich verschwand schon früh wieder. In meiner Gratis-Geschenktasche befanden sich ein „Smart Bracelet“, das dem Träger einen Stromstoß von 3.000 Volt versetzt, wenn er oder sie mehr als 1.200 Kalorien in 24 Stunden isst, ein Päckchen Zahnseide mit Pfefferminzgeschmack und die Happi-Fork.

Ich hatte die halbe Strecke nach Silver Lake bereits hinter mir, bevor ich dazu kam, mir die Gebrauchsanleitung durchzulesen: „Die Happi-Fork vibriert und wird rot, wenn du beim Essen zwischen zwei Bissen nicht lange genug Pause machst. Nach jeder Mahlzeit gibt sie eine Bewertung deines Essverhaltens ab.“ Ich wurde von einer tiefen Verzweiflung übermannt. Ich drehte um und fuhr noch einmal zu der Messe zurück, aber als ich dort ankam, waren die Türen schon dunkel. Der Organisator, ein Rohkost-Guru namens Chocolate Man, stiefelte gerade mit zwei bekannten blonden Schauspielerzwillingen aus der Tür. Als ich ihm sagte, dass ich eine andere Gratisgeschenktasche wollte, nahm er einen Schluck aus seinem Kakao-Nektar-Acai-Fläschchen und sagte: „Wer zum Teufel bist du? Verschwinde.“

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Ich fuhr zurück nach Hause. Mein süßer Freund, Sternzeichen Waage, wartete auf mich. Er hatte Pasta aus braunem Reismehl mit Zucchini­sauce gekocht. Er war der netteste Freund, den ich je gehabt hatte, er hatte mir an meinem Geburtstag einen laktose- und zuckerfreien Kuchen gebacken, fuhr mit mir mit der Jurassic-Park-Achterbahn und bemühte sich in jeder Hinsicht, mich zufriedenzustellen. Es war nicht seine Schuld, dass er bei der Zulassungsprüfung zum College nicht so viele Punkte bekommen hatte und nicht an Akupunktur glaubte. Er hatte eine Blutkrankheit, die seinen Vitamin-D-Spiegel senkte und seinen Kreislauf beeinträchtigte, und wenn die Temperaturen unter 26 Grad sanken, stellte er in unserer kleinen Wohnung sofort überall Elektroheizer auf und bewegte sich bei allem, was er tat, sehr schnell, um warm zu bleiben.

Während des Essens benutzte ich die Happi-Fork. Sie lag mir unmotiviert in der Hand. Die Nudeln waren gummiartig. Mein Freund fragte mich, wie die Messe war.

Ich sagte: „Gut.“

Er fragte mich, wie die Nudeln schmeckten.

Ich sagte: „OK.“ Ich wusste, dass das unhöflich war. Ich sagte: „Sehr OK.“

Er spießte beim Essen jede Nudel einzeln auf und schob sie sich dann in den Mund.

Es sieht echt eklig aus, wenn er isst, dachte ich; und dann dachte ich, wie komme ich, die ich auch nur ein Mensch bin, dazu, ihn zu kritisieren! Erbärmliche Ziege. Hör sofort mit den stillen Beschuldigungen auf!

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„Ich bin froh, dass du jetzt zu Hause bist“, sagte mein Freund. Er lächelte.

„Ich habe dich vermisst.“

„Ich dich auch“, sagte ich.

Die Zucchinisauce lief ihm aus dem Mund.

Mein Freund bat mich, ihm die Sauce zu reichen.

Ich tat das. Er goss sich einen Schwapp auf seine Nudeln. Er stopfte sich eine Nudel in den Mund, dann rasch gleich noch eine.

Und plötzlich sprang mir die Happi-Fork aus der Hand!

„Au!“, sagte mein Freund. „AU! AU! AU!“ Seine Augen weiteten sich. Happi-Fork schwebte, heftig vibrierend in der Luft, hüpfte wild auf und ab und stach ihn in die Hand.

Ich konnte sehen, dass die Happi-Fork über Bluetooth lief, sie hatten einen eingebauten Mikrodronenchip und einen Bewegungsmelder.

„Au!“, sagte mein Freund. „Was zum Teufel?“

Er hatte weitergegessen und die Happi-Fork hatte weiter auf ihn eingestochen.

Bevor ich meinem Freund sagen konnte, dass er langsamer essen musste, begann die Gabel rot zu glühen und eine Stimme sagte: „Ganz schlecht. Du bist echt hoffnungslos.“

Ich erklärte ihm entschuldigend, dass die Happi-Fork den Leuten helfen sollte, langsamer zu essen.

„Oh“, sagte mein Freund. „Das ist alles?“ Er aß jetzt langsamer. Aber die Happi-Fork schwebte immer noch über dem Tisch und stach gelegentlich auf ihn ein.

„Ich muss schon sagen“, sagte mein Freund nach dem Essen zu mir, „dass ich deine komischen Gesundheitsgeräte nicht besonders mag.“

„Ich weiß,“ sagte ich.

„Und von jetzt an“, fügte er hinzu, „will ich, dass wir auch Gluten essen.“

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„OK“, sagte ich kleinlaut.

Nach dem Essen massierte mir mein Freund die Schultern. „Zu viel Ernährungskram macht einen verrückt“, sagte er. „Lass uns das Ding wegpacken, ja?“

Er öffnete die Küchenschublade, legte die Happi-Fork hinein, stellte den Schalter auf Aus und machte die Schublade zu.

Wir einigten uns darauf, dass ich sie von jetzt an nie wieder benutzen würde.

Aber ich erzählte ihm nicht von der Furcht, die mich befallen hatte, als ich die Gabel bekam, oder von der endlosen Lust und Trauer, die ich verspürt hatte, als ich bei Dirk Goldfingers Beerdigung in sein schönes totes Gesicht geschaut hatte.

Brillante Gabel! Dachte ich insgeheim. Sie hält die Leute davon ab, zu viel zu essen und fett zu werden! Und weil sie den Leuten sagt, was sie einander nicht sagen können, könnte sie alle Beziehungen retten!

Vor dem Ins-Bett-Gehen saß ich an meinem Computer. Ich ging auf die Website von NU-Tensils. Happi-Fork war ein NU-Tensils-Produkt, erklärte die Website, aber Happi-Fork war genau genommen nicht „NU“, also neu, denn laut anerkannter historischer Quellen gab es die Happi-Fork schon immer. Im 11. Jahrhundert, hieß es auf der Website, war die Happi-Fork ein goldenes Monokel, das von Heinrich X. von Bayern irgendwann in den Tiefen des Atlantiks versenkt wurde, denn immer wenn er es aufsetzte, waren alle um ihn herum hässlich und hatten Warzen.

Während der Ming-Dynastie war die Happi-Fork ein Essstäbchen aus Jade, in dessen „falschem Ende“ ein Spieß versteckt war, mit dem die kaiserlichen Konkubinen sich an ihrem 39. Geburtstag selbst erstachen. Am Hofe Kleopatras war die Happi-Fork eine Sphinx, die um die Pyramiden strich und ausschließlich Männer verschluckte, die zuckende Nasen hatten. Im alten Jerusalem war sie ein Stein in der Klagemauer, der sich in keinster Weise von den anderen Steinen unterschied, aber jeder, der ihn sah, fiel für den Rest seines Lebens Depressionen, Angststörungen und Zwangsneurosen anheim. Anscheinend wurden die Mönche eines tibetischen Klosters, die keine Nahrung zu sich nahmen, sondern sich ernährten, indem sie jeden Nachmittag zwei Stunden lang ihre Münder öffneten und mit ihren Zungen nach Sonnenlicht schleckten, täglich von der Happi-Fork in den Rücken gestochen, die zu dieser Zeit die Form des Horns eines kleinen Rhinozerosses annahm, das von ihnen extra dazu trainiert worden war.

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Ich wurde von Verzweiflung ergriffen und versuchte das Wesen von Gabeln zu verstehen: Sie sind Essutensilien. Sie enthalten keine Kalorien. Sie sind außerdem komplett unnötig, da viele Völker, wie z. B. die Inder, mit den Händen essen. Und doch symbolisieren sie die groteske Transformation jedes Quäntchens an Energie, das ein Mensch konsumieren kann. Sie sind scharf wie Speere, Diamanten, Bleistiftspitzen. Bei Abendmahl aß Jesus mit einer Gabel—und er starb! Liebe, Geld, Begehren, Kalorien, Gefühle, Oxidation, Alter, Tod—passiert das nicht letztendlich alles mittels einer Gabel? Wenn man die Happi-Fork einmal benutzt hatte, wie bekam man sie dann je wieder aus dem Kopf?

Ich schwor mir, dass ich das Ding am nächsten Tag zerstören würde. Für den Moment, erinnerte ich mich, war sie ausgeschaltet und sicher in der Schublade verstaut.

Ich ging ins Bett. Mein Freund wartete schon. Bald machten wir das, was meine Mutter Zeit ihres Lebens nie ausgesprochen hat, aber was mein Vater als „eine Huldigung Gottes“ bezeichnete. Ich mochte unsere Huldigung und ich bemühte mich, mich nicht davon stören zu lassen, dass mein Freund immer alles so schnell machen musste, um nicht kalt zu werden.

Er sagte: „Tut mir leid, dass ich so schnell bin.“

Ich sagte: „Kein Problem.“

Dann flüsterte er mir etwas ins Ohr, das er öfter flüsterte, und das ich eigentlich nicht öffentlich wiederholen sollte, weil ich dann eine sehr schmuddelige Information weitergeben würde, die da lautet: „Siehst du, wie groß und hart du meine Wurst gemacht hast?“

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Als er das das erste Mal sagte, war ich verwirrt, weil wir kein Schweinefleisch essen. Aber dann erklärte er es mir und obwohl seine Wurst eher klein ist, sagte ich: „Ja.“ Ich sagte es sogar mit etwas Begeisterung. Aber an dem Abend, an dem ich die Happi-Fork bekommen hatte, konnte ich es nicht. Ich konnte auch nicht verhindern, dass ich mir einen schrecklichen Moment lang vorstellte, dass Dirk Goldfinger noch lebte und in meiner Praxis saß. Ich wusste, dass er eine große Wurst hatte, weil ich ihm einmal bei einem Muskeltest zwischen die Beine gegriffen hatte, worauf er gesagt hatte: „Hey! Du hast mir zwischen die Beine gefasst!“, und ich sagte: „Nein, habe ich nicht! Ich habe nur geprüft, ob deine Prostata vergrößert ist!“

Und als ich gerade an diesen Moment dachte und währenddessen versuchte, mich nicht an Dirk Goldfinger zu erinnern, ihn zu vergessen und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, sah ich die Happi-Fork. Sie schwebte über meinem Freund in der Luft! „Unmöglich!“, schrie ich. „Du bist in der Schublade!“

„Was?“, fragte mein Freund.

Er hielt inne.

Ich blinzelte.

Da war nichts: Nur die Studiowohnung von meinem Freund, sein Körper und seine weichen rosigen Arschbacken.

„Nichts“, sagte ich.

Mein Freund fing wieder an, das zu machen, war Paare so machen.

Er bewegte sich schnell. Er murmelte Zärtlichkeiten. Ich tat das auch. Er hatte gerade etwas sehr Schmuddeliges gemurmelt: „Ich stecke meinen Schwertfisch jetzt in das Fach“, als er plötzlich zu schreien begann: „AU! AU! AU!“ Er hielt sich das Hinterteil.

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Hier war Happi-Fork, sie schwebte in der Luft hinter ihm, vibrierte und surrte auf und ab! Sie tauchte rasch ab und stieß meinen Freund in sein Hinterteil.

„Happi-Fork!“, rief ich. „Stop!“

„Was zum Teufel?“, sagte mein Freund. „Wie ist sie da bloß rausgekommen?“

Ich dachte mir, dass die Happi-Fork ein Funktion haben musste, die sie automatisch aufwachen lässt.

Ich erklärte es ihm.

Er sagte: „Das ist mir egal. Ich will sie nicht in meiner Wohnung haben! Sie hat mich in den Arsch gestochen!“

Er griff nach der Gabel, aber sie sprang ihm aus der Hand. Ihre Zinken schwebten über seinem Kopf in der Luft. „Schlecht gemacht“, sagte die Happi-Fork. „Gar nicht gut.“

„Weißt du was?“, sagte mein Freund zu mir. „Du bist die, die es schlecht macht. Ich habe keine Lust mehr auf Grünkohl-Smoothies. Ich will eine normale Freundin, die Brot isst!“

Die Happi-Fork sank auf das Bett. Ich stellte sie aus. Meinem Freund lief Blut aus kleinen Löchern in den Po-Backen. „Du solltest jetzt gehen“, sagte er. „Du bist ein schlechtes Mädchen, das gemeine Sachen denkt. Ich höre deine Gedanken, wenn du mich kritisiert, musst du wissen. Dachtest du, ich könnte deine Gedanken nicht hören? Ich weiß, dass du denkst, dass ich dumm bin, weil ich in der Zulassungsprüfung nur auf 780 Punkte gekommen bin. Ich weiß, dass mein Brita-Filter nur 30 Prozent des Chlors und zehn Prozent des Bleis entfernt. Aber mir schmeckt das Wasser gut, ich mag es so! Du bist auch nicht perfekt. Ich finde es vielleicht auch nicht so toll, dass du Henna in den Haaren hast! Außerdem bin ich nicht dumm. Ich weiß, warum du den antibakteriellen Lippenstift mit dir herumträgst. Ich weiß, dass es nicht die Bakterien von den Fingern von Zahnärzten sind, die, wie du behauptest, Lippenherpes verursachen; ich weiß, dass ich den Herpes von dir bekommen habe!“

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Ich fühlte mich schlecht. „Tut mir leid“, sagte ich.

„Dann bin ich halt nicht so perfekt“, fuhr mein Freund fort, „wie dieser Banker, über den du dauern redest, Dirk Goldfinger, der eingelocht worden ist, weil er sich Tipps über die Olestra-Aktien geben lassen hat. Dann kaufe ich halt in billigen Drogerien ein! Verschwinde und nimm diese Gabel mit!“

Ich sammelte meine Sachen zusammen und ging zur Gerald-Desmond-Brücke, wobei ich die ganze Zeit dachte: Hier und Jetzt, und Fork, Fork, Fork. Als ich in der Mitte der Brücke angekommen war, hielt ich das Utensil über das Wasser.

„HALT!“, rief ein Polizist. „Was haben Sie da grad weggeworfen, sie Umweltverschmutzerin!“

„Nichts“, sagte ich. „Bitte entschuldigen Sie! Ich bin nur eine anerkannte Ernährungsberaterin! Ich habe noch nicht mal eine Lizenz! Es war ein Partyscherz!“

Der Polizist musterte mich. Er hatte eine dunkelblaue Uniform mit Goldknöpfen an, ein Doppelkinn und einen kleinen Bauch.

„Ich glaube Ihnen nicht“, sagte er. „Mit Umweltverschmutzern kann man nie vorsichtig genug sein. Sie haben etwas sehr Schlimmes getan. Sehr schlecht.“

„OK, Officer“, sagte ich.

Inzwischen bin ich schon nicht mehr das „Ich“ aus der Geschichte, aber ich bin noch genug ich selbst, um die Geschichte zu erzählen. Es soll genügen zu erwähnen, dass ich die Gabel immer noch sehe, auch wenn sie am Grunde des Meeres liegt. Ich sah oft erst die Vorderseite der Gabel und ihre Rückseite. Jetzt sehe ich fünf Seiten auf einmal. Morgens wache ich mit zerstochenen Händen auf. Der Polizist auch. Wer weiß schon, wer das gewesen ist. Wenn ich doch nur, denke ich oft, von Sonnenlicht leben könnte, wie die tibetischen Mönche; wie leicht wäre es, von einem Rhinozeros gestoßen zu werden! Viele Leute, meine Klienten zum Beispiel, träumen, ich wäre verrückt. Ich träume von der Gabel. Wie es schon in der alten Übertragung von Nostradamus heißt, werden die, die die Happi-Fork erhalten, schon bald den Schatten einer Rose wahrnehmen, und hinter der Rose liegt das Zerreißen des Schleiers. Ich bin nicht mehr dieselbe Person, die die Happi-Fork einst erhielt; ich bin die Freundin eines Polizisten. Ich zähle außerdem Kalorien und benutze eine kleine Waage, um mein Essen zu wiegen. Bald wird die Gabel mein Gesichtsfeld komplett ausfüllen.

Vielleicht finde ich hinter ihren Zinken Gott.

Rebecca Curtis ist die Autorin von Twenty Grand and Other Tales of Love and Money.