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Popkultur

Das Finale von Germany's Next Topmodel und die Bombenverschwörung

Gestern wurde das Finale der Casting-Show nach einem anonymen Drohanruf abgebrochen. Das Netz hat da allerdings eine andere Theorie.
Foto: imago/Revierfoto

Screenshot von prosieben.at

Wer Social Media nicht nur zum Hochladen von Urlaubsfotos und Stalken von Menschen benutzt, an denen man sexuelles Interesse hat, dürfte mittlerweile festgestellt haben: Wo es einen Facebook-Post gibt, gibt es auch eine Verschwörungstheorie. Das Vertrauen der Bevölkerung in die „Lügenpresse" und die Medienlandschaft im Allgemeinen scheint irreparabel beschädigt und als die Übertragung des Finales von Germany's Next Topmodel am gestrigen Donnerstag aufgrund einer Bombendrohung abgebrochen werden musste, war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Internet-Zweifler auf den Plan treten würden.

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Alle Screenshots von der Autorin und (wenn nicht anders angegeben, von Facebook)

Was genau ist passiert? Gegen 21 Uhr soll bei ProSieben ein Drohanruf einer Frau eingegangen sein, nach dem sich in der Mannheimer SAP Arena, in der kurz zuvor das Finale der Modelcastingshow angelaufen ist, eine Bombe befände. Obwohl ein verdächtiger Koffer sichergestellt wurde und Augenzeugen davon berichten, dass ein Mann gegenüber Modelmama Heidi Klum selbst Drohungen ausgesprochen hätte, konnte der Verdacht aber glücklicherweise nicht erhärtet werden. Publikum, Jury und geladene Stargäste wurden kurz nach dem Eingang der Drohung evakuiert (die Promis zuerst), die Live-Übertragung gegen 21.30 Uhr abgebrochen und die Kürung von Deutschlands schönstem Mädchen auf den 28. Mai verschoben.

In einer offiziellen Pressemitteilung der Mannheimer Polizei heißt es, dass bis 3 Uhr morgens des Folgetages das komplette Gebäude mit Sprengstoffhunden durchsucht wurde—ohne Ergebnis. Für eine persönliche Stellungnahme konnten wir im Präsidium leider niemanden erreichen. Auch wenn der Vorfall bereits von mehreren Seiten offiziell bestätigt wurde, gibt es da draußen aber trotzdem Leute, denen an der Geschichte etwas seltsam vorkommt. Denn wer als Verschwörungstheoretiker etwas auf sich hält, nimmt absolut nichts als gegeben hin.

Screenshot: Twitter

Ein verdächtiger Unbekannter mit „Prinz-Eisenherz-Frisur"? Die zuerst etwas fehlleitende Erklärung ProSiebens, nachdem die Übertragung wegen „technischer Probleme" unterbrochen wurde? Wenn es nach investigativen Medienkritikern geht, gibt es einfach zu viele Details, die keinen Sinn ergeben.

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Außerdem: stand die Sendung in letzter Zeit, nach Magersuchts-Vorwürfen und allgemeinen moralischen Bedenken nicht sowieso ständig am Pranger, während die Einschaltquoten parallel stetig sanken? Der Fall schien klar.

Während die mediale Berichterstattung also durch die Decke geht, Twitter-User sich in schlechten Wortwitzen zum Thema Bombe gegenseitig überbieten und die treuen Fans verzweifelt auf einen Nachholtermin für das abgeblasene Finale warten, tut man in der Zentrale des Privatsenders laut den skeptischen Kommentatoren was? Richtig, sich ordentlich einen reinstellen und dem PR-Verantwortlichen auf die Schulter klopfen.

Screenshot: FAZ.net

Ist es also nicht nötig, sich grundlegend die Frage zu stellen, wie man mit Attentatsdrohungen umzugehen hat? Nein, nicht wenn es nach den Bombenverschwörungs-Anhängern geht. Zumindest nicht, wenn man nur Trash-TV produziert. Das ist nämlich selbst Attentätern zu doof.

Screenshot: FAZ.net

Jetzt kann man sich natürlich fragen, wie tief wir als Gesellschaft eigentlich gesunken sind, dass selbst hinter Attentatsdrohungen ganz zynisch ein PR-Gag vermutet wird. Oder wir sehen diese Kommentatoren einfach als das, was sie sind: wirre Verschwörungstheoretiker.

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