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Heulsuse der Woche

Wer hat in dieser Woche am meisten geflennt? Ein Fan des 1.FC Köln, der von Kevin Großkreutz mit einem Döner beworfen wurde, oder die Stadt München, die einen Hundebesitzer wegen Ruhestörung verklagte?

Heulsuse #1: Marco B.

Der Vorfall: Ein Fan des 1.FC Köln wird von Kevin Großkreutz mit einem Döner beworfen.

Die angemessene Reaktion: Sich wehren, vielleicht sich beschweren, die Soße aus dem Gesicht wischen und sich freuen, dass man eine (tolle) Geschichte zu erzählen hat. Wenn man clever ist, den Döner auf eBay versteigern.

Die tatsächliche Reaktion: Er verklagt Großkreutz und heult sich durch sämtliche Boulevardzeitungen.

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Marco ist 34 und kommt aus Salzgitter. Er mag gerne Fußball und ist Fan des 1.FC Köln. Deshalb verbringt er seinen Urlaub auch nicht auf Mallorca, sondern fährt lieber in die Stadt am Rhein, um mit Freunden den Aufstieg seines Lieblingsvereins zu feiern. Zusammen verbringen sie einen ausgelassenen Abend, als plötzlich Kevin Großkreutz, der berühmte Fußballspieler von Borussia Dortmund, um die Ecke biegt, was Marcos (eventuell betrunkene) Freunde dazu verleitet, in laute „Kevin Großkreutz“-Gesänge auszubrechen.

Dann passiert das Unfassbare, Großkreutz, der sich „in seiner Privatsphäre verletzt und gekränkt“ fühlt, bewirft Marco, der doch gar nicht mitgesungen hat, mit einem Döner, der ihm gerade im Beysan Döner mit extra viel scharfer Soße zubereitet wurde. In der Presse behauptet Marco später, dass Großkreutz ihm „gezielt mit großer Wucht den Döner ins Gesicht“ geschleudert und die Soße „höllisch in den Augen“ gebrannt habe.

Mit noch soßenblinden Augen hält er ein Taxi an, das ihn allerdings nicht in die Notaufnahme, sondern direkt aufs nächste Polizeirevier bringen soll. Dort erstattet Marco wegen gefährlicher Körperverletzung Anzeige gegen Großkreutz, da ein fliegender Döner juristisch durchaus als „gefährliches Werkzeug“ eingestuft werden kann.

Großkreutz indessen will von einem böswilligen Angriff nichts wissen, während sein Vereinskollege Julian Schieber bestätigt, dass der berühmte Fußballspieler von Borussia Dortmund bestimmt niemanden habe verletzen wollen. Auch der Taxifahrer, der Marco zum Polizeirevier fuhr, kommt ihm zur Hilfe. Denn im Taxi habe das vermeintlich schwerverletzte Opfer lediglich behauptet, dass ihm Großkreutz mit dem Döner sein schönes FC-Köln-Trikot versaut habe.

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Heulsuse #2: Die Stadt München

Fotomontage, Foto: Josh Pleuger

Der Vorfall: Ein Hund fängt während einer offiziellen Feier für die Kriegstoten in München an zu bellen und hört eine halbe Stunde lang nicht auf damit.

Die angemessene Reaktion: Nichts.

Die tatsächliche Reaktion: Das Stadt München verklagt den Besitzer wegen Ruhestörung.

Am Volkstrauertag letzten Jahres versammelte sich in München eine graue Schar von konservativen Politikern und Bundeswehrsoldaten, um den Toten des Ersten und Zweiten Weltkriegs mit militärischen Ehren und lauter Blasmusik zu gedenken. Ebenfalls anwesend: der Verdi-Gewerkschaftler Christian S. und sein Hund Pico.

Alles verlief militärisch-friedlich, bis die Kapelle der Bundespolizei aufmarschierte und der Hund anfing zu bellen. Er bellte exakt 30 Minuten lang und weigerte sich selbst während der Nationalhymne, damit aufzuhören

Einige der anwesenden Militärfans regte das so auf, dass sie auf Pico und seinen Besitzer losgehen wollten. Ein aufgebrachter Besucher berichtete, der Hund sei „wie eine Maschine“ und aufs Bellen trainiert gewesen. Der Mann von Verdi dagegen behauptet, seinen Hund nicht abgerichtet zu haben. Es handle sich bei Pico vielmehr um einen „politisch aktiven Hund“, der außerdem ein Problem mit Blasmusik habe.

Die Stadt brummte ihm dafür, dass er das Bellen des Hundes nicht stoppte, ein Bußgeld von insgesamt 128,50 Euro auf, wogegen der Besitzer später Beschwerde einreichte. Das Amtsgericht München aber blieb bei seinem Urteil der vorsätzlichen Ruhestörung und wies die Beschwerde am vergangenen Dienstag ab. Der Verdi-Mann plant weiter, gegen die Verurteilung vorzugehen. Seinem Hund—der übrigens während der Verhandlung draußen vor dem Gerichtssaal warten musste—dürfte das Ganze ziemlich egal sein. Ebenso wie den betrauerten Toten, die weder durch das laute Geblase der Polizeikapelle noch durch das Kläffen des Hundes wieder zum Leben erwacht sind.

Wer ist die größere Heulsuse?

Letzte Woche: Die Abgeordneten des europäischen Parlaments starten wegen ein paar Cent eine Salatrevolution und ein 14-jähriger Computer-Nerd rastet völlig aus und greift seine Eltern an.

Der Gewinner: Die Abgeordneten des europäischen Parlaments!