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Heulsuse der Woche

Der Pegida-Initiator Lutz Bachmann will das Satiremagazin Titanic verklagen und Matthias Sammer unterdrückt Bayern-Spieler.
Foto: VICE Media

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertig werden.

Heulsuse #1: Pegida-Initiator Lutz Bachmann

Der Vorfall: Das Satiremagazin Titanic veröffentlicht einen vermeintlichen Gastbeitrag von Lutz Bachmann.

Die angemessene Reaktion: Er steht zu seiner neuentflammten Leidenschaft für Satire und tut nichts.

Die tatsächliche Reaktion: Er wittert Rufmord und will das Magazin verklagen.

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Der Anschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo erschütterte die Welt und brachte einmal mehr die Frage nach der wirklichen Dimension der Pressefreiheit und wie konsequent man dafür einstehen sollte, auf. Richtig gut ins Konzept passte der tragische Vorfall dann auch den Pegida-Demonstranten, die sich „endlich" in ihrem Kampf gegen die Islamisierung des Abendlandes bestätigt sahen. Schließlich hatte sich die Terrororganisation al-Qaida zu den Morden bekannt und die sind bekanntermaßen islamistisch.

Vorbei mit dem Hochleben der Satire scheint es beim besorgten Volk allerdings dann zu sein, wenn sich die Witze gegen einen selbst richten. Unter dem Titel „Bitte keine Vorurteile" veröffentlichte die Titanic diese Woche einen vermeintlichen Gastkommentar von Pegida-Initiator Lutz Bachmann, in dem er sich zu dem Tod eines Asylbewerbers in Dresden äußerte, der unter anderem auch mit den Islamismus- und Zuwanderungs-Gegnern vor Ort in Verbindung gebracht wurde. Darin heißt es unter anderem: „Wissen Sie, liebe Mitdeutsche, was eine anständige Beerdigung kostet? Gut 8000 D-Mark. Kein besorgter Europäer kann es im Sinn haben, den deutschen Steuerzahler durch den Mord an einem mittellosen Bittsteller mit einer derartigen Summe zu belasten." Der kurze Artikel schließt mit den Worten „Heil Hitler und einen schönen Tag."

Ein absolutes Unding für Lutz Bachmann. Auf Facebook äußerte der 42-Jährige, dass dieser Beitrag mit Satire „nix mehr zu tun" habe und fügte hinzu: „Das ist klar Rufmord und ich werde es definitiv unseren Anwälten übergeben!" Man darf gespannt sein, welchen Einfluss diese Entwicklung auf die Pegida-Schlachtrufe der kommenden Wochen hat. Zumindest die Solidaritätsplakate für die Pressefreiheit von Satiremagazinen dürften bis Montag übermalt sein.

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Heulsuse #2: Matthias Sammer

Der Vorfall: Robert Lewandowski wählt Cristiano Ronaldo zum Weltfußballer, nicht seinen Bayern-Kollegen Manuel Neuer.

Die angemessene Reaktion: Die Entscheidung akzeptieren.

Die tatsächliche Reaktion: Den Spieler zu einer Entschuldigung zwingen.

Alle Jahre wieder wird von der FIFA der Ballon d'Or, der Preis für den Weltfußballer (und -trainer) des Jahres, vergeben. Wahlberechtigt sind dabei die Nationaltrainer und Nationalmannschaftskapitäne der verschiedenen Länder. Einmal mehr durfte Cristiano Ronaldo diese Trophäe in Empfang nehmen, was auf gemischte Reaktionen, insbesondere unter deutschen Fans, stieß. Schließlich spielte der portugiesische Kapitän eine eher enttäuschende WM, während sein Mitbewerber Manuel Neuer in den Augen vieler endgültig zum Fußballgott mutierte.

Neuer wiederum ist nicht nur Stammtorhüter bei der deutschen Nationalmannschaft, sondern auch beim FC Bayern. Dem Verein, bei dem Matthias Sammer—früher selbst Profi-Fußballer, dann Trainer beim VfB Stuttgart und Borussia Dortmund, dann im Vorstand des DFB—mittlerweile als Sportdirektor tätig ist. Es ist unklar, ob es vor der Wahl eine Art Ansage an alle wahlberechtigten Spieler im Bayern-Kader gab, dass die einzig richtige Wahl Neuer zu sein hat. Auch ist unklar, warum sich überhaupt noch irgendjemand traut, etwas zu tun, was Wutanfall-Sammer gegen den Strich gehen könnte. Fakt ist: Robert Lewandowski hat seine Stimme für Cristiano Ronaldo abgegeben. Und Matthias Sammer ist not amused.

„Wir haben darüber gesprochen", sagte der 47-Jährige und weil dieses Gespräch anscheinend sehr intensiv war, sah Lewandowski seinen Fehler schließlich ein: „Er hat es ja auch öffentlich schon korrigiert, dass er Manuel als Nummer eins sieht. Dementsprechend ist das auch OK." Ganz so OK scheint es dann aber doch nicht gewesen zu sein, mittlerweile meldete sich der Stürmer nämlich per Twitter zu Wort und äußerte in seiner Muttersprache polnisch: „Ich bin mir bewusst, wen ich gewählt habe. Und dafür werde ich mich nicht entschuldigen!" Man darf gespannt sein, ob Sammer schon die Streckbank aus dem Vereinskeller geholt hat, 11Freunde macht sich auf jeden Fall schon über seine allgemeine Missmutigkeit lustig und hat einen „Matthias-Sammer-Hass-Kalender" veröffentlicht.

Letzte Woche: Hessische Richter wollen ihre Teebeutel nicht selbst entsorgen und der Hauptverantwortliche der Tagesschau „entschuldigt" sich für eine sexistische Kamerafahrt.

Der Gewinner: die faulen Teebeutel-Richter!