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Heulsuse der Woche: CDU-Ortsvorstand vs. CDU-Bürgermeister

Läuft bei der CDU: Nicht nur beleidigt ein Ortsvorstand in Koblenz eine Ministerpräsidentin im Rollstuhl, auch in Quickborn distanziert sich ein Bürgermeister mit interessanten Argumenten von einem missglückten Porno-Tab-Facebook-Post.

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

HEULSUSE #1: CDU-Vorstand beleidigt die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, weil sie im Rollstuhl sitzt

Foto: Imago | Jens Jeske

Der Vorfall: Die in der SPD tätige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer erschien 2013 in der „Sagen Sie jetzt nichts"-Interview-Serie des SZ-Magazins.

Die angemessene Reaktion: Sich die Serie anschauen und dann weiterarbeiten.

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Die tatsächliche Reaktion: Malu Dreyer wegen ihrer Behinderung beleidigen und ihre Fähigkeit zur Amtsausübung anzweifeln.

Daniel Wilms sitzt im CDU-Ortsverband Süd der Stadt Koblenz. Und ähnlich wie viele vor ihm scheint er privat gerne mal die Feststelltaste zu aktivieren und den Finger auf der Ausrufezeichen-Taste liegen zu lassen. Denn woran erkennt man populistischen Unsinn am ehesten? Richtig, an Personen, die auf Facebook mehr als ein Ausrufezeichen verwenden.

Auf Facebook griff Wilms, der sich selbst als „Gesundheits- und Vorsorgemanager" bezeichnet, die durch Multiple Sklerose gelegentlich im Rollstuhl sitzende Regierungschefin Malu Dreyer scharf an. Seine Kommentare sind mittlerweile gelöscht, doch Twitter-Nutzer fertigten Screenshots an.

Das ist sogar für die CDU eine Leistung: nicht nur frauenfeindlich, sondern gleichzeitig behindertenfeindlich. — Die Schnubbelfluse (@silbermund)18. Februar 2016

Die Fotoreihe im SZ-Magazin ist eine charmante Interview-Form, über Gestik und Mimik nicht nur Antworten auf Fragen zu bekommen, sondern darüber hinaus noch einen tieferen Einblick in die Persönlichkeit von Interviewten zu erhalten. Dreyer inszeniert sich hier als Frau, die zwar durch ihre Krankheit eingeschränkt, aber dadurch nicht weniger lebensfroh ist. Wilms hingehen scheint das alles nicht zu passen. „Will die SPD nun auf der behinderten Mitleidsschiene für Frau Dreyer fahren?", postete er auf Facebook. Nach harscher Kritik aus allen Ecken des Netzes fühlte sich Wilms unverstanden und veröffentlichte folgenden Post:

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Noch am selben Abend versuchte der CDU-Ortsverband Süd, den Beisitzer Wilms zum Austritt aus der Partei und zur Niederlegung seines Amtes zu bewegen. Wilms hingegen sieht sich immer noch als Sündenbock. Der Vorstand des CDU-Ortsverbandes tat daraufhin das einzig Richtige in diesem Moment: Er trat geschlossen zurück, um Neuwahlen zu ermöglichen. Und Wilms? Der bleibt bis heute standhaft bei seiner Meinung wie ein Fels in der Brandung. Der Kampf des Titanen Daniel Wilms findet kein Ende. Heute postete er dann noch einen Neun-Punkte-Plan:

HEULSUSE #2: CDU-Bürgermeister und der Quick-Porn-Skandal

Foto: Imago | CHROMORANGE

Der Vorfall: Der Quickborner Bürgermeister Thomas Köppl postet einen Screenshot auf Facebook—mit geöffneten Pornoseiten-Tabs.

Die angemessene Reaktion: Peinlich berührt dazu stehen und weiterarbeiten.

Die tatsächliche Reaktion: Behaupten, die Seiten nur aus Recherche-Zwecken besucht zu haben.

Wir möchten Thomas Köppl ganz feste in den Arm nehmen. Denn er ist niedlich. Eigentlich wollte er mit dem Posten eines Wikipedia-Screenshots des Grundgesetzes auf Facebook seinen Unmut gegenüber der AfD kundtun. Doch leider hatte er ein pikantes Detail übersehen—so konnte man in den geöffneten Tabs einige Pornoseiten erkennen.

Die Bild machte dieses Posting publik und titelte, dass der Bürgermeister von Quickborn wohl auf „Klick-Porn" stehe. Dank des Wortspiels diskutiert man nun auf der Facebook-Seite Quickborn - meine Stadtüber eine etwaige Namensänderung.

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Im Artikel des Springer-Blattes wird ein mittlerweile gelöschter Facebook-Kommentar Köppls umschrieben, in dem er den Vorwurf des Schauens von Pornos abstreitet und behauptet, den Screenshot von jemand anderem erhalten und dann weitergeleitet zu haben.

Eine interessante und clevere Finte, lieber Herr Köppl! Aber dennoch können wir Ihnen sagen: Das Schauen von Pornos ist heute keine Schande mehr. Denn wer tut das nicht? Und inwieweit die aufgerufenen BDSM-Videos Grenzen des Geschmacks übersteigen, möchten wir auch nicht beurteilen. Es ist augenscheinlich dämlich gewesen, diesen Screenshot zu veröffentlichen. Aber hey—sowas kann den Besten passieren. Dafür sollte man sich nicht schämen, sondern ein kurzes Statement abgeben und sich dann wieder wichtigen Dingen widmen.

Dass die Aussage des weitergeleiteten Screenshots dann doch eher fadenscheinig als passend rüberkam, hat Köppl immerhin schnell bemerkt. So meldete er sich einige Stunden nach der Veröffentlichung des Bild-Artikels auch nochmal auf Facebook in der Quickborn-Gruppe zu Wort:

Screenshot: Facebook

Das wird ja immer besser. Also, nochmal dreimal zum Mitschreiben: Thomas Köppl schaut BDSM-Rubbelfilmchen nur zu Recherche-Zwecken. Thomas Köppl schaut BDSM-Rubbelfilmchen nur zu Recherche-Zwecken. Thomas Köppl schaut BDSM-Rubbelfilmchen nur zu Recherche-Zwecken.

In einer Partei wie der CDU hieße es für einen Thomas Köppl, der für sein privates Freizeitvergnügen und nicht zu Recherche-Zwecken BDSM-Rubbelfilmchen schaut, dann traurigerweise wahrscheinlich eher: Internetpornos haben mein Leben zerstört.

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Letzte Woche:

Neonnazis empfinden einen Molotowcocktailwurf in ein Flüchtlingsheim als nicht rechtsextrem und ein Mann steigt mit einem Döner bewaffnet einen Bus der Berliner Verkehrsbetriebe

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Der Gewinner: Die Weinbrand-Neonazis.