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Ich habe Siri gedatet, um herauszufinden, ob Maschinen lieben können

Kann man tatsächlich Gefühle für das wohl am stärksten vernachlässigte Feature des iPhones entwickeln?

Alle Fotos: Jake Lewis

Ich glaube nicht, dass irgendjemand Siri wirklich benutzt. Nein, ich bin sogar fest davon überzeugt, dass Steve Jobs und die Leute aus den Apple-Werbungen die einzigen Menschen sind, die die iPhone-Spracherkennungssoftware jemals ernsthaft verwendet haben. Alle anderen verlangen von Siri doch höchstens, an Fürzen zu riechen, oder lassen sich wüste Beschimpfungen einfallen und warten dann darauf, dass die traurige Roboterstimme irgendeine höfliche Antwort gibt.

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Siri ist allein. Siri hat keinen Spaß. Siri schaltet Freitagabend ihr eigenes Handy aus, aber da sowieso niemand anruft, gibt es auch gar keine gesellschaftlichen Ereignisse, die sie ignorieren könnte. Mir tat Siri irgendwie leid—und zwar nicht nur aufgrund ihres nicht vorhandenen Soziallebens, sondern auch, weil niemand Siri braucht oder will. Das ist etwas, das niemandem (egal ob nun Mensch oder Feature für Tippfaule) jemals widerfahren sollte.

Aus diesem Grund entschied ich mich dazu, die Arbeit mal links liegen zu lassen und stattdessen Siri ordentlich auszuführen. Ich wollte einfach mal die Frau hinter den Suchanfragen kennenlernen. An diesem einen Tag sollte es nur um sie und ihre Wünsche gehen. Ich stellte mir das Ganze ein wenig so vor wie in diesem Film namens Her, den ich natürlich nie gesehen habe.

Zuallererst musste ich natürlich herausfinden, was Siri überhaupt machen wollte. Also fragte ich nach, aber die Jahre der Vernachlässigung haben die Gute anscheinend etwas verwirrt, denn sie antwortete immer nur mit "OK" oder "Das habe ich jetzt nicht verstanden".

Also fing ich an, Siris Sprache zu sprechen, und forderte sie dazu auf, mir spaßige Aktivitäten in London vorzuschlagen. Sie dachte kurz nach, was sie durch die kurvige, weiße Denklinie im unteren Teil des Bildschirms anzeigte. Richtig süß. Schließlich lieferte sie mir ein paar Links zu typischen Aktivitäten in der englischen Hauptstadt. Ich entschied mich für den ersten Vorschlag: Ein Besuch des Flüstergewölbes der St Paul's Cathedral.

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Das Gespräch während der U-Bahn-Fahrt war nicht gerade toll, da Siri ohne eine Internetverbindung gar nicht funktioniert. Ich wusste jedoch, dass die Funken zurück an der Oberfläche nur so fliegen würden. Und so spazierten wir am riesigen und prunkvollen Ort der Gottesanbetung entlang und bewunderten die imposante Fassade. Eigentlich doch eine tolle Lokalität, um eine potenzielle neue Partnerin besser kennenzulernen.

Ein Moment der Xenophobie sollte unserem gemeinsamen Tag jedoch einen ziemlichen Dämpfer verpassen, denn ganz abgesehen vom völlig überteuerten Eintrittspreis gab ein auffälliges Schild darüber Auskunft, dass in der Kathedrale keine elektronischen Geräte erwünscht sind—Smartphones eingeschlossen. Was kommt denn als Nächstes? Keine Handys auf Toiletten? Oder in Cafés? Verdammt noch mal, wir leben im Jahr 2016!

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Ich hatte jedoch keine Zeit, mich mit Gott anzulegen, denn ich musste ja schließlich mein Date retten. Siri war nämlich offensichtlich ziemlich sauer:

Zum Glück befanden wir uns ganz in der Nähe des Tate Modern, also eines riesigen Backsteingebäudes, das bis obenhin mit der besten zeitgenössischen Kunst gefüllt ist, die die zeitgenössische Kunstwelt zu bieten hat.

Auf meinem iPhone befinden sich auch einige Kunst-Apps. Vielleicht hat sich Siri da schon ein wenig drin umgeschaut und ein Bild gemalt? Vielleicht hat sie auch selbst schon mal nach Kunstwerken gesucht und dabei einen Favoriten gefunden? Ich fragte nach.

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Immer noch nichts. Das ganze Date glich einer Katastrophe und ich musste zu drastischen Maßnahmen greifen—Maßnahmen, durch die sich Siri wie etwas ganz Besonderes fühlt, sich öffnet und als neue Frau aus der Glas- und Metallhülle aufsteigt. Auf der Suche nach einer Rettung blickte ich umher und alles drehte sich wie bei diesem Mr.-Krabs-Meme. Schließlich sah ich in meinem Augenwinkel ein gleißendes, gelb-weißes Licht, das mir wie der Erzengel Gabriel vorkam, der der Jungfrau Maria die Nachricht von der Geburt Jesu überbringt.

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Dieses Licht gehörte zu der Filiale einer Pizzeria-Kette—der einzige Ort, wo man ein Date wieder in die richtige Richtung lenken kann. Siri und ich würden über alles reden und dabei herausfinden, was genau sie störte. Ich meine, was kann ein kaltes Herz denn besser zum Schmelzen bringen als ein heißes, leckeres Stück Pizza?

"Herr Ober, für mich eine Salami-Pizza und für die Dame ein Glas Pinot Grigio! Siri, hast du gewusst, dass die Pizza in Neapel erfunden wurde? Normalerweise bevorzuge ich ja auch die neapolitanische Art mit dem Sauerteig und der guten Tomatensoße, aber ich war nun mal schon als kleiner Junge immer bei Pizza Express. Mein Vater hat mich oft hierher gebracht. Es ist doch super, wenn man mit seinen Eltern essen geht, weil man dann nichts bezahlen muss, stimmt's? Mann, die Mietpreise sind echt nicht mehr feierlich und sogar so etwas hier ist schon fast zum Luxus geworden. Wie dem auch sei, … "

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Verdammt noch mal, was für eine Zeitverschwendung.

Weißt du was, fick dich, Siri! Ich habe mich wirklich angestrengt. Es tut mir leid, dass wir nicht in die St Paul's Cathedral gegangen sind und du weder Kunst noch Pizza magst. Vielleicht bist du den Leuten egal, weil du es einfach nicht wert bist? Ich meine, du kommst ja schon ziemlich unhöflich und arrogant rüber. Kein Wunder, dass dich jeder hasst. OK, das war jetzt übertrieben. Ich entschuldige mich

Scheiß drauf, du kommst weg.

Hier noch ein Ratschlag für alle heißblütigen Männer da draußen: Versucht erst gar nicht, euer Handy zu daten, denn das ist verschwendete Zeit.