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Cop Watch

In Bayern schoss ein Polizist einem unbewaffneten Cannabis-Dealer in den Kopf

Und zwar „aus Versehen“. Warum der Beamte überhaupt auf den Flüchtenden schoss, kann niemand erklären.

Illustration mit Fotos P7 (Unbekannt | Wikimedia | CC BY-SA 3.0) und Spice (Schorle | WikimediaCC BY-SA 3.0)

Letzten Freitag hat ein bayerischer Zivilfahnder in Burghausen einen flüchtenden Cannabisdealer durch einen Kopfschuss getötet. Laut Aussage des Polizisten habe er eigentlich nur auf die Beine des Flüchtenden gezielt, der Schuss traf den 33-jährigen aber am Hinterkopf. Der Getroffene starb noch am Einsatzort, gegen den Beamten wird jetzt wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.

Das sind die Fakten, die man der ersten Polizeimeldung zu dem Vorfall entnehmen konnte. Anscheinend waren der Zivilfahnder und ein Kollege losgezogen, um den per Haftbefehl gesuchten Mann zu verhaften. Weil der sich aber nicht verhaften lassen wollte, sondern lieber das Weite suchte, hielten die Polizisten es für angebracht, erstmal einen Warnschuss abzugeben. Laut einer Augenzeugin hatte der Flüchtende zu keinem Zeitpunkt versucht, die Beamten anzugreifen. Warum sie es notwendig fanden, „im Hinterhof [eines] Wohnblocks“ einen Warnschuss auf einen Weed-Dealer abzufeuern, wird in der Mitteilung nicht erklärt. Aber selbst der Sprecher des LKA findet schon diese Entscheidung fragwürdig, die Bild deutet sogar an, zu dem Zeitpunkt hätten Kinder in dem Hof gespielt.

Überraschenderweise hat der Flüchtende auf den Schuss dann auch reagiert, indem er wahrscheinlich noch schneller flüchtete—worauf der Fahnder sich also daran machte, ihm beherzt das Bein zu zerschießen. Dass er ihm dann „aus Versehen“ in den Kopf schoss, ist nicht absolut unmöglich. In den Filmen mag das leicht aussehen, aber im echten Leben ist es ohne konstantes Training tatsächlich schwierig, mit einer Pistole zuverlässig zu treffen (obwohl man sich bei einer Entfernung von 5 Metern schon ziemlich, ziemlich dumm anstellen muss). Genau deshalb ist ja so unverständlich, warum der Polizist es für eine gute Idee hielt, seine Schießkünste an einem wegsprintenden Kleinkriminellen auszuprobieren.

Die Süddeutsche berichtet außerdem, dass die beiden Beamten nach der Tat nicht daran dachten, dem Getroffenen Erste Hilfe zu leisten. Aus Protest gegen die Erschießung des Mannes hielten an die 50 Verwandte, Freunde und Nachbarn am nächsten Abend eine Demonstration gegen Polizeigewalt ab—die von ungefähr doppelt so vielen Polizisten bewacht wurde.

Ihr habt schlechte und/oder interessante Erfahrungen mit der Polizei gemacht? Schreibt eine Mail an hanna.herbst@vice.com.