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Die komischsten Jobs, die Gefängnisinsassen in den USA erledigen müssen

Die Palette reicht dabei von Feuerwehrmännern über Rodeo-Clowns bis hin zu Welpentrainern.
Foto: Bureau of Land Management Oregon and Washington | Flickr | CC BY 2.0

Vergangenen Monat entwischte ein 16-jähriger Häftling, der im US-Bundesstaat Washington zur Arbeit in einem Jugend-Feuerwehrcamp eingeteilt worden war, in die Wildnis, nachdem er eine Wache unerwartet niedergeschlagen hatte. Als die Behörden den Jugendlichen acht Stunden später wieder ausfindig gemacht hatten, zog der einen geladenen Revolver aus der Tasche (die Waffe hatte er vorher aus einem Fahrzeug gestohlen) und schoss sich damit in den Kopf.

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Es ist dabei kein Novum, Gefängnisinsassen zur Feuerbekämpfung einzusetzen—vor allem nicht in Kalifornien, wo ungefähr 30 Prozent der Brandschutzeinheiten aus verurteilten Verbrechern bestehen. Ein Sprecher des Washington Departments of Corrections gab diese Woche bekannt, dass derzeit ungefähr 280 erwachsene Häftlinge vom Department of Natural Resources (DNR) angestellt werden. Deren Aufgaben? Wälder roden, in der Küche der Feuerwache arbeiten und weitere Aufgaben zur Brandbekämpfung erledigen. Aber selbst die Insassen, die den Wildbränden direkt gegenüber stehen, verdienen nur zwischen 0,70 und 1,60 Dollar pro Tag.

Der Teenager aus Washington ist durch die Schusswunde zwar nicht gestorben, aber wegen ihm wurde das Brandbekämpfungsprogramm vom Naselle Youth Camp vorübergehend ausgesetzt, während die Behörden die nun schon seit Jahrzehnten bestehende Partnerschaft zwischen der Haftanstalt und dem DNR überdenken. Die Regierung von Washington behauptet aber trotzdem weiterhin, dass die Häftlinge—die übrigens Zugang zu Werkzeugen wie Schaufeln und Kettensägen haben—streng überwacht werden und dass das Programm den verurteilten Verbrechern beim Aufbau der Fähigkeiten hilft, die sie nach ihrer Rückkehr in die Gesellschaft brauchen.

Und trotzdem hat der fehlgeschlagene Fluchtversuch Zweifel an dem Programm (und an den Dutzenden ähnlich gestalteten Kollaborationen in den ganzen USA) aufkommen lassen. Die Menschen, die sich für Gefängnisinsassen einsetzen, sind der Meinung, dass einige dieser Projekte die Teilnehmer ausnutzen und mit Sklavenarbeit gleichzusetzen sind.

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„Zwar behaupten die Gefängnisbehörden oft, dass den Insassen ‚Fähigkeiten' wie das pünktliche Erscheinen bei der Arbeit beigebracht werden, aber gleichzeitig droht man ihnen auch disziplinarische Maßnahmen an, wenn sie nicht arbeiten", meinte Alex Friedmann, der Redaktionsleiter der Häftlingsrechtsgruppe Prison Legal News, gegenüber VICE News. „In der heutigen Zeit werden bei der Jobsuche so viel mehr Fertigkeiten gefordert—vor allem von den Leuten, die einen kriminellen Hintergrund haben. Also alle Ex-Häftlinge."

Wir haben das alles zum Anlass genommen, um uns einige der etwas außergewöhnlicheren oder kontroverseren Arbeitsprogramme der US-Gefängnisse mal etwas genauer anzuschauen.

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Die Arbeit in Zahnlaboren

In Floridas Union Correctional Institution bekommen die Häftlinge ungefähr 50 Cent die Stunde und fertigen dafür im Zahnlabor der Prison Rehabilitative Industries and Diversified Enterprises Inc. (PRIDE) Kronen, Brücken und künstliche Gebisse an. Falls die Produkte auch außerhalb des US-Bundesstaats verkauft werden, steigt das Gehalt auf 8 bis 13 Dollar die Stunde an. Dem Jahresbericht von 2014 zufolge bildet PRIDE jedes Jahr gut 4.000 Gefängnisinsassen aus.

Das Training von Welpen und Pferden

Colorado Correctional Industries (CCI) unterhält ein Programm für Gefängnisinsassen, bei dem sie in Canyon City wilde Mustangs trainieren können. Die dressierten Pferde werden anschließend weiterverkauft. Das sogenannte „Wild Horse Inmate Program", das in Zusammenarbeit mit dem Bureau of Land Management betrieben wird, wurde 1986 ins Leben gerufen. Seitdem haben die Häftlinge mindestens schon 5.000 Pferde trainiert. Mit dem „Prison Trained Dog Program" schlägt CCI in eine ähnliche Kerbe: Dabei bilden Welpen und Insassen ein Team, um die Tiere für eine Reihe an verschiedenen Aufgaben auszubilden. Einige der Hunde werden später sogar mal Polizeihunde.

Die Produktion von Militär- und Polizeiausrüstung

UNICOR, so der Handelsname der amerikanischen Gefängnisindustrie, stellt Häftlinge in der Produktion von hochtechnischer Ausrüstung an, die dann zum Teil auch von Soldaten und Polizisten verwendet wird. Diese Ausrüstung beinhaltet Dinge wie Stichschutzwesten, Waffenkoffer, Einsatzgürtel, Schießscheiben und lebensechte Sets zum taktischen Training, mit denen dann die Dörfer oder Terrains nachgebaut werden, in die die Soldaten im Kampf geschickt werden. Bei UNICOR handelt es sich um ein halböffentliches, kommerzielles Unternehmen, das von der amerikanischen Gefängnisbehörde geleitet wird. Es verschafft den Insassen auch noch andere Jobs—so warten sie zum Beispiel elektrische Geräte, sind im Wäschedienst eingeteilt, arbeiten in der Bau- und Landwirtschaftsindustrie oder stellen „Achtung! Rutschgefahr!"-Schilder her.

Die Produktion von Büchern in Blindenschrift

Das National Prison Braille Network bildet Gefängnisinsassen in der Produktion von Blindenschrift-Büchern aus—dabei kann es sich sowohl um Lehrbücher als auch um Notenheft oder Romane handeln. Das Programm umfasst dabei den kompletten Herstellungsprozess, von der Transkriptionsphase bis hin zum Verpacken der Bücher.

Die Arbeit im Call-Center

Jeder kennt es doch, wenn man eigentlich nicht gestört werden will, und dann irgendein nerviger Telefonberater anruft. Dabei kann es sich in den USA aber auch um einen Gefängnisinsassen handeln—vor allem dann, wenn das Unternehmen der Regierung unterstellt ist. Die weiblichen Häftlinge von New Yorks Bedford Hills Correctional Facility beantworten zum Beispiel die Anrufe, die bei der US-Kraftfahrzeugsbehörde eingehen. Und dann gibt es da noch das Marketing-Unternehmen Televerde, das die Insassen der Staatsgefängnisse von Arizona damit beauftragt, für namhafte Kunden wie etwa Microsoft Anrufe zu tätigen. Es besteht allerdings kein Grund zur Sorge: Die Behörden versichern, dass alle persönlichen Informationen gut geschützt sind und die Häftlinge keinen Zugang zu Computern mit personenbezogenen Daten haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass man in Zukunft Besuch von einem angepissten Verbrecher bekommt, weil man beim letzten Werbeanruf einfach so aufgelegt hat, ist also ziemlich gering.

Die Anstellung als Rodeo-Clown oder Baumwollpflücker

Im Louisiana State Penitentiary sind nicht nur einige der brutalsten Verbrecher des US-Bundesstaats inhaftiert, dort wird auch einmal in Jahr ein Rodeo veranstaltet. Die Insassen spielen dabei Cowboys oder Rodeo-Clowns und verkaufen die Kunstwerke und Basteleien, die sie das Jahr über angefertigt haben. Der gesamte Erlös des Verkaufs wird dann Berichten zufolge an den Louisiana State Penitentiary Inmate Welfare Fund gespendet—ein Programm, das die Häftlinge mit Bildung und Freizeitbeschäftigungen versorgt.

Die Haftanstalt ist aber auch für ein kontroverses Landwirtschaftsprogramm bekannt, das auf gut 70 Quadratkilometern an ehemaligem Sklavenplantagen-Land abgehalten wird. Dort können die Häftlinge Mais, Sojabohnen und Baumwolle anpflanzen und anschließend ernten. Gefangenenrechtsgruppen haben sich im Namen der Insassen (die zu 75 Prozent schwarz sind) gegen dieses Programm ausgesprochen, denn die Teilnehmer müssen dabei unter extrem körperschädigenden Bedingungen arbeiten, während sie von bewaffneten und berittenen Wachen beaufsichtigt werden. Die Aktivisten haben auch Klagen gegen diverse Gefängnisse in den US-Bundesstaaten Louisiana, Arizona, Georgia, Wisconsin, Illinois und Delaware eingereicht, die die Insassen während der Arbeit extremen Hitzebedingungen aussetzen.

Tess Owen von VICE News hat ebenfalls zu diesem Artikel beigetragen.


Titelbild: Bureau of Land Management Oregon and Washington | Flickr | CC BY 2.0