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Für die internationale Presse ist Österreich der nächste potenzielle Asyl-Hardliner

Völlig egal, ob die österreichische Innenministerin von einem Zaun oder der Bundeskanzler von einer „Tür mit Seitenteilen" spricht.
Collage: VICE Media

Am Mittwoch hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verkündet, dass es an der slowenischen Grenze bald zu „technischen Sicherungen" kommen werde, bei denen es „natürlich auch um einen Zaun" geht.

Werner Faymann war mit dieser Formulierung der Festung Europa-Anhängerin nicht sonderlich zufrieden und bezeichnete das bauliche Vorhaben, das lediglich zur kontrollierten Abwicklung der aktuellen Situation an der Grenze und nicht zum Aufhalten und „Aussperren" der Flüchtlinge dienen soll, als „Türl mit Seitenteilen"—ein Zaun wie in Ungarn solle laut dem Bundeskanzler jedoch nicht gebaut werden.

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Aber nicht nur unsere Politiker haben sich ein paar Gedanken zu den geplanten baulichen Maßnahmen gemacht—wie auch immer diese Maßnahmen dann aussehen mögen. Auch internationale Medien nehmen das Thema sehr ernst—im Gegensatz zu Faymanns Bemühungen, vom Begriff „Zaun" wegzukommen („Wer von einem Zaun spricht, sitzt am falschen Dampfer!").

Die BBC beispielsweise titelt mit „Austria plans Slovenia Border Fence" und spricht davon, dass Österreich—eines der zentralen Länder in der Flüchtlingskrise—gerade dabei sei, „seinen Ton im Umgang mit den Flüchtlingen zu verschärfen". So sollen die Flüchtlinge abgeschreckt und die „Asylkritiker" im Land beschwichtigt werden, heißt es auf BBC weiter.

Auch die Daily Mail berichtet lediglich darüber, dass Österreich plant, einen Grenzzaun zu Slovenien zu errichten und fragt sich beziehungsweise uns nicht ganz unrhetorisch: „The End of Schengen?"

Auch bei der New York Times sieht es ähnlich aus. Es wird berichtet, dass sich Österreich in die Liste derjenigen Länder einreiht, die ihre politische Position auf Abschottung stellen und die Grenzen dichtmachen. Die angestrebten baulichen Maßnahmen seien ein „major shift" für Österreich, da sich das Land bis zur Intensivierung der Flüchtlingskrise als Verfechter von offenen EU-Innengrenzen gezeigt und die Errichtung des Grenzzaunes in Ungarn mit am lautesten kritisiert hat.

Das Signal, das Österreich mit der Ankündigung der Maßnahmen an andere Länder, die gerade mit der Bewältigung von Zehntausenden hilfesuchenden Menschen kämpfen, sendet, ist laut der New York Times ein besonders heikles. Das Traditionsblatt warnt, dass genau diese Symbolik zu einer Kettenreaktion in anderen von der Flüchtlingskrise stark betroffenen Ländern führen könnte.

Die französische Tageszeitung Le Monde spricht von einer „barrière" um die von Mikl-Leitner angestrebte Festung Europa, was sich sowohl mit „Zaun" als auch etwas schwammiger mit „Hindernis" oder „Schwelle" übersetzen lässt—eine Doppeldeutigkeit in der französischen Sprache, die sich Faymann wahrscheinlich genau in diesem Moment auch im Deutschen wünschen würde.

Generell scheint es, als würden die Versuche von Werner Faymann, Mikl-Leitners harte Äußerungen durch absurde Wort-Konstruktionen ein bisschen abzuschwächen, bei ausländischen Medien nur wenig Anklang finden. Ist einmal das Wort „Zaun" ausgesprochen, bleibt es offenbar auch bei einem Zaun. Mikl-Leitner steigt in der internationalen Medienberichterstattung durch die Bank als die Hardlinerin aus, die nun vom Bundeskanzler, der sich selbst lieber vage ausdrückt, gezügelt werden muss.

Ähnlich wie Mikl-Leitner ergeht es auch Österreich als Ganzem. In den Augen großer ausländischer Medien sind wir diejenigen, die es sich richten, wie es ihnen passt. Erst kritisieren wir die Errichtung des Zaunes in Ungarn und wenn es ernst wird, wollen wir plötzlich selbst einen bauen. Nur um dann einen halben Tag später, nachdem die Wogen ziemlich hoch gegangen sind, klarzustellen, dass wir es eigentlich nicht so gemeint haben. Manche mögen diese Vorgehensweise als diplomatisch, staatsmännisch und notwendig ansehen—einige der größten internationalen Medien finden sie vor allem ziemlich opportunistisch.

Verena auf Twitter: @verenabgnr