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LSD ist sicher super, aber ich will trotzdem keine Halluzinogene nehmen

Ich habe viele Freunde, die LSD- und Pilze nehmen. Ich habe aber auch Angst davor, Sachen zu sehen, die nicht da sind, und das Universum zu verstehen.
LSD und Crystal
Titelbild: St. Albert | Flickr | CC BY 2.0

Wenn du ein Ethnologie-Student, Hippie oder Beatnick bist, glaubst du vielleicht, LSD oder Schwammerl zu nehmen sei das Coolste, was man machen kann. Weil es bewusstseinserweiternd ist, weil Drogen-scheiße-finden out ist und weil Acid und Schwammerl ungefähr alle positiven Aspekte aller Drogen zu vereinen scheinen.
Auch wenn man bei Google VICE + LSD eingibt, könnte man den Eindruck gewinnen, dass in dieser Redaktion eine Ideen-Flaute mit einem Trip gelöst wird. Oder LSD zumindest ziemlich banale Ereignisse viel lustiger und unterhaltsamer macht.

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Neben dem Bezug meines Arbeitsplatzes und meiner studentischen Umgebung habe ich auch viele LSD- und Shrooms-konsumierende Freunde. Ich gehe gerne auf Goas, ich veranstalte manchmal Partys, gute Freunde verbringen trippend einen, zwei oder achtzig Sommertage—es ist also nicht so, dass ich noch nie einen Blotter angeboten bekommen hätte. Auch sind mir Argumente, die für den Konsum sprechen, geläufig. Psychische Reinigung, andere Welt, Antworten auf alle Fragen des Lebens—das alles macht Halluzinogene verlockend. Nur nicht für mich.

Ich habe einen Suchtpräventionslehrgang besucht und mich in meiner Bachelor-Arbeit mit der Drogenpolitik in Österreich auseinandergesetzt. Ein großer Hauptteil meiner Arbeit und Ausbildung war Substanzkunde. Die Arbeit war deshalb auch eine Themenverfehlung, weil Substanzkunde wenig mit Politik zu tun hat, aber ich fand das eben interessanter. Trotzdem ist es ein Gut geworden.

Wenn man sich wissenschaftlich mit dem Thema auseinandersetzt, findet man schnell heraus, dass es mehr Argumente für eine Legalisierung, Freigabe und gelegentlichen Konsum gibt, als Gegenargumente. Die therapeutische Wirkung wird nicht nur von Konsumenten hochgepriesen.

Also Prüderie und Unwissen kann man mir, um Gottes willen, wirklich nicht unterstellen. Dennoch habe ich ein paar Gründe für mich gefunden, die mich jeden Frühling und Sommer aufs Neue „Nein danke" sagen lassen.

Ich will nicht Sachen sehen, die nicht da sind

Ein Haupteffekt von LSD und Pilzen sind optische Halluzinationen. Ich weiß, dass man sie auch so niedrig dosieren kann, dass sich dieser Effekt im Rahmen hält oder kaum auftritt. Aber Dosierungen mit pflanzlichen Drogen sind kaum vorhersehbar und eine LSD-Pappe kann man nur dann schwächer dosieren, wenn man weiß, wie eine ganze auf den eigenen Körper wirkt. Grundsätzlich finde ich die Vorstellung von sich biegenden Wänden und bewegenden Mustern nicht lustig oder entspannend. Es jagt mir eher Angst ein.

Dank einem Krankenhausaufenthalt durfte ich schon optische Halluzinationen erleben. Und: Nein, es hat mir keine Angst gemacht. Ich habe mich sogar gefreut. Jeder der schon einmal im Krankenhaus gelegen ist, weiß, wie spannend so ein Tag ist—erst recht neben einer serbischen Oma, die das TV-Gerät mit der Karlich-Show für sich beschlagnahmt. Aber ich würde auch nicht sagen, dass es die Erfahrung meines Lebens war, die ich jetzt fünf Stunden am Stück brauche. Ich fand es frustrierend—wie konnte meine beste Freundin nicht sehen, dass die Menschen im Bild tanzen?

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Wände die sich biegen, sind schon nach zwei Minuten nichts Besonderes mehr. OK, eventuell habe ich meinem Arzt gesagt, dass ich dasselbe noch Mal nehme. Aber wäre ich nicht neben Dragica mit Babsl Karlich für sieben Tage gefangen gewesen, hätte ich bestimmt nicht gefragt. Wahrscheinlich nicht.
Außerdem habe ich da so ein Ding mit Kontrolle. Ich liebe sie. Ehrlich, ich liebe es, die Kontrolle zu haben. Das liegt sicherlich zum Teil an meiner heftigen, alkoholgeschwängerten Jugend. Kontrolle über meinen Sehsinn abzugeben? Und mein Unterbewusstsein für mein Sichtfeld verantwortlich zu machen? Sorry, dafür bin ich zu gestört.

Ich will nicht meinen seelischen Abgrund erforschen

Ob es gut ist oder nicht, sei dahingestellt. Aber ich möchte nicht Wunden, die ich mit harter Arbeit, anderen Rauschmitteln und Verdrängung zugekleistert habe, wieder aufreißen. Ich will keine Abgründe kennenlernen, von denen mir schwindlig wird, und mich auch nicht mit meinem Unterbewusstsein auseinandersetzen. Ich weiß, dass es der absolut falsche Weg ist, um die eigenen Problemen zu verarbeiten. Aber mir geht es ehrlich gut. Ich fühle mich im Alltag wohl und weine mich nicht jeden Abend in den Schlaf. Ich würde sogar so weit gehen und mich als glücklichen Optimisten beschreiben. Wenn das Verdrängung macht, dann Hallo! Ich habe wirklich keinen Bock, an Sachen von vor gefühlten zehntausend Jahren zu denken. Auch nicht, wenn es friedliche und antwortgebende Gedanken wären. Weil ich eigentlich auch keine Antworten suche. Auf gar nichts, was mir widerfahren ist. Ich habe sie entweder schon, oder ich habe mich damit abgefunden, dass es keine gibt. Mein gesamtes Innenleben ist ein wackliger Turm aus Verdrängung und halb-aufgearbeiteten Sachen, der mit Spucke und Hoffnung hält—ich weiß das. Halluzinogene würden möglicherweise das mühsam aufgebaute Fundament erschüttern, alles niederreißen und neu aufbauen. Aber das würde bedeuten, dass meine Verdrängungsarbeit die letzten Jahre umsonst war. Ich bin zu stolz für sowas.

Ich will das Universum, das Leben und alle anderen komplexen Dinge der Welt nicht verstehen

Zumindest nicht auf diese Art. Nicht mit LSD und nicht mit Pilzen. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, aber ich habe Freunde, die nach einem Trip echt abgespacten Scheiß reden. Nicht, dass es nicht spannend wäre. Aber es lässt sie auf ganz Fremde und manchmal auch auf mich so wirken, als wären sie einfach hängengeblieben. Oft frage ich nach, wie der Trip denn war. Die Hälfte der Leute vergisst konkrete Antworten, beziehungsweise kann sie nicht in Worte fassen. Die andere Hälfte fängt mit Geometrie, dem dritten Auge und dem Universum an—und erklärt es so, dass es zumindest für Außenstehende eigentlich eh auch keine konkreten Antworten sind. Will ich, als kleiner unbedeutender Mensch, die Funktionsweise des Universums verstehen? Kann ich, als kleiner unbedeutender Mensch mit einem noch kleineren Hirn, solch allumfassenden Antworten ertragen? Und kann ich das alles, ohne verrückt zu werden? Ich glaube nicht. Und ich kenne ein paar Beispiele, die es beweisen. Ein paar Exemplare schöpfen Selbstbewusstsein aus dem „Ich-habe-ALLES-verstanden"-Gefühl und werden zu kompletten Egoisten, die keine andere Meinung oder Weltansicht zulassen. Für sowas gibt es auch Kokain, meine Freunde. Natürlich handelt es sich bei diesen Menschen, um Menschen, die vorher schon einen leichten Vogel hatten. 99 Prozent der Konsumenten geht es besser als gut, keine Sorge. Aber ich zähle mich zur Risikogruppe.

Mir fehlt das medizinische Setting

Was die Bewusstseinserweiterung angeht, sind Halluzinogene für mich next Level. Mit medizinischem Setting meine ich nicht, dass ich in einem klinischen weißen Raum auf einem Metallgestell und weißen Pölstern sitzen will, während ich meinen ersten Trip schmeiße. Das wäre vermutlich eine idiotensichere Anleitung für einen Horror-Trip. Aber wenn ich einmal den Schritt der Halluzinogene gehen würde, dann um meiner Person weiterzuhelfen. Und damit meine ich, dass ich gerne eine Therapeutin bei mir auf der Wiese hätte, die mich durch den Trip lenkt. Jemand, der mir die richtigen Fragen stellt und tatsächlich hilft, Probleme zu bearbeiten. Einen Tripsitter mit psychologischer Ausbildung quasi. Weil mir das im Vorhinein Sicherheit geben würde, dass ich keinen Horrortrip durchleben muss. Und nicht auch noch meine trippenden Freunde, mit mir ins Verderben stürze und überfordere. Außerdem würde ich ihr noch am meisten Vertrauen schenken, wenn es um die Dosierung geht. Sowohl bei Pilzen als auch bei LSD ist das ja nicht so easy.

Ich habe Angst und bin schon alleine deshalb nicht bereit

Jedem Menschen, der mir in mindestens zwei Punkten zustimmt, würde ich keinen Trip empfehlen. PUNKT. Das hat man mir im Suchtpräventionslehrgang beigebracht, das sagen meine Freunde und ich sage das auch. Ich habe Angst vor einem Horrortrip, ich habe Angst vor der falschen Dosierung, ich habe Angst vor der Länge des Trips. Ich scheiß mich vor dem Kontrollverlust an, vor dem Setting und vor dem Trip selber eigentlich auch. Ich bin also ganz einfach ausgedrückt, nicht bereit für Halluzinogene. Mir nur ein paar Gramm Schwammerl in mein Joghurt unterzumischen, um mich vom Gegenteil zu überzeugen, ist einfach nicht drinnen. Weil ich dann beim Kauen schon die „Was wenn"-Ängste hätte. Und die leiten, sehr wahrscheinlich, keinen Happy-Trip ein. Zumindest hätte ich Angst davor. Schisser eben.

Fredi hat auch auf Twitter Angst: @schla_wienerin


Titelbild: St. Albert | flickr | cc by 2.0