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Kaffeefahrt mit dem echten Wolf of Wall Street

Wer lässt sich eigentlich Business-Tipps von einem ehemaligen Abzocker geben? Wir haben bei den Besuchern des Jordan Belfort-Workshops in Berlin nachgefragt.

Wer denkt, dass es in TheWolf of Wall Street nur um lustig inszenierte Drogenabstürze und Kleinwüchsigen-Witze geht, der liegt falsch. Das Epos dreht sich vor allem um die Lebensgeschichte Jordan Belforts, der in den 90ern unglaublich viel Geld an der Börse gemacht—und dann auch wieder verloren hat. Weil der amerikanische Traum (und sei er schlussendlich auch gescheitert) sich auch in Deutschland unglaublicher Beliebtheit erfreut, gab sich Mr. Belfort vergangene Woche in Berlin die Ehre.

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Ganze zehn Stunden lang konnten sich die Nachwuchs-Banker, die bereit waren, mehrere hundert Euro hinzulegen, zu Lebensfragen im Allgemeinen und Businessfragen im Besonderen beraten lassen. Weil wir nicht bereit waren, unsere Monatsmiete für ein paar Tickets hinzulegen, haben wir uns einfach vor dem Estrel Hotel in Berlin postiert und die (größtenteils männlichen) Teilnehmer gefragt, wie das eigentlich so ist, sich von jemandem motivierend anschreien zu lassen, dessen Film-Ich niemand Geringeres als Leonardo DiCaprio ist.

Alle Fotos: Grey Hutton

VICE: Wie war es denn? Das hat jetzt zehn Stunden gedauert, oder?
Robert: Genau. Es war recht spannend und von hoch bis tief alles dabei. Es waren insgesamt vier Leute auf der Bühne und jeder war für einen anderen Bereich zuständig. Jordan Belfort hat allgemein über das Verkaufen gesprochen, dann gab es einen, der mehr über die Börse gesprochen hat und wie man dort angeblich ganz schnell Geld macht. Dann gab es einen, der gesagt hat, dass man mit Immobilien schnell Geld macht und der andere meinte, man würde mit frei reden am meisten verdienen. Am Ende von jedem Berater wurden einem dann Programme angeboten, die man kaufen konnte.

Hast du was gekauft?
Nein. Es klingt natürlich immer verlockend und plötzlich bieten sie einem Sachen für 2.000 statt für 10.000 Euro an, aber es ist am Ende wirklich mehr eine Verkaufsveranstaltung.

War es trotzdem irgendwie inspirierend? Hast du was aus der Veranstaltung mitgenommen?
Ich komme auch aus der Verkaufsbranche und es ist schon beeindruckend zu sehen, wie man mit Worten fesseln kann und vieles von dem, was die gesagt haben, kann man auch mitnehmen und anwenden. Aber ich glaube, die meisten, die da drin saßen, werden das alles auch wieder vergessen.

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VICE: Wie war dein Eindruck?
Nikita: In den letzten vier Stunden hat er wirklich sehr viele gute Inhalte angesprochen und ich habe wirklich sehr viel mitnehmen können. Es ist schwierig, eine große Sache zu nennen, um das Ganze zusammenzufassen. Aber ich glaube, es ging vor allem darum, selbstbewusst zu sein.

Hattest du ihn dir so vorgestellt?
Ich fand ihn von der Ausstrahlungskraft her sehr stark. Er hat auch mehr darüber erzählt, warum er sein Leben verändert hat. Es war allgemein sehr interessant, wie er aufgetreten ist.

Dominik wollte leider nicht fotografiert werden. Aber das hier ist Jordan Belfort.

VICE: Wie hat dir die Veranstaltung gefallen?
Dominik: Es war ganz gut, aber das Problem war—sagen dir Kaffeefahrten was? So war das. Er hatte drei Coaches da und trotzdem kann man nicht wirklich sagen, dass man da was mitgenommen hat. Bei dem Preis den man gezahlt hat—zwischen 100 und 300 Euro—kann man das aber wahrscheinlich auch erwarten. Bei einem richtigen Verkaufstraining, was über 4 Tage oder so geht, zahlt man 3.600 Euro oder mehr. Das kann man einfach nicht vergleichen.

Du kommst auch aus der Verkaufsbranche?
Ja. So wie ich das mitbekommen habe, waren da hauptsächlich auch nur Vertriebler. Mehr kann man dazu eigentlich auch gar nicht sagen. Es war cool, diesen Mann mal kennengelernt zu haben und durch diesen Film ist er ja auch irgendwie zur Legende geworden, aber übermäßig beeindruckend war es jetzt nicht.

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VICE: Und wie war's?
Stefanie: Ich fand es cool, ich fand es inspirierend. Ich würde gerne zu dem Seminar nach London, aber das ist zu teuer. Das geht drei Tage und er wird der einzige Redner sein. Es hat mich ein bisschen enttäuscht, dass es heute noch drei andere Redner gab, aber seine Reden waren zweifelsohne sehr, sehr gut. Ihn als persönlichen Coach zu haben, wäre sicher fantastisch, aber es ist zu teuer.

Bist du aus der Verkaufsbranche?
Nein, ich bin Ärztin, also aus einer ganz anderen Branche. Aber ich habe so eine Art Wette mit meinem Vater laufen, die ich gewinnen will und das wird ganz ohne Unterstützung verdammt schwer! (lacht)

VICE: Wie hat dir die Veranstaltung gefallen?
Stoyan: Ich war den ganzen Tag hier und es war sehr motivierend. Der Wolf of Wall Street hat mir als Person, Redner und Lehrer sehr gut gefallen. Die anderen mochte ich aber nicht, denen ging es nur darum, Sachen zu verkaufen. Buchen Sie diesen Kurs, tätigen Sie diese Investition—das hat mir einfach nicht gefallen. Ich glaube auch nicht, dass die Leute, die wegen Businesstipps hierher kommen, wirklich direkt was kaufen wollen. John Belfort war aber wirklich gut. Ich habe sehr viel gelernt und bin wirklich froh, dass ich hier war. Ich denke immer noch über ein paar Sachen nach, die er gesagt hat. Das war eine wirklich wertvolle Erfahrung für mich.

Was ist so eine Aussage, die du immer noch im Kopf hast?
Ich glaube, am Besten fand ich einfach, dass er uns Beispiele aus seinem Leben gegeben hat. Sowohl was das Privatleben angeht, als auch geschäftliche Dinge. Das fand ich sehr wertvoll für mich.

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VICE: 10 Stunden sind ja ziemlich lang, oder?
Johannes: Er war ja nicht die ganze Zeit da, es gab noch andere Redner. Der Wolf of Wall Street war nur die letzten vier Stunden da, aber in der Zeit hat er schon wichtige Punkte gebracht.

Bist du aus der Verkaufsbranche?
Ich bin Student der Betriebswirtschaftslehre und deswegen war das für mich alles ein bisschen entspannter. Ich bin hier rein aus Interesse und weil es für mein Portfolio gut ist. Wobei es dann grundlegend weniger um konkrete Sachen für's Portfolio ging. „Glaube an dich selbst", „Mach das, du kannst es schaffen"—es war mehr eine Motivationsrede.

War er so, wie man ihn sich nach dem Film vorgestellt hat?
Nicht unbedingt. Er hat auch selbst gesagt, dass er sich sehr verändert hat. Aber man merkt schon, dass er ein ziemlich abgehärteter Mann ist.

VICE: Wie hat dir der Tag insgesamt gefallen?
Sean: Es war viel Verkauf dabei, aber auch ziemlich inspirierend. Der hat eine Aura und eine Ausstrahlung, er füllt den Raum richtig damit.

Stimmt es, dass vor allem Leute aus der Verkaufsbranche da waren?
Ja, das stimmt. Die meisten von denen waren Selbstständige aus der Immobilien- oder Versicherungsbranche.

Hast du den Film gesehen?
Ja. Man kann sich auf jeden Fall gut vorstellen, dass er das alles mal so gemacht hat.

Folgt Lisa und Grey bei Twitter: @antialleslisa, @greyman01