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Drogen

Kiff-In mit Fake-Joints und das Ordnungsamt dreht trotzdem durch

Die zehn peinlichsten Legalisierungsdemo-Regeln aller Zeiten.

Vorsicht: Dieser Joint wurde nicht vom Stuttgarter Ordungsamt abgenommen | Foto: Imago/Juniart

Eigentlich hatte die Stuttgarter Piratenpartei schon im Oktober 2015 einen Smoke-In mit sogenannten Fake-Joints geplant, in dessen Rahmen mit legalem Tabakersatz gegen das Cannabis-Verbot demonstriert werden sollte. Das war der Kripo in Stuttgart zu gefährlich, woraufhin die Versammlungsbehörde die Demo kurzerhand verbot. Nach heftigen Protesten der Piraten schlugen Polizei und Versammlungsbehörde dann einen Kompromiss vor, der den „Ersten Smoke-In-zweiter Versuch" der Landeshauptstadt am 21. November ermöglichen sollte. Am kommenden Samstag soll ein zweiter Smoke-In stattfinden, für den der Versammlungsleiter erneut zur Einhaltung ziemlich einmaliger Auflagen verpflichtet wurde.

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1. Die Anzahl der Fake-Joints ist auf 20 begrenzt.

2. Der Tabak wird vom Versammlungs leiter im Beisein des Leiters des Ordnungsamts in einem Laden in Stuttgart gekauft.

3. Die Fake-Joints werden in den Räumlichkeiten des Ordnungsamts gedreht.

4. Die Fake-Joints bleiben beim Ordnungsamt und werden erst zur Demo ausgehändigt.

5. Die Fake-Joints werden vom Ordnungsamt markiert.

6. Auf der Demo werden die Fake-Joints nur an Personen über 18 abgegeben.

7. Bei der Übergabe des Fake-Joints an einen Teilnehmer muss dieser darauf hingewiesen werden, dass es sich nur um Tabak handelt, und das jedes Mal.

8. Während des Rauchens der Fake-Joints muss eine Dauerschleife gespielt werden, die darauf hinweist, dass es sich hier nur um Fake-Joints handelt.

9. Übrig gebliebene Fake-Joints gehen zurück an die Polizei.

10. Weitergabe eines Fake-Joints an andere Personen ist nicht gestattet.

Eine Fake-Joint-Obergrenze für Stuttgart?

Hat das Ordnungsamt zum Markieren unschädliche Markierungen verwendet oder lässt es die Fake-Kiffer wenigstens was Ungesundes inhalieren? Wenn ja, was? Was passiert, wenn der staatlich anerkannte Fake-Joint trotz Verbots weitergegeben wird? Fragen über Fragen, die angesichts des massiven Bedrohungspotentials solcher Gras-Fundamentalisten bislang in den Hintergrund rücken mussten.

Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut, doch wenn der parteiübergreifende Konsens einer fake-joint-freien Gesellschaft Gefahr läuft, von Haschrebellen und anderen Drogenverherrlichern ad absurdum geführt zu werden, darf man bei der Wahl der Gegenmittel auch nicht zimperlich sein. Immerhin hat die Versammlungsbehörde dieses Mal gestattet, Kräutertabak mit Steuerbanderole und Hanfaroma zu erlauben. So etwas wie der eigentlich geplante Hanfblüten-Tee kommt beim besten Willen nicht in Tüte, um die Polizei nicht vor die unlösbare Aufgabe der „Strafvereitelung im Amt" zu stellen. Denn selbst wenn nicht wirklich gekifft wird, könnten Passanten ja meinen, die Beamten unterstützten die bunte Truppe bei dem gefährlichen Unsinn. Man stelle sich vor, es gelänge einem der Anwesenden wirklich, trotz massiver Personenkontrollen im Umfeld, vor denen der Veranstalter auch für die Demo am kommenden Samstag warnt, einen echten Joint einzuschmuggeln und sich kiffend unters Volk zu mischen. Nicht auszudenken was passieren könnte, wenn gar zwei oder drei zwielichtige Typen ihre Lunte zeitgleich zündeten.

Engagierte Behörden

Umso höher ist dem Leiter des Ordnungsamts der persönliche Einsatz bei der Überwachung des Tabakkaufs und beim sogenannten „Bauen" der falschen Haschzigaretten anzurechnen, selbst wenn so etwas, wie Kritiker monieren, nicht zu den Kernaufgaben der Behörde zähle. Zum Glück ziehen in Stuttgart Versammlungsbehörde, Kripo und Ordnungsamt gemeinsam am selben Joint-Strang, um die Jugend vor dem schädlichen Einfluss der zweifelsfrei geschickten Verführer zu schützen. Veranstalter Christian Brugger-Burg hatte für den zweiten Smoke-In sogar die gefährliche Idee, die Joints mit echtem, garantiert THC-freiem Hanftee aus dem Bioladen zu füllen. Doch auch dieser Versuch, Rauschgift in aller Öffentlichkeit zu verherrlichen, wurde von den aufmerksamen Behörden bereits im Vorfeld unterbunden. Die unverbesserlichen Hänflinge müssen ihre Pseudo-Joints auch am Samstag auf dem Stuttgarter Schlossplatz wieder mit Tabakersatz rauchen und ihre eigene Veranstaltung mit einer von oben verordneten Lautsprecher-Dauerschleife konterkarieren. Suttgart 21 hat gezeigt, welch renitentes Potential in der sonst so ruhigen Schwabenmetropole lauert. Damals haben eine Menge von diesen kopflosen Kiffern am Hauptbahnhof herumgelungert und die Polizei hatte wenigstens immer einen Grund, ihr verlottertes Protest-Camp auf den Kopf zu stellen. Deshalb sind die Entscheidung der Behörde, eben nicht 21 Fake-Joints oder gar noch Schlimmeres zuzulassen, genau wie alle anderen Auflagen wegweisend für eine auch in Zukunft sichere Landeshauptstadt.

Wenn am Samstag die ersten Fake-Joints brennen, ist es nur dem außerordentlichen Engagement der Stuttgarter Behörden zu verdanken, dass der Schlossplatz mit Ausnahme von ein paar angetrunkenen Partygängern zwar nicht rauch-, aber immerhin rauschfrei bleibt. Wer selbst dreht, macht sich verdächtig. Falls sich doch einer beschwert, denkt immer dran: Mit Kiffern kann man's ja machen.