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Deutsche Neonazis haben per Steckbrief zu Lynchjustiz an einem Journalisten aufgerufen

Auf Facebook geht gerade ein Aufruf um, einen „Kinderschänder" zu melden—dekoriert mit dem Foto eines unliebsamen Lokaljournalisten.

Screenshot: Leipziger Internet-Zeitung

Die rechtsextreme Kampagne gegen Journalisten nimmt Fahrt auf. Nachdem deutsche Neonazis aus Dortmund erst Todesdrohungen gegen Lokaljournalisten verschickt und dann Anfang der Woche einen von ihnen mit Steinen durch die Stadt gejagt hatten, haben ihre Leipziger Kameraden jetzt noch einen draufgesetzt: Mit einem gefälschten Steckbrief, in dem sie einen Lokaljournalisten als „Kinderschänder" verleumden.

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Wie die Leipziger Internet-Zeitung berichtete, macht der Steckbrief seit Mittwoch die Runde durch Leipziger Facebook-Profile. „Gesucht wegen sexueller Belästigung von Kindern in Leipzig" steht auf dem Steckbrief, gefolgt von einem Foto des Journalisten Martin Schöler. Unten steht noch der Aufruf: „Hinweise bitte an das Polizeipräsidium Leipzig oder jede andere Polizeidienststelle".

Obwohl das eine ziemlich plumpe Fälschung ist (Leipzig hat gar kein Polizeipräsidium, sondern eine Polizeidirektion), kann die Grafik für Schöler trotzdem gefährlich werden. Schon jetzt verbreiten Menschen sie über ihre Facebook-Accounts. Auf der Seite eines rechten Szene-Versands wurde der Post ganz eindeutig mit der Bitte „um Mithilfe bei der Selbstjustiz" geteilt.

Damit hat die Hetze gegen unliebsame Journalisten eine neue Qualität erreicht. Die Vorgehensweise ist besonders perfide, weil es nicht mehr (wie bei den Todesdrohungen) um die reine Signalwirkung geht. In diesem Fall scheinen die Urheber tatsächlich darauf zu hoffen, dass irgendjemand dumm genug ist, auf so eine Fälschung hereinzufallen und Schöler anzugreifen, sollte er ihn erkennen.

Die Rechten versuchen so, sich die in Teilen der Gesellschaft durchaus präsente Gewaltbereitschaft gegen „Kinderschänder" zunutze zu machen. So wollen sie auch Leute erreichen, die einem rechtsextremen Aufruf zur Gewalt gegen einen Journalisten normalerweise nicht unbedingt nachkommen würden.

Für Facebook-Nutzer, die den Aufruf weiterverbreiten, könnte das allerdings nach hinten losgehen: Das Teilen eines solchen Beitrags ist strafbar, auch wenn man ihn für authentisch gehalten hat. Die Leipziger Staatsanwaltschaft ermittelt seit heute gegen jeden, der ihn geteilt hat.