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Macht Krach, bringt aber nichts: die deutsche Antwort auf die Terrorgefahr

Innenminister aller Parteien wollen sie: Panzerfahrzeuge und mehr Überwachung. Beides ist völlig nutzlos, um Terroranschläge zu verhindern.

Am Montag hatten wir darüber berichtet, wie die CSU der Gefahr von terroristischen Anschlägen in Deutschland begegnen will: erstens durch Panzerfahrzeuge und ultraschwere schusssichere Westen für die Polizei, und zweitens durch die gute alte Vorratsdatenspeicherung. Diese Maßnahmen sind zwar teuer, ineffektiv und teilweise sogar gefährlich für die Freiheit—aber spätestens seit der Erfindung der „Ausländermaut" hat die CSU ja eindeutig klargestellt, dass sie als reine Polit-Trolling-Partei wahrgenommen werden möchte.

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Das Problem: Die CSU steht damit nicht alleine. Umso interessanter, wenn man sich jetzt die Forderungen des SPD-Innenministers von Rheinland-Pfalz Roger Lewentz anschaut, die er in einem heute in der Welt erschienen Interview aufzählt: Panzerfahrzeuge, ultraschwere schusssichere Westen, und Vorratsdatenspeicherung. Im Wortlaut erklärt der wehrfreudige Minister das so:

Lewentz: Seit Paris ist klar: Die Polizei hat es mit einem völlig neuen Tätertyp zu tun. Dieser verübt Anschläge mit Kriegswaffen, ist daran gut ausgebildet und sehr erfahren. Außerdem geht er extrem kaltblütig vor. Die Bereitschaftspolizeien der Länder sind dagegen noch nicht optimal gewappnet. Sie benötigen beispielsweise mehr und bessere schusssichere Westen, die etwa Kalaschnikows standhalten. Außerdem sind mehr gepanzerte Fahrzeuge nötig, um Polizisten sicher zum Anschlagsort transportieren zu können. Die Polizei braucht auch schwere Waffen, die auf längere Distanz schießen können.

Das Gleiche hat Lewentz in fast den gleichen Worten schon Ende Januar verkündet. Etwas weiter im aktuellen Interview macht er sich dann auch für die Vorratsdatenspeicherung stark, weil seine „Experten von der Polizei" ihm sagen, „dass eine Speicherung von Daten ein wichtiges Instrument zur Verbrechens- und auch zur Terrorismusbekämpfung ist".

Weil Lewentz nicht nur Innenminister von Rheinland-Pfalz, sondern auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, zeichnet sich langsam ein ziemlich beunruhigendes Bild ab: Anscheinend scheinen sich so ziemlich alle Innenminister in Deutschland (inklusive des Bundesinnenministers) einig zu sein, dass eine gepanzerte Polizei und die Vorratsdatenspeicherung die absolute Superwaffen zur Terror-Bekämpfung sind. Und das ist natürlich Schwachsinn.

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Zuerst zur Vorratsdatenspeicherung: Fast jeder, der sich damit länger beschäftigt, kommt ziemlich schnell zu dem Schluss, dass die Vorratsdatenspeicherung ein massiver Eingriff in die Privatsphäre aller Bürger ist—für Terrorismusbekämpfung aber gänzlich ungeeignet. Es gibt nicht nur zahlreiche Studien, die das belegen. Es gibt auch ganz einfache Beispiele: Die Franzosen haben die VDS schon seit 2006, und sie haben es trotzdem nicht geschafft, die Kouachi-Brüder (die übrigens auch schon vorher als gefährlich bekannt waren) zu stoppen. Die Vorratsdatenspeicherung gefährdet die Freiheit, ohne die Sicherheit zu verbessern.

Bei den Panzerfahrzeugen ist sowieso klar, dass sie nicht dazu da sind, um Anschläge zu verhindern. Sie sollen angeschafft werden, damit Polizisten sich schützen können, wenn Terroristen nach einem durchgeführten Anschlag mit Kalaschnikows auf sie schießen. Das ist durchaus gerechtfertigt, nur sollte man sich zwei Fragen stellen: Ist es nicht noch viel wichtiger, sich noch viel mehr Mühe zu geben, dass keine Terroristen und keine Kalaschnikows ins Land kommen? Und ist die Kalaschnikow-Methode nicht sowieso eher der Ausnahmefall, auch bei islamistischen Terroranschlägen? Erfahrungsgemäß verüben Islamisten lieber Sprengstoff- oder Selbstmordattenate—die durch einen irgendwo in einem Fuhrpark geparkten Panzerfahrzeuge nicht verhindert werden können.

Von den beiden Antworten der deutschen Innenminister auf die Bedrohung durch den Terror ist die eine also eine weitgehend nutzlose Massenüberwachung, und die andere eine Aufrüstung der Polizei für die Schießerei nach dem Anschlag, wenn die Zivilisten alle schon tot sind.

Das ist wirklich nicht gut. Vor allem, wenn dieselben Innenminister daran schuld sind, dass es zu wenig Polizisten gibt, die tatsächlich so etwas wie präventive Arbeit leisten könnten (zu Lewentz' Ehre muss man sagen, dass er zumindest das verstanden hat und mehr Polizisten einstellen will).

Vielleicht sollte man den Innenministern ein Angebot machen: Jeder von ihnen bekommt eine Freifahrt auf einem echten Leopard 2 bei der Bundeswehr und einen hochqualitativen Spielzeugpanzer. Im Gegenzug müssen sie aber versprechen, sich noch einmal richtig angestrengt Gedanken darüber zu machen, wie man wirklich Terroranschläge in Deutschland verhindern kann.