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Popkultur

Modeblogs sind der schönste Zeitvertreib der Welt

Es macht dich nicht besonders edgy, einfach nur gegen etwas zu sein, nur weil es viele Menschen glücklich macht.
Ja

So oder so ähnlich sieht es seit Montag bei uns im Büro aus.

Am Montag haben wir in einem Artikel behauptet, Modeblogs seien die Geißel der Menschheit, die als 8. Plage der Internet-Ära über uns hereingebrochen sind. Seither haben sich im Büro zwei Fraktionen gebildet, die sich gegenseitig mit Muffins, Pizza, glutenfreien Cup Cakes und Bierdosen bewerfen. Es ist keine Einigung in Sicht, aber hier könnt ihr jedenfalls das ziemlich wütende Ergebnis lesen, das von der Modeblogs-liebenden Hälfte der VICE Belegschaft verfasst wurde:

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Das schlimmste Spießer-Argument der Welt ist, etwas uncool zu finden, weil es viele Menschen mögen.. Es ist sogar noch furchtbarer als das Lamento, dass „früher alles besser war“. Waren Nirvana nach Nevermind plötzlich schlecht? Jeder, der das behauptet, hat ein bisschen Mitschuld am Tod des größten Musikers der 90er-Jahre. Ja, wenn etwas groß wird und bei einer breiten Masse ankommt, verlierst du als Fan der ersten Stunde ein Distinktionsmerkmal und du kannst dich nicht mehr darüber definieren, etwas Besonderes zu sein, weil du The XX gehört hast, bevor das alle anderen gemacht haben. Aber hallo, popkulturelle Neuerungen sind kein Kuchen, bei dem dein Stück automatisch kleiner wird, wenn du ihn mit mehreren Menschen teilst. Dasselbe trifft auch auf Modeblogs zu. Coole Blogs sind noch immer genauso cool wie vor 10 Jahren, auch wenn es mittlerweile Trillionen Mal mehr gibt.

2014 einfach nur dagegen zu sein, ist gar nicht mehr soo cool.

Es ist auch ein pubertärer Irrtum, sich darüber zu definieren, genau die Sachen schlecht zu finden, die eine gefühlte Mehrheit gerade gut findet. Es macht niemanden edgy, gegen etwas zu sein. Ohne jemals Geschichte studiert zu haben, bin ich mir ziemlich sicher, dass das eigentlich schon seit den 60ern nicht mehr funktioniert. Definitiv ist das aber mit den 00er-Jahren endlich zu einem Ende gekommen. Seit Amazon aus dem Long-Tail-Konzept ein ausgesprochen gut funktionierendes Geschäftsmodell entwickelt hat, müsste jedem Menschen klar sein, dass es kein „Außerhalb“ mehr gibt. Ich will jetzt auch nicht Foucault heranziehen müssen, deshalb glaubt mir ganz einfach: In einer globalisierten Welt gibt es immer auch eine Mehrheit, die exakt deiner Meinung ist, egal welche Meinung du hast (auch wenn das rechnerisch unmöglich ist, aber das ist wohl eines der Geheimnisse dieser neuen Welt).

Wir lieben Essen. Ganz besonders stehen wir auf Lasagna del Ray. Foto von Jaimie Warren.

Genauso lame ist es, Modeblogs wegen ihrem Fetisch für Essen (denn sie widmen sich dem Thema über das Stillen deiner Grundbedürfnisse hinaus—du ernährst du dich ja nicht nur von Wasser und Brot, oder?), ihrem Schreibstil (die ZEIT schreibt anders als VICE schreibt anders als ein Modeblog—so what?), die Schnorrerei (wirklich JEDER bekommt gerne Sachen geschenkt—es sei denn, du hast kein Herz), oder wegen irgendetwas anderem zu kritisieren. Ich sage damit nicht, dass Kritik in manchen Fällen nicht berechtigt ist, aber es ist leider der größte Bullshit, Modeblogs allgemein als Scheiße zu bezeichnen, wenn es jemanden wie Tavi gibt, deren Yearbook wir lieben wie Katholiken die Bibel.

Aber das ist alles eigentlich gar nicht mein Punkt: Denn Modeblogs sind oft auch ein ziemlich amüsanter Ausflug in eine bessere Welt. Ein Universum, das mich unterhält, manchmal neidisch macht, ab und zu zwar auch ziemlich dämlich ist, aber mir ein anderes Mal lustige Geschichten erzählt oder mich einfach nur schöne Bilder schauen lässt. In jedem Fall erspart es mir das Hauptabendprogramm und dafür bin ich ziemlich dankbar. Sich 2014 über Modeblogs zu beschweren ist ungefähr so anachronistisch wie über Reality TV zu schimpfen oder ein Guilty Pleasure zu haben—auch wenn natürlich nicht alle Modeblogs das Dschungelcamp sein können.