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Müssen alle homophoben Arschlöcher ihren Job verlieren?

Der CEO von Mozilla musste wegen seiner Homophie zurücktreten. Ist das gut oder Wasser auf die Mühlen von Sarrazin und seinen Hass-Freunden?

Seit März 2012 weiß die Welt, dass Brendan Eich ein bigotter Idiot ist. Seine Spende über 1000 US-Dollar für Proposition 8, einen Volksentscheid, der ein Gesetz auf den Weg bringen sollte, dass es nur noch heterosexuellen Paaren erlaubt hätte zu heiraten, wurde öffentlich. Letzten Mittwoch berichtet der Guardian, dass Eich in den 90ern Tausende Dollar an extrem rechte Republikaner gespendet hat. Am 24. März gab Mozilla bekannt, dass Eich, der von Anfang an bei Mozilla mitgearbeitet hatte und seit 2005 CTO der Firma war, der neue Geschäftsführer wird. Die Empörung schlug schnell hohe Wellen, OKCupid mischte sich ein, und Donnerstag trat Eich zurück.

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Toll, ein weiterer Troll wurde also zu Fall gebracht. Und auf persönlicher Ebene ist es natürlich großartig, dass die ganze Welt weiß, dass Eich ein unangenehmer, trauriger Mann ist, der nichts Besseres mit seinem Geld anzufangen weiß, als andere Leute damit unglücklich zu machen, indem er menschenfeindliche Positionen finanziert.

Aber gleichzeitig hinterlässt das ganze doch einen irgendwie unangenehmen Nachgeschmack. Eich hat als Privatperson gespendet. Klar, Geld, das er bei Mozilla verdient hat, aber trotzdem nicht im Namen von Mozilla. Und so gut ich es auch fände, wenn jeder homophobe Trottel einen gewaltigen Arschtritt verpasst bekommen würde, ist es doch leider so, dass auch Arschlöcher ein Recht auf eine Meinung haben. Würden wir hier von einer öffentlichen Person sprechen, wäre das ganze komplett anders. Eich ist ja auch bei Leibe nicht der einzige, der für Proposition 8 und damit gegen die Homo-Ehe gespendet hat. Auf der Liste finden sich Mitarbeiter von Starbucks, Google, Microsoft und Apple.

Oder nehmen wir mal Urban Outfitters. Richard Haynes, der Geschäftsführer, hat an Rick Santorum gespendet. Allerdings ist es natürlich auch einfacher, Chrome statt Firefox zu benutzen, als auf eine hippe Sonnenbrille zu verzichten.

Grundsätzlich sollte man natürlich versuchen, jedem Idioten so viel wie möglich ans Bein zu pissen, aber das heißt ja nicht, dass die Person nicht trotz allem ihre eigene Meinung behalten kann, vor allem, wenn sie als Privatperson handelt. Die Chancen stehen gut, dass die Kassiererin an der Supermarkt-Kassa Schwule scheiße findet und vielleicht ist der Typ, bei dem ich gestern Abend an der Bar ein Bier gekauft habe, ein Gegner der Homo-Ehe. In so ziemlich jedem Unternehmen und überall auf der Straße finden sich mit absoluter Sicherheit eine Menge gigantische Arschlöcher, die ihren Menschenhass allerdings leise in sich tragen, ohne das Ganze in einer öffentlichkeitswirksamen Form kund zu tun.

Und versteht mich nicht falsch, wenn Gabriele „Homosexualität ist Sünde“ Kuby an der Supermarktkasse sitzen würde, wäre das eine ganz andere Geschichte. Dann könnte man dem Supermarkt vorwerfen, dass eine bekennende und aktive Homophobe meine Bananen abwiegt. Aber solange die Kassiererin ihre Meinung für sich behält, ist es schwierig, dem Supermarkt den Vorwurf zu machen. Genauso Barilla. Als Guido Barilla als Chef des Familienkonzerns sagte, dass er keinen Wert auf homosexuelle Kunden legt, wurden seine Hass-Nudeln von da an boykottiert. Und natürlich war das richtig. Denn er hat öffentlich und für seine Firma gesprochen. Bei Eich ist aber genau das nicht der Fall. Dieser Typ ist zwar ein bigottes Arschloch, aber er handelt und spricht in seiner Borniertheit nur für sich selbst, nicht für Mozilla als Firma.

Das Hauptproblem bei dieser ganzen Angelegenheit ist aber, dass man mit Boykott-Aufrufen, die sich nicht gegen Firmenpolitik, sondern gegen private Vertreter von Firmen wenden, die für sich selbst sprechen oder handeln, Leuten wie Sarrazin oder jetzt gerade in Deutschland Akif Pirinçci in ihrer Position bestärkt. Sie sprechen von „Denkverboten“ und „gleichgeschalteter Presse“, die Meinungen angeblich unterdrückt, die nicht einem ausgedachten Mainstream entsprechen. Natürlich sollte jedem klar sein, dass dem nicht so ist, aber wenn Eich wegen seiner privaten Meinung dazu genötigt wird, zurückzutreten, dann füttert das genau diese Einstellung, dass es offenbar eine Political-Correctness-Elite gibt, die der breiten Masse vorgibt, was sie zu denken hat. Und Sarrazin, Stadler und Konsorten fühlen sich dadurch bestärkt in ihrer Eigenwahrnehmung als einsame Kämpfer für die Meinungsfreiheit.

Folgt Stefan bei Twitter: @batepsycho