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Sarah Kuttner, Nazi-Runen am BER-Flughafen und die Frage nach der Humorfähigkeit des Internets

Werden wir nie wieder schlechte Witze machen dürfen, ohne offizielle Dementi zu provozieren?
Foto: Imago/VIADATA

Ach, BER. Wenn es ein Beispiel dafür gibt, wie absolut unfähig Berlin in der Durchführung baulicher Großprojekte ist, dann ist es der Flughafen Berlin Brandenburg, der seit nunmehr neun Jahren auf seine Fertigstellung wartet. Während sich Menschen jenseits der 40 durchaus die Frage stellen dürfen, ob sie die Eröffnung des Willy Brandt Airports noch miterleben werden, ist der ganze Stolz (und das ganze Unglück) der Berliner Regierung zum Garanten für schlechte Witze verkommen—wenn in den menschenverlassenen Hallen nicht gerade ein Tatort gedreht wird.

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Dinge, die wir vom ‚Tatort' über Berlin gelernt haben.

Gestern jedoch ging es mal nicht um die Frage nach weiteren Eröffnungsverschiebungen oder den stetig steigenden Kosten. Gestern stellte sich die Frage: prangt an der Außenwand eines BER-Gebäudes allen Ernstes eine Art Ornament, das verdächtig nach SS-Runen aus der Nazizeit aussieht?

Sarah Kuttner, Moderatorin, Autorin und den meisten wohl bekannt durch ihre Zeit beim Musiksender VIVA, postete auf Twitter ein Bild, das aussah, als hätte sich ein ausgewiesener Fan von Hitlers Waffen-SS am Flughafengebäude verewigt. Ihr Kommentar zu dem Foto, das hunderte Male retweetet und favorisiert worden war: „Dies schickte man mir gestern vom Flughafen BER. Deko-mäßig eher bedenklich. Aber wird ja eh nie jemand sehen."

Screenshot: Twitter

Tatsächlich wird man auf der Aufnahme Zeuge eines ganz besonderen Schauspiels, dem Zusammenspiel von Licht und Schatten nämlich. Statt Nazi-Symbolen handelt es sich um mehrere, ungünstig beleuchtete Metallstifte. Ein Umstand, den die Social-Media-Verantwortlichen des BER schnellstmöglich klarstellten wollten:

Screenshot: Facebook

Nun kann man natürlich verstehen, dass dem Berlin-Airport-Team jede Nachricht, in der sie Schuld ganz klar von sich weisen kann, sehr gelegen kommt. Auch kann man in Frage stellen, ob der Tweet von Sarah Kuttner tatsächlich der humoristische Höhepunkt der Woche war. Wir sehr der Berlinerin dann aber doch zugetraut wird, allen Ernstes zu glauben, dass Berlins größtes Flughafenprojekt seit womöglich immer mit Symbolen geschmückt wurde, an denen Hitler seine wahre Freude gehabt hätte, ist dann doch absurd.

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Noisey: Eine Playlist für Social-Media-Opfer.

Man darf abwarten, ob sich dieser Trend fortsetzt und zukünftig jeder halbgare Bilderwitz auf Twitter sofort von öffentlicher Stelle dementiert wird. Vielleicht können Satiresendungen im Zuge dessen auch Bauchbinden mit „Achtung! Witz!" bekommen und Seiten wie der Postillon vergewissern sich beim Aufruf der Startseite durch ein Pop-Up, dass der jeweilige User sich auch ganz sicher ist, Spaß zu verstehen.

Bis dahin wünschen wir Sarah Kuttner viel Spaß mit ihrer wiedergewonnenen Medienpräsenz. Möge sie länger andauern als die Mär vom SS-Flughafen.


Titelfoto: Imago/VIADATA