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Das blutigste Opferfest der Welt wird endlich beendet

Alle fünf Jahre werden beim Gadhimai-Fest in Nepal bis zu 100.000 Tiere getötet. Damit soll jetzt endlich Schluss sein.

Foto: Animal Equality Germany

Ständig tauchen sie im Social-Media-Feed auf. Diese Videos, in denen einem schonungslos das Leid von Tieren vorgehalten wird, die qualvoll auf Schlachttransporten verdursten, in Pelzfarmen unter Höllenqualen auf ihre endgültig letzte Stunde warten oder in Laboren von der Kosmetik- und Pharmaindustrie vom Lebewesen zum sprichwörtlichen Versuchskaninchen degradiert werden. So schlimm diese Bilder auch sein mögen, irgendwann ist man abgestumpft. Auch wenn man es nicht will.

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Die Fotos vom so genannten Gadhimai-Fest in Nepal, einer religiös motivierten Zeremonie, bei der in der Vergangenheit bis zu 100.000 Tiere ihr Leben ließen, zeigen das Blutvergießen allerdings in einem ungewohnt schockierenden Ausmaß. Ein eigenes abgestecktes Feld, gepflastert mit toten Büffeln, Tauben oder Ziegen. Panische Kälber, die über frisch abgeschlagene Schädel stolpern, an denen die Augennerven noch zucken. Ihnen im Nacken: 250 Männer, ausgerüstet mit machetenähnlichen Messern.

Die Freiwilligen sind meist keine erfahrenen Schlachter und wissen deshalb nicht, wie man ein Tier möglichst schnell und schmerzlos tötet. Oft werden den Tieren zuerst die Beine abgeschlagen, damit sie nciht mehr flüchten können. „Es kann bis zu 25 Anläufe brauchen, bis ein Büffel stirbt", erklärte uns im vergangenen Jahr Hendrik Hassel von Animal Equality.

Zum Zeitpunkt ihres Todes haben die Tiere bereits eine tagelange Tortur hinter sich. Viele der Festteilnehmer bringen Ziegen oder Geflügel aus dem benachbarten Indien mit, in dem Tieropfer verboten sind. Die oft tagelange Reise müssen die Opfertiere in Fahrradkörben oder zusammengepfercht in den Kofferräumen von Reisebussen auf sich nehmen. In vielen Fällen ohne Wasser und Futter.

2009 starben bei der religiös motivierten Zeremonie noch 100.000 Tiere, im vergangenen Jahr konnten Tierschutzorganisationen vor Ort durch engagierten Einsatz die Zahlen auf 30.000 senken. Das Ziel, die Opferzeremonie zukünftig mit Kürbissen oder anderen symbolischen Gegenständen durchzuführen, wie bei anderen hinduistischen Festen üblich, schien im vergangenen Jahr trotzdem noch in weiter Ferne.

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Die Dokumentation, die Animal Equality kürzlich über ihren YouTube-Kanal veröffentlichte, zeigt, wie tief der Aberglaube bei vielen Beteiligten noch immer sitzt. Die Anwohner und Besucher versprechen sich Glück und Wohlstand durch das Blutvergießen. Ein Priester erklärte sogar, dass er die Rache der Göttin fürchte und davon auszugehen sei, dass das Dorf vernichtet werden würde, wenn man etwas an den Regularien des Opferrituals ändere. Ein zusätzlicher Faktor ist außerdem, wie so häufig, Geld. Das in dieser Form größte Schlachtfest der Welt ist eine der größten Touristenattraktionen Nepals, das Fleisch der geopferten Tiere wird nach der Zeremonie gewinnbringend weiterverkauft.

Umso überraschender und erfreulicher ist es nun, dass die Bemühungen der Aktivisten vor Ort, allen voran des Animal Welfare Network Nepal und der Humane Society India endlich Früchte getragen haben. Am 28. Juli erklärte ein Vertreter des Gadhimai-Tempels das Schlachten endgültig für beendet. „Über Generationen hinweg haben Pilger der Göttin Gadhimai Tieropfer erbracht, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Es ist der Zeitpunkt gekommen, eine alte Tradition weiterzuentwickeln und zu verändern. Es ist der Zeitpunkt gekommen, das Töten und die Gewalt durch friedliche Verehrung und Feierlichkeiten zu ersetzen", zitiert Animal Equality Ram Chandra Shah in einer Pressemitteilung.

Amruta Ubale, Koordinatorin von Animal Equality in Indien, sieht in diesem historischen Meilenstein die Bestätigung, dass internationaler Druck zum Erfolg führen kann. Laut ihrer Kollegin Stefanie Lenz besteht außerdem die Hoffnung, dass andere Traditionen nach dieser Entscheidung ebenfalls im Umbruch begriffen sein könnten: „Das Tempelkomitee setzt mit dieser wegweisenden Entscheidung auch ein ganz klares Zeichen dafür, dass Tieropferungen in modernen Gesellschaften nichts verloren haben. Spätestens wenn das größte Tieropferfest der Welt zu einem Fest des Lebens wird, sollten auch alle anderen folgen und sich gegen Blutvergießen entscheiden."

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