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Neue Zählmethode: Wie viele Leute gehen wirklich auf die Pegida-Demos?

Studenten der TU Dresden haben mal was ganz Verrücktes ausprobiert: Zählen. Damit sind sie zu ganz anderen Ergebnissen als die Polizei gekommen.

Studenten an der TU Dresden haben eine neue Zählmethode entwickelt, mit der sie die Teilnehmerzahl der Pegida-Demonstration am Montag in Dresden bestimmt haben. Aber wo die Polizei ursprünglich von 3.000 Demonstranten gesprochen hatte (was so auch in den Medienberichten aufgegriffen wurde), kamen die Studenten nur auf 1.462—weniger als die Hälfte.

Bei Pegida galt schon immer: Size does matter. Die Teilnehmerzahl der Demos war von Anfang an ein wesentlicher Teil der Geschichte der Bewegung. Immer wieder wurde erwähnt, mit welcher Geschwindigkeit sich die „Spaziergänge" von ein paar dutzend Mann zu regelrechten Großdemonstration entwickelt hatten (an ihrem Höhepunkt sollen es 25.000 Menschen gewesen sein), und seit den diversen Pannen nehmen die Medien die schwindenden Teilnehmerzahlen immer wieder als Indiz für die schrumpfende Bedeutung der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung Europas".

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Umso gefragter waren also korrekte Zahlen, die aber nicht leicht zu bekommen waren. Pegida selbst gab sich jede Mühe, zum Beispiel mit kreativen Konzepten wie der Münztonne (in die jeder Teilnehmer eine Münze werfen sollte—was besonders Spaß macht, wie eine Frau mitten im Video hinläuft und fünf Münzen einwirft). Im Allgemeinen mussten sich aber sowohl Pegida als auch die Presse auf die Schätzungen der Polizei verlassen

Das könnte jetzt vorbei sein. Unter dem Namen „ Durchgezaehlt" hat eine Gruppe von Dresdner TU-Studenten ein neues System entwickelt, das auf „wissenschaftlichen Standards" beruhen soll. Dazu haben die Studenten eine hochauflösende Videokamera auf einer Brücke positioniert, unter der der Demonstrationszug durchkam.

Alle Bilder von der Gruppe „Durchgezaehlt" (CC BY-NC-SA)

Das entstandene Video wurde in 417 Einzelbilder (im Abstand von einer Sekunde) zerlegt, aus denen dann 31 Bilder ausgewählt wurden, die immer auch ein paar Menschen vom vorherigen Bild enthielten. Dann markierten die Studenten alle Personen in den Bildern mit einem grünen Punkt. Wenn eine Person in einem vorherigen Bild bereits markiert worden war, bekam sie einen roten Punkt. Die grünen Punkte wurden schließlich von einer Software gezählt, und das endgültige Ergebnis war dann: 1.462.

Wie kann es sein, dass die Polizei sich so grob verschätzt und die Zahl der Pegida-Demonstranten mehr als verdoppelt? Auf ihrer Webseite schreiben die Studenten: „Bei einer solch drastischen Abweichung stellt sich natürlich die Frage nach den Ursachen." Aus dem Grund haben sie sich entschlossen, ihr Material vollständig öffentlich zu machen.

Besonders das von der Kamera aufgenommene, tonlose Video ist sehenswert: Stumm ziehen die Pegidisten gemäßigten Schrittes die Straße hinunter. Mit der Funktionskleidung und den Regenschirmen wirken sie nicht gefährlich, sondern eher, als würden sie alle von einem langweiligen Konzert nach Hause gehen. Es ist fast schon beruhigend zu sehen, dass selbst eine so hehre Aufgabe wie die Verteidigung des Abendlandes irgendwann zur drückenden Routine werden kann.

Nicht ganz so friedlich, dafür aber mit Ton: Der Tag, als HoGeSa nach Berlin kommen wollte, im Video: