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Musik

Das Marshall Mathers Dilemma—eine Analyse

Eminem weiß, dass er nicht als Slim Shady weitermachen kann. Auf „Rap God“ bringt er seine Zukunft auf den Punkt.
Ryan Bassil
London, GB

Eminen, damals

Von allen Rap-Giganten hat es Eminem am schwersten. Anfang der Woche veröffentlichte er „Rap God“, den dritten Track aus einem bevorstehenden Album. Seitens SPIN gab es eine vernichtende Kritik, die besagte, dass Marshall „zwar gut im Rappen ist, aber nicht sonderlich mehr.“

Aber SPIN trifft damit nicht den Punkt. Um „Rap God“ zu verstehen, müssen wir erst einmal das Dilemma begreifen, in dem sich Eminem befindet.

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Aus allen Alter Egos von Eminem—Slim Shady, Eminem und Marshall Mathers—ist Marshall am stärksten nach innen gerichtet und stellt eine sehr persönliche und gebrochene Seite von Eminem dar. Auf The Marshall Mathers LP gab es mit Tracks wie „Stan“, „Kim“ oder „The Way I Am“ weniger zu Lachen und viel mehr kalte, direkte und eben sehr persönliche Statements, als auf dem Vorgänger oder den folgenden Platten.

Das neue Album ist eine Fortsetzung, The Marshall Mathers LP 2. Man macht es sich zu einfach, wenn man das einfach als Marketing-Strategie abtut, denn es ist viel mehr als das. In den dreizehn Jahren seit der Veröffentlichung des Originals ist viel passiert. Eminems bester Freund Proof starb, er überwand seine Drogenabhängigkeit und die Musikindustrie, die komplette Medienwelt und das Internet sind nicht mehr wiederzuerkennen. Das hier ist Marshall Mathers 2.0. Es ist nicht Slim Shady und diejenigen, die ein zweites „My Name Is“ erwarten, verwechseln wohl die Alter Egos.

„Rap God“ ist eine Übung in extremen Selbstbewusstsein. Eminems komplette Karriere ist auf der Bewältigung von immensen Herausforderungen aufgebaut. Die ersten Jahre nach dem Millennium war Eminem Herr über die tagesaktuelle Presse. Er wurde von seiner Mutter verklagt, war Zielscheibe von Anti-Homophobie-Gruppen und man beschuldigte ihn der Waffenkriminalität. Für die meisten Künstler hätte das längst das Todesurteil bedeutet, aber Eminem war in der Lage dem standzuhalten wie kein anderer. Statt klein beizugeben, focht er seine Darstellung in den Medien, seine Familie und wirklich jeden Kritikpunkt, der ihm vorgeworfen wurde, an. Als Eltern-Organisationen versuchten, ihn aus dem Radio zu verbannen, sagte er ihren Kindern: if they like violence they should stick nine inch nails into each of their eyelids.

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Aber ein Jahrzehnt später, sind seine ehemaligen Herausforderungen zu normalen Konventionen geworden. Wirklich jeder ist Anti-Medien, lehnt sich gegen das System auf oder betreibt kleine Gaunereien im Internet. Eminem hat das begriffen. Auf „Rap God“ parodiert er die neue Generation, die angeblich nur schocken will und behauptet, dass ein Masterplan mehr als nur „fuck being normal“ enthält. Das ist nicht länger ein Alleinstellungsmerkmal.

Eminem hat sich in eine seltsame Situation gebracht. Er wird niemals ein experimentelles Ausrufezeichen wie Yeezus veröffentlichen, aber er wird auch keinen zweiten „Real Slim Shady“ erschaffen, denn dann wäre dieses Format ja nicht mehr einzigartig. Er hat seinen Kampf zurück zur öffentlichen Wichtigkeit einfach verloren.

Im Jahr 2013 ist Eminems Schock-Taktik nahezu nutzlos.

Klickt auf das Bild, um bei Noisey zu erfahren, wie Eminem sein Dilemma lösen kann.