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Musik

Nüchterner Synthie-Pop hat Cold Cave gerettet

Wes Eisold dürfte einigen vielleicht als Sänger der Hardcorebands American Nightmare und Some Girls bekannt sein, aber diese Namen darf man getrost vergessen.
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von Alex

Wes Eisold dürfte einigen vielleicht als Sänger der Hardcorebands American Nightmare und Some Girls bekannt sein, aber diese Namen darf man getrost vergessen. Sie sind Geschichte. Nachdem Wes sich einer Vielzahl anderer Projekte gewidmet hatte—etwa dem Veröffentlichen der Bücher von Genesis P. Orridge und Boyd Rice in seinem Verlag Heartworm Press oder dem Betreiben einer Galerie in Philadelphia, die zugleich als Bibliothek und Performance-Raum diente—stand er plötzlich ohne Band da. Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als alleine auf seinem Keyboard herumzuklimpern.

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Die Resultate sind von dem wütenden Krawall seiner alten Bands durchaus einige Lichtjahre entfernt, denn unter dem verzerrten Gitarrenmatsch früherer Tage kommen plötzlich kleine Goldnuggets aus nahezu perfektem Synthie-Pop zum Vorschein. Die süchtig machenden Tracks, die klingen als ob Ariel Pink Erasure-Songs aus dem Gedächtnis nachspielt, erschienen zuerst nur vereinzelt auf kleinen Labels, werden jetzt aber endlich auf zwei hervorragenden Alben, Love Comes Close und Cremations zusammengefasst.

Vice: Wie kommt man als Shouter einer Hardcore-Band dazu, gespenstischen Synthie-Pop zu produzieren?
Wes Eisold: Ich hatte zu der Zeit keine Band und habe einfach versucht, ein wenig Musik zu machen. Da war es naheliegend, etwas Elektronisches zu produzieren, da man dabei weniger auf andere angewiesen ist. Am Anfang habe ich nur ein paar alte Casios verwendet, inzwischen besitze ich auch etwas moderneres Equipment.

Zuvor bist du nur am Mikro in Erscheinung getreten. Wusstest du überhaupt, wie man ein Keyboard bedient?
Nein, ich konnte zuerst überhaupt kein Instrument spielen. Synthies sind einfach, jeder kann irgendwas damit anfangen. Vermutlich würde meine Musik ganz anders klingen, wenn ich besser spielen könnte. Kann ich aber nicht.

Wieso sind die frühen Cold Cave Sachen eigentlich bei Hospital erschienen? Die veröffentlichen doch sonst nur diesen brutalen Noisekram, bei dem einem die Ohren wegschmelzen.
Ich war mit Dominic (Fernow, Eigentümer von Hospital Records) zusammen in einer Hardcoreband, von daher kannten wir uns eine Weile und so bot er mir an, was auch immer ich mache zu veröffentlichen.

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Ist es komisch, bei Konzerten nicht mehr die ganze Zeit herumzurennen und zu schreien?
Es ist anstrengend. Ich muss mich an die Verantwortung gewöhnen. Vorher musste ich mir nur ein Mikro schnappen und los ging's. Jetzt habe ich all dieses Equipment und erst ungefähr zehn Konzerte gespielt, ich versuche also immer noch rauszufinden, wie das alles funktioniert. Irgendwas geht immer schief, aber es ist auf jeden Fall angenehm, am Ende der Show nicht immer völlig schweißgebadet zu sein. Dafür muss man sich aber mehr konzentrieren.

Soll das etwa heißen, dass du jetzt nüchtern bist, wenn du Konzerte spielst?
Nüchterner.
Worum geht es in dem Stück "Sex Ads"?
Ich bin völlig besessen von den Kontaktanzeigen bei Craigslist, am meisten gefällt mir die Kategorie „Mann sucht Mann". Da sind massenweise Fotos von Schwänzen drin. Es ist sehr roh und direkt, so nach dem Motto: „Hier siehst du was dich erwartet!". Das finde ich irgendwie erfrischend.

CIRCLE JAMS

Das Album Love Comes Close erscheint bei Heartworm und Matador.

myspace.com/coldcave

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