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Ist die „Old School Society“ die dümmste Terrorgruppe Deutschlands?

Die heute ausgehobene rechtsextreme Terrorgruppe hatte Gewaltaufrufe, ein Musikvideo und jede Menge Privatfotos auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht.

Das Gruppenbild der „Old School Society". Screenshot: Facebook

Heute morgen wurde gemeldet, dass die Polizei eine deutschlandweite Razzia gegen eine rechtsextreme Terrorgruppe namens „Old School Society" durchgeführt hat. Die Truppe soll Anschläge auf Moscheen und Asylbewerberheime geplant haben. In fünf Bundesländern wurden Wohnungen durchsucht, drei Männer und eine Frau (die „Führungsriege") wurden von GSG-9-Kräften festgenommen.

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So ziemlich jeder, der diese Nachricht liest, wird bei „rechtsextremer Terrorgruppe" sofort an den NSU denken. Es passiert nun auch nicht jeden Tag, dass eine Neonazi-Organisation vom GSG 9 zerschlagen wird! Im MDR wird die Gruppe als „bisher unbekannte Größe" bezeichnet.

Aber bevor man jetzt anfängt, sich vor womöglich zahlreichen wie der NSU operierenden Terrorzellen in Deutschland zu fürchten, sollte man sich die Gruppe etwas genauer anschauen. Das ist nämlich überraschend einfach: Die Old School Society hat eine eigene, öffentliche Facebook-Gruppe—mit mehr als 3.000 Likes.

Screenshot: Facebook

Je mehr man sich auf dieser Seite umschaut (auf der übrigens seit gestern nichts Neues mehr gepostet wurde), desto mehr Fragen wirft sie auf. Die wohl offensichtlichste: Warum hat eine in Deutschland operierende Terrorgruppe eine verdammte Facebook-Seite? Gehört das irgendwie zum perfiden Plan der Truppe, dass man fast alle ihre Anführer innerhalb von 5 Minuten mit Namen, Bild und FB-Profil identifizieren kann?

Dass die Betreiber und Fans dieser Seite üble Neonazis sind, daran besteht kaum ein Zweifel. Praktisch die gesamte Timeline besteht aus irgendwelchen gefälschten Nachrichten über kriminelle Asylbewerber oder pädophile Grüne, die routinemäßig mit „Dreckspack" oder „Schädel abhauen!" kommentiert werden. (Besonders reizend sind die Kommentare unter der echten Meldung, dass ein Asylbewerber sich aus Verzweiflung selbst angezündet hat—„Ein guter Anfang" ist da noch das Netteste.)

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Genau so deutlich wird, dass die Betreiber von OSS etwas aufbauen wollten: Im Impressum der Seite findet sich ein längeres „Mission Statement", in dem es unter anderem heißt:

Die Organisation „Oldschool Society" ist eine Verbindung gleichgesinnter Menschen, die die Werte Respekt, Loyalität, Ehre, Bruderschaft und Toleranz nicht nur als Floskel sehen, sondern diese Tugenden leben. Unser Motto lautet wieder zurück zu den Wurzeln, zu unseren alten Traditionen. In einer Zeit in der es unzählige Kameradschaften gab ohne Konkurrenz, ohne Kriege, ohne Revierkämpfe. Im Mittelpunkt stand der Kampf um die Straße, sowie der Heimat und das Feiern der Feste wie sie fallen.

Später wird dann ausdrücklich verboten, verfassungsfeindliche Symbole oder Bilder von Adolf Hitler zu posten, denn: „Wir die Führungsebene wollen diese Organisation sehr lange am leben halten und diese auch nicht durch unüberlegtes Handeln an den Nagel hängen!"

Und das ist irgendwie überraschend, denn im unüberlegtem Handeln scheint der OSS ziemlich wit vorne zu sein. Man muss sie eigentlich nur googeln, um nicht nur die vor Gewaltaufrufen wimmelnde FB-Seite, sondern auch ein selbstproduziertes Musikvideo der Gruppe auf YouTube zu finden. Darin wird in szenetypischem Ork-Gegröle zum Kampf gegen den Staat aufgerufen: „Alleine bist du schwach / also komm an unsere Seite und kämpf' gegen den Staat"—unterlegt mit Privatfotos offenbar aller „Anführer" der OSS, die das Video am Ende auch stolz signieren („Starring: Andreas. Markus, Olli, Ronny, Marco, Denise, Thomas, Suse, Lukas und unser Rockstar -K-"). Sind das die dümmsten Verfassungsfeinde aller Zeiten?

Natürlich ist es kein Scherz, wenn eine Gruppe von Rechtsextremen Anschläge plant. Laut MDR wurden bei den Wohnungsdurchsuchungen „pyrotechnische Gegenstände mit großer Sprengkraft sowie weitere Beweismittel" gefunden. Allerdings hat die Polizei keine konkreten Anschlagspläne bestätigt—offenbar wollten sich die Verhafteten am Wochenende im sächsischen Borna treffen, wo zwei von ihnen lebten.

Es ist also etwas schwer, die reale Bedrohung, die von solchen Facebook-Desperados ausgeht, einzuschätzen. Die vielen Gruppenfotos, die Musikvideos und der Enthusiasmus, mit dem immer wieder neue, immer noch totenkopflastigere Logos entworfen wurden, lässt aber stark darauf schließen, dass es hier sich hierbei wohl nicht um den neuen NSU gehandelt hat. Dass sie erstmal verhaftet sind, kann aber bestimmt trotzdem nicht schaden.