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Wie präpariert man eine Eule?

Glaubt uns, alles ist irgendwie witzig und verrückt bis zu dem Moment, in dem deine Freundin einen Schnitt durch die dünne Hautschicht auf der Brust eines Vogels setzt.

Ich bin mir relativ sicher, dass meine Eltern an keine gehäutete Eule gedacht haben, als sie mir das neue Küchenmesser–Set vor einigen Wochen geschenkt haben. Letzte Nacht wurden es aber dafür benutzt, nachdem meine Freundin Carly Ptak mit ein paar toten Vögeln vor meiner Tür stand.

Carly ist die Art Freundin, mit der man sowas einfach durchzieht. Wir gehen Dinge auf eine Weise an, die über's „Angehen“ hinausgeht. Etwas, das die meisten Leute wahnsinnig macht. Sie ist Hypnotherapeutin, Reinkarnationstherapeutin und macht experimentelle Performances mit Licht, Ton und alternativen Heilmethoden. Es war also nicht wirklich überraschend, als sie das erste Mal mit so einem Geschenk vor meiner Haustür stand.

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Die Eule war noch etwas warm (vielleicht von der Autofahrt?), sie hatte keinen Puls, kein Leuchten in den Augen, aber dafür ein gebrochenes Genick. Die kleine blutige Delle an ihrem Kopf rührte wahrscheinlich von dem Zusammenstoß mit einem Auto auf dem Highway her. Dort hatte Carly sie und ein paar andere Vögel gefunden.

Wir sprachen darüber, was wir mit dem Vogel nun anstellen würden, meiner Meinung nach hätten wir sie zerschneiden sollen, um aus den Teilen dann schamanische Zauberstäbe zu machen. Aber es war ihr Vogel und sie hatte das letzte Wort. Sie wollte seine Haut aufbewahren und sich als Amateurtierpräparatorin versuchen. Sie hatte das schonmal mit einem Säugetier gemacht—ich weiß nicht, was für eins und wollte auch lieber nicht fragen.

Wir recherchierten also online—etwa 30 Minuten lang—nur um nachzusehen, ob wir uns dadurch das West-Nil-Virus oder die Vogelgrippe einfangen könnten, aber wir entschieden, dass das nicht möglich war. Amerikanische Ureinwohner präparierten ihre Tiere nur mit Maismehl und an das kommt man ziemlich leicht ran. Zudem stand unsere Eulenart auf Liste von bedrohten Tierarten. Wir konnten also ohne Hindernisse unsere eigene Version von Körperwelten erschaffen.

Wir benutzten meinen Gartentisch, auf dem ich normalerweise romantische Mond- und Kerzenlichtdinner genieße, um die Eule darauf zu operieren. Zuerst beklebten wir ihn mit Plastikmüllbeuteln. Danach kam eine Schicht Papier und darauf reihten wir schließlich unsere Utensilien auf: Gummihandschuhe, eine Rasierklinge, die mir mein Nachbar ausgeliehen hatte, eine Schere, die bereits genannten Küchenmesser, eine Schüssel Wasser und nur für den Fall der Fälle eine Pinzette. „Für das Hirn“, sagte Carly.

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Glaubt mir, alles ist irgendwie witzig und verrückt bis zu dem Moment, in dem deine Freundin einen Schnitt durch die dünne Hautschicht auf der Brust eines Vogels setzt. Carley schob die Federn zurück, um den Einschnitt zu inspizieren. Dabei flogen uns viele kleine Federn um die Ohren. Danach begann sie damit, die Haut wegzureißen, es hörte sich an, als würde sie einen Teppich auseinander reißen.

Wir waren uns nicht sicher, wie tief wir hineinschneiden sollten. Es schien, als wäre der erste Einschnitt noch etwas zögerlich gewesen. Also ging Carly etwas tiefer, wodurch wir auf eine mit Blut gefüllte Höhle stießen. Ab da stank es ein wenig.

„Einfach ausziehen wie einen Strumpf, richtig?“, kommentierte meine Mitbewohnerin. Sie liebt und sammelt Präparate. Wir haben in unserem Haus einen ausgestopften Pfau, einen seltenen blonden Waschbären, den Kopf eines Widders und den eines Hirschs, einige Vögel und Geweihe, Häute, Felle und noch mehr. Ich bin seit beinahe 20 Jahren Vegetarier und gerade gestern habe ich Ameisen, die ich in meiner Küche gefunden habe, auf ein Blatt Papier gescheucht und nach draußen gebracht. Also sorgt das Ausstopfen von Tieren hier für Streit, besonders das Ausstopfen von Vögeln. Wir haben einmal 24 Stunden lang nicht miteinander geredet, weil ich gesagt habe, wie ekelhaft ein Fasan ist und sie sich dadurch beleidigt fühlte. Das gute Stück sitzt nun auf einer Navajo-Trommel unter einer Glasglocke direkt neben meiner Zimmertür. Ihr wisst also, wer gewonnen hat.

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Es ist gut zu wissen, zu was man im Falle des Weltuntergangs in der Lage wäre, deswegen mache ich das hier. Was, wenn ich in der Zukunft einen Hirsch häuten müsste? Es ist also besser, wenn ich jetzt herausfinde, was ich zu tun habe, damit ich nicht irgendwannmal meinen postapokalyptischen Stamm enttäuschen muss.

Es stellte sich heraus, dass ich ziemlich weich bin. Ich spielte ein Spiel namens „Lasst uns rausfinden, was ich während dieser intensiven Situation fühle“ und vielleicht habe ich verloren? Es kamen Fragen in mir auf, wie „Auf welche Weise kommt das hier dem Tier zu Gute?“ Es ist nämlich ziemlich aufwühlend, einen Körper aufzuschneiden und hineinzusehen. Es fühlte sich an, als würde man in die Privatsphäre der Eule eindringen. Außerdem sind tote Dinge einfach nur fies, nicht schön. Sie sind weg und ich finde, man sollte sie der Natur zurückgeben, auch wenn das bedeutet, dass man überfahrene Tiere von der Straße aufkratzen muss.

Für Carly war der Vogel aber nur noch eine Hülle, der Körper eines Lebens, das bereits vergangen ist. Und das ergibt Sinn. Vor einigen Tagen besuchte ich Maja D’Aousts Kurs über den Tod. Dort lernten wir etwas über die physiologischen Aspekte des Todes und auch über das Sterben.

Viele Kulturen und Religionen betrachten den Körper nur als Hülle. Die Organe sind dabei sowas wie Lichter und bedachter Tod bedeutet, dass man in sich hineingeht und systematisch in einer bestimmten Reihenfolge die Lichter ausmacht, bis alles dunkel und ruhig ist. Danach fährt das Fleisch dann alle Lebensprozesse runter. Alchemisten behaupten, dass man niemals stirbt, wenn man es schafft, dass seine Organe sich nicht abschalten. Tod kann also eine Wahl sein. Solange du keine Eule am Straßenrand bist.

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Hier waren wir also und lernten im Vorgarten um Mitternacht bei Vollmond etwas über Anatomie. Carly hatte zur Sicherheit ein Handtuch um den Hals und ich merkte, dass ich an meine Grenzen stieß. Carly häutete die Eule bis zu einem der Beine. Ich nahm das andere, was bedeutete, dass ich es brechen musste, um danach die Sehen durchzuschneiden und die Haut hochzuziehen. Augen zu und durch, dachte ich mir. Als wir zu dem Punkt kamen, an dem die Haut über den Hintern gezogen werden muss, hatte ich einen besonderen Schnitt zu machen. Ich glaube, ich musste die Verbindung zu ihrer Vagina durchtrennen.

Das war genug, danke. Ich gab die Werkzeuge zurück an Carly und dachte über Leben, Tod, Transmutation und Respekt nach, um Klarheit in meinem Kopf zu schaffen.

Der Flügel sah etwas schwierig aus, aber Carly schnitt ihn frei. Der rote, fleischige Körper war nun nur noch durch den gefiederten Kopf mit der Haut verbunden und sah wie ein Neugeborenes aus. In diesem Moment wusste ich, dass es Zeit war zu gehen. Auf keinen Fall würde ich mehr aushalten.

Das nächste Mal, als ich rausging, um Carly zu helfen, war, als wir die Schale mit Maismehl vorbereitet haben. Ich habe nie die gesamte Haut gesehen, obwohl sie gerade in besagter Schale in einem Plastikmüllbeutel in meiner Gefriertruhe liegt. Carly sagt, der Kopf sei „irgendwie klasse, gar nicht mal so schwierig“, und es war interessant zu sehen, woraus Schnäbel bestehen. „Er zerfasert richtig.“ Sie hat am Ende nicht einmal die Pinzette genutzt und keinen Knochen gesehen, es befindet sich also noch etwas Gesicht zwischen Federn und Schädel.
 
Ich fragte Carly im Nachhinein nach ihren Gedanken während der Operation. „Ich habe es vielmehr genossen als beim letzten Mal“, sagte sie. „Es war leichter und auch sauberer.“ Stimmt, es war nicht annähernd die blutige Horrorshow, die ich mir vorgestellt hatte. Wir mussten die Beine abkleben und ein Tuch unter die Körperöffnungen legen, um ein unkontrolliertes Auslaufen zu verhindern, aber ansonsten war alles sehr sauber. Die ganzen Schutzmaßnahmen für die Tischplatte waren total übertrieben.