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„Der hat immer Bier getrunken, nie Schnaps“—Auf Putins Spuren in Dresden

Als die Wende kam, musste Putin als junger KGB-Agent sein Büro in Dresden mit der Pistole in der Hand verteidigen. Ein Rundgang entlang der wichtigsten Stationen seines Lebens in Deutschland.

Reist man in der Zeit zurück, findet man Wladimir Putin in einem kleinen Büro des KGBs in Dresden. Das Jahr war 1985. Während dieser Zeit war Putin dem Direktorat S zugeteilt, einer Abteilung, die damit beschäftigt war, Geheimdienstinformationen zu sammeln und auszuwerten, und deren Mitarbeiter unter falschen Identitäten lebten. Putins Aufgabenbereich bestand aus Übersetzen, Dolmetschen und Koordinierungsarbeit mit der Stasi, um Ausländer, die an der Technischen Universität Dresden studierten, für ihre Zwecke zu rekrutieren, damit sie in ihren Heimatländern Spionage betrieben.

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Seine Frau Lyudmila zog kurz nach seiner Ankunft mit ihrer Tochter Mariya ebenfalls in die Stadt an der Elbe und kurze Zeit später wurde ihre zweite Tochter Yekaterina dort geboren. Sie lebten in einem einfachen Plattenbau in der Nähe der Elbe.

Putin verbrachte fünf Jahre in Dresden, bis die Mauer 1989 fiel. Als ’89 eine wütende Menge das KGB-Hauptquartier in der Angelikastraße stürmen wollte, drohte Putin ihnen mit gezogener Pistole und dem Hinweis, dass er sie nutzen würde. Die Menge zog sich daraufhin zurück.

In der Radebergerstraße 101 wohnte Putin mit seiner Familie. Von hier aus hatte er es auch nicht weit zur Arbeit—wie seine Ex-Frau Ljudmila berichtet „kam er zum Mittagessen immer nach Hause“.

Dieser schicke Waldkindergarten mit Holzskulpturen und großem Spielplatz (der inzwischen wohl etwas von seinem DDR Charme eingebüßt hat) befand sich in direkter Nähe von Putins Haus. Ljudmila erinnert sich: „Vom Fenster seines Büros konnte Wolodja die kleine Katja in der Kinderkrippe beobachten. Morgens brachte er Mascha in den Kindergarten, der unmittelbar unter dem Fenster unserer Wohnung war, dann brachte er Katja in die Kinderkrippe.“

Auf dem Bolzplatz des Jägersportparks hielt Putin sich fit, indem er mit seinen Kollegen von der Stasi Fußball spielte.

Die Flagge der DDR weht auch 24 Jahre nach dem Mauerfall noch über den Köpfen der Schrebergärtner/innen.

In einem klassischen Trabbi wie diesem könnten Putin und seine Familie am Wochenende raus aufs Land gefahren sein. Andererseits hält sich das Gerücht, dass er in Wirklichkeit einen Lada hatte.

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Die KGB-Villa in der Angelikastraße 4. Leider erhielten wir keinen Eintritt in das Gebäude und konnten nur heimlich in den Kellerräumen fotografieren. Dort, wo die Männer vom KGB nachts im blauen Zigarettendunst ihre geheimen Sitzungen abhielten. Als zur Zeit des Mauerfalls wütende DDR-Bürger das Gebäude stürmen wollten, stand Putin mit Pistole im Garten zur Verteidigung bereit. Heute befindet sich im Rudolf-Steiner-Haus die Anthroposophische Gesellschaft, deren Mitglieder daran arbeiten, dass nichts mehr an die dunkle KGB-Vergangenheit erinnert. Die Sauna im Erdgeschoss haben sie aber hoffentlich behalten.

Wir schafften es, heimlich durchs Fenster einen Blick auf die Küche zu werfen, in der Vlad und seine Kumpanen Tee aus dem Samowar tranken—oder ein paar Flaschen aus dem geheimen Krimsekt-Vorrat.

Auf diesem Gelände befand sich damals die lokale Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit/des Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS). Heute ist es ein Museum und sieht von innen genauso trostlos aus wie von außen. Ein Gang über den Gefängnishof vermittelt einen Eindruck, wie schlimm es gewesen sein muss, hier eingesperrt gewesen zu sein.

Moskau hatte ein spezielles Interesse an den Green Berets, einer in Bad Tölz stationierten Spezialeinheit der US Army, ebenso an den Militärübungsgeländen in Wildflecken und Münster. Wenn die Menschen in der DDR Verwandte aus dem Westen einladen wollten, mussten sie dafür spezielle Bewilligungsanträge stellen. Putins Aufgabe bestand darin, sich durch zehntausende dieser Schreiben zu wühlen und die Anträge weiterzuleiten, die Verwandte betrafen, die in der Nähe der amerikanischen Stützpunkte wohnten.

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„Am Thor“: hier hat sich Wolodja an Freitagabenden mal ein Bier genehmigt. „Der hat hier immer sein Bier getrunken, NIE Schnaps“, sagte uns der Mann hinter der Bar, der keine große Lust zu haben schien, Fragen über Putin zu beantworten. Für mehr Informationen hätten wir entweder mehr bezahlen oder mehr trinken müssen. Ein richtiger Kneipengänger war Putin jedenfalls nicht, lieber traf er sich mit Kollegen zu Hause.

An der Technischen Universität in Dresden ging Putin auf die Jagd nach neuen KGB-Agenten. Besonders hatte er es auf Amerikaner und andere Ausländer abgesehen.

Der Kulturpalast Dresden wird derzeit dem Erdboden gleich gemacht—und mit ihm dieses Meisterwerk der sozialistischen Malerei.