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Eine Disco im österreichischen Innviertel macht mit einer Kriegsverbrechen-Referenz Werbung

Ein Promo-Poster für die „Innviertler Hasenjagd" stellt eine Parallele zur Mühlviertler Hasenjagd her, bei der 1945 Kriegsgefangene aus Mauthausen wie Tiere gejagt wurden.
VICE Media

Am 5. April veranstaltet eine Ab-18-Disco in Tumeltsham—einem kleinen Ort in der Gemeinde Ried im Innkreis—eine Party mit dem Motto „Innviertler Hasenjagd". Als Bewerbung wurden Plakate aufgestellt, die ein Mädchen mit Hasenohren auf dem Kopf und einer Waffe in der Hand sowie einem Kaninchen abbilden.

Die große Geschmacklosigkeit liegt in der Tatsache, dass der Name der Veranstaltung—vor allem hier, im oberösterreichischen Hinterland—ziemlich deutlich an die „Mühlviertler Hasenjagd" erinnert. Dabei handelt es sich um ein Kriegsverbrechen, bei dem 1945 mehrere Hundert KZ-Insassen aus dem Konzentrationslager Mauthausen entfliehen konnten und in Folge von Nazis, denen aufgrund des bevorstehenden Kriegsendes alles egal war, grausam gejagt wurden. Den Spitznamen „Mühlviertler Hasenjagd" erhielt das Ereignis von niemand anderem als der zuständigen SS-Einheit. Das Kriegsverbrechen hatte erst diesen Februar seinen 70. Jahrestag, was manche als zusätzliche Provokation interpretieren.

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Robert Eiter, Vorstand des Mauthausen-Komitees, ist

Screenshot der Event-Seite, die den Event „Innviertler Hasenjagd" bewirbt.

laut den Oberösterreichischen Nachrichten schwer empört. Auch der Nationalratsabgeordnete der Grünen, Harald Walser, fordert laut APA OTS-Meldung eine sofortige Entschuldigung der Betreiber der Disco.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels war noch keine der offiziellen Stellen und keiner der Disco-Betreiber für ein Statement zu erreichen. Nach unserer Anfrage beim Rieder Rathaus hieß es, man wisse noch nichts von diesem Vorfall und wir sollten uns direkt an die Gemeinde Tumeltshamer wenden—wo man uns wiederum bereits im Vorfeld an die BH Ried verwiesen hatte.

Die Leitung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis kommentiert, dass die Verwendung der „Innviertler Hasenjagd"-Poster ganz objektiv gesehen pietätslos ist, jedoch keine Anzeigen gemacht wurden und sie auch nicht wegen anderer Gesetzesüberschreitungen gegen die Plakatierung vorgehen könnten. Es liegt kein klarer Fall von nationalsozialistischer Wiederbetätigung vor und auch die Art der Bewerbung, die innerhalb des Ortsgebiets so bewilligungsfrei angebracht werden darf, entspricht keiner Übertretung.

Falls jemand das „Hasenjagd"-Plakat außerhalb des Ortsgebiets oder unerlaubt auf fremden Privatbesitz aufgestellt sehen sollte, könne man die Bezirkshauptmannschaft Ried darüber informieren und das Vorgehen gegen diesen provokanten und schlechten Scherz ermöglichen.

Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie der geschmacklose Wortwitz auf dem gesamten Produktionsweg—von der Namensfindung, über den Druck, bis hin zur Distribution der Promo-Plakate—unbemerkt geblieben sein kann. Viel naheliegender klingt es für mich, dass die Nähe von „Innviertler Hasenjagd" zum Naziverbrechen der „Mühlviertler Hasenjagd" beabsichtigt oder zumindest fahrlässig entstanden ist—weil man mit dem historischen Wiedererkennungswert spielen wollte oder die Anspielung zumindest unproblematisch fand. Genau hier bräuchte es geschichtliches Bewusstsein und einen weniger makabren Sinn für verharmlosenden Humor.

Ich bin selbst in Ried aufgewachsen und auch wenn diese Stadt und das Innviertel als rechte „Braunzone" und allgemein als ausländerfeindlich eingestuft wird, habe ich dort manche der intelligentesten, liberalsten, antifaschistischsten und aufgeschlossensten Menschen überhaupt kennengelernt—auch wenn man das bei Aktionen wie die Plakatierung der „Hasenjagd"-Referenz schwer glauben kann. Umso mehr hoffen wir auf baldige Stellungnahmen und eine klare Abgrenzung nicht nur der Grünen, sondern auch der Betreiber.

Folgt Josef auf Twitter: @TheZeffo