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Sex

Sexsomniacs haben im Schlaf Sex, ohne sich daran zu erinnern

Sexsomniacs bumsen, masturbieren oder reiben sich im Schlaf an Leuten und haben, wenn sie aufwachen, keine Erinnerung daran. Findest du, das hört sich cool an? OK, du Perverser, das ist es nicht.

Sexsomniacs bumsen, masturbieren oder reiben sich in ihrem Schlaf an Leuten und haben, wenn sie aufwachen, keine Erinnerung daran. Findest du, das hört sich cool an? OK, du Perverser, das ist es nicht. Diejenigen, die an Sexsomnia leiden, sehen sich oft mit Anschuldigen konfrontiert wie Vergewaltigung und sexueller Belästigung. Und für ihre Geliebten kann eine hart verdiente Mütze Schlaf plötzlich in einer zügellosen, ungewollten Partie Sex mit ihrem zombifizierten Partner enden.

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Als ich das erste Mal von dem Leiden hörte, fragte ich ein paar Freunde, ob sie glaubten, dass es echt sein könnte. Jeder einzelne antwortete mir: „Sexsomnia? Ich glaube, mein/e Freund/ Freundin/ Ex hat das", und dann: „Ruf mich an, wenn du Hilfe bei den Recherchen brauchst." Zum Glück denkt nicht jeder, dass das ein Witz ist. Privatdozent Gerald Kennedy von der Victoria University in Australien untersucht und behandelt Sexsomnia seit Jahren. Und seiner Erfahrung nach zu urteilen, ist diese sexy Schlafkrankheit nicht so lustig, wie sie sich anhört.

VICE: Also Gerald, das ist zu 100 Prozent etwas, das existiert, oder?
Gerald Kennedy: Ja, ist es. Ähnlich wie bei Schlafwandeln oder Nachtangst tritt dieses Verhalten nur während des Schlafes auf, du hast also nicht viele Erinnerungen daran. Der Betroffene hat keine echten sexuellen Träume, er macht das einfach automatisch.

Ist das bei bestimmten Menschen wahrscheinlicher?
Personen, die an Sexsomnia leiden, zeigen meist auch Anzeichen von Schlafwandeln oder ungewöhnlichem Schlafverhalten.

Sind Männer öfter davon betroffen? Ich könnte mir vorstellen, dass es so ist … Nur aus meiner Erfahrung.
Nachdem, was ich so gesehen habe—und ich habe es nicht so oft gesehen, denn es kommt nicht sehr oft vor, auch wenn man etwas anderes denken könnte—, dann haben es häufiger Männer.

Ist die Wahrscheinlichkeit, dass man daran leidet, höher, wenn man im Wachzustand eine ziemlich sexuelle Person ist?
Das spielt eigentlich nicht so viel mit hinein, weil es ja ein automatisches Verhalten ist. Wir haben auch Leute da, die kein sexuellen Sachen im Schlaf machen, wie Händewaschen oder essen. In der Nacht Sex zu haben ist ein unbewusstes Verhalten, wie jedes andere auch.

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Wenn man weiß, dass man an Sexsomnia leidet und möglicherweise eine Gefahr für andere ist, kann man etwas machen, um sicherzugehen, dass niemand verletzt wird?
Es ist unwahrscheinlich, dass der Betroffene sein Bett verlässt, um Sex zu haben. Es ist wahrscheinlicher, dass derjenige einen Anfall von Sexsomnia hat und im Schlaf Sex hat, wenn er mit jemand anderem im Bett liegt. Es geht um Nähe. Wenn du es tatsächlich hast und du dir mit jemandem ein Bett teilst und die andere Person wacht dabei auf, wie du sie sexuell missbrauchst, dann wird sie sich wahrscheinlich beschweren. Man hat also eine gewisse Verpflichtung. Es ist wie wenn jemand AIDS hat, dann muss man die Leute, mit denen man Sex hat, darüber aufklären, damit entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.

Zählt nur der Versuch, Sex zu haben, oder können das auch andere sexuelle Handlungen oder Masturbation sein?
Oft ist es kein richtiger Verkehr, sondern nur das Reiben an anderen Leuten. Die Frauen, die ich gesehen habe, haben sich selber eher berührt und gerieben.

Das muss für das Privatleben ja ganz schön störend sein.
Das kann es schon, vor allem kann es für den Partner nervig sein. Automatisches sexuelles Verhalten ist sehr grob und mechanisch. Es ist keine sehr angenehme Erfahrung, vor allem wenn man den anderen nicht aufwecken kann.

Wenn Sie Sexsomniacs behandeln, arbeiten Sie dann auch mit deren Partnern zusammen?
Vor Kurzem rief mich ein Paar an, weil der Mann behauptete, dass seine Partnerin im Schlaf masturbierte. Um ganz ehrlich zu sein, bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob sie es tatsächlich macht. Aber falls sie es macht, stresst es ihn, weil er sich dadurch vernachlässigt fühlt.

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Ah, er denkt also, dass davon seine Männlichkeit betroffen ist?
Ja, er denkt, dass er sie nicht befriedigen kann. Und er glaubt auch mir nicht, wenn ich ihm erkläre, dass es eine unbewusste Entscheidung ist. Es ist auch möglich, dass er sich das ganze nur ausdenkt und es benutzt, um sie zu kontrollieren und dafür zu sorgen, dass sie sich schlecht fühlt.

Das muss man sich mal vorstellen.
Ja. In solchen Fällen bräuchten sie beispielsweise auch eine Paartherapie zusammen mit einer medizinischen Behandlung.

Und wie würde diese Behandlung aussehen?
Es gibt ein paar Möglichkeiten. Sie sind ähnlich wie bei Schlaflosigkeit, wo wir versuchen, dass der Patient einen sehr geordneten Schlaf-Wach-Rhythmus hat, keine Drogen nimmt oder vor dem Schlafengehen nicht fernsieht. Wenn das nicht funktioniert, gibt es Medikamente, so ähnlich wie Schlaftabletten, aber sie unterdrücken auch Bewegungen.

Werden Sexsomniacs stigmatisiert?
Nicht wirklich, wahrscheinlich weil es so selten ist. Die meisten Leute, die ich kennengelernt habe, würde ich nicht als übermäßig sexuell einstufen.

Ist es den Leuten peinlich, sich Hilfe zu suchen?
Ja, den Leuten ist es zu 100 Prozent peinlich. Und sie glauben nicht, dass es so schlimm ist, wenn sie einen langfristigen Partner haben, der daran gewöhnt ist. Aber sobald du mehrere, verschiedene Partner hast, wird es zu einem echten Problem.

Macht es das schwieriger, es zu untersuchen?
Ja, in 20 Jahren in der Schlafklinik habe ich vielleicht vier oder fünf richtige Fälle davon gehabt.

Ich denke mal, die offensichtliche Frage ist, wieso die Leute nicht aufwachen, wenn sie es machen? Man würde doch annehmen, dass der andere einen ziemlichen Aufruhr veranstaltet, wenn eine schlafende Person Sex haben will.
Irgendwann werden sie natürlich aufwachen. Einer meiner Patienten sprang trotz Behandlung mitten in der Nacht auf seine Partnerin um Sex mit ihr zu haben. Sie schlug, biss und kratzte ihn, aber er wachte nicht auf. Aber es kommt auf die Person drauf an.

Die mittlerweile Ex-Freundin erzählte mir, dass sie dachte, dass er nur leidenschaftlich sei, bis sie bemerkte, dass er schlief. Normalerweise wachte er irgendwann auf und sie hatten weiterhin Sex, weil sie ein Paar waren und sie es verstand und nicht dachte, dass er sie misshandeln wollte.

Das ist mal eine wirklich verständnisvolle Freundin.
Sie war ziemlich nett. Der Typ wurde später von einer anderen zu Unrecht wegen sexueller Belästigung angeklagt und sie sprach in der Verhandlung für ihn, obwohl sie nicht mehr zusammen waren.

Toll, dass sie es schaffte, über all das Schlafgebumse hinwegzusehen.