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So bist du kein beschissener Mitbewohner

Und ich muss wissen, wovon ich rede, ich hatte einige beschissene Mitbewohner. Lernt aus ihren Fehlern.

Alle Fotos: Michael Rababy

Ich habe mir mal um drei Uhr nachts einen Smoothie zubereitet, obwohl ich genau wusste, dass alle meine Mitbewohner schon schliefen und sich unterbewusst auf einen neuen Tag mit ihren seelenzerstörenden und bedeutungslosen Jobs vorbereiteten. Das war mir jedoch egal. Ich ließ den Mixer aufheulen und verschwendete keinen Gedanken daran, ob irgendjemand in unserer 110 Quadratmeter großen Wohnung, in die sich irgendwie vier erwachsene Männer quetschen, von dem Krach aufwachen könnte. Ich hatte keine bösen Absichten, ich habe schlichtweg vergessen, an ihr Wohlergehen zu denken. Und dann war schon alles zu spät. Allerdings haben meine Mitbewohner auch schon seit Monaten den Müll nicht mehr rausgebracht, also war das Ganze schon irgendwie gerecht.

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Es hat definitiv finanzielle Vorteile, mit anderen Menschen zusammenzuwohnen (aber natürlich auch nur, wenn sie ihren Teil der Miete rechtzeitig bezahlen). Die sozialen Vorteile sind allerdings auch nicht außer Acht zu lassen: Statistiken haben gezeigt, dass WG-Bewohner weniger anfällig für Depressionen und Suizidgedanken sind. Und wen das jetzt noch nicht überzeugt hat, dem sei gesagt, dass man immer jemanden für einen stundenlangen House of Cards-Marathon am Start hat—und das ist garantiert nicht so traurig, wie ein solches Unterfangen alleine durchzuziehen.

Mitbewohner können einem aber auch richtig auf die Nerven gehen. Ich wohnte mal mit einer Person zusammen, die halbgegessene Chicken McNuggets in den Sofaritzen liegen ließ und während eines Drogentrips splitternackt durch die Wohnung hüpfte. Ich selbst bin allerdings auch nicht gerade der Vorzeige-Mitbewohner. Ich habe jetzt schon monatelang kein neues Klopapier mehr gekauft, das dreckige Geschirr länger ignoriert, als es der gesundheitliche Rahmen eigentlich zulässt, und meine Mutter kommt öfter zu Besuch, als ich es noch rechtfertigen kann.

Die Wandlung zu einem guten Mitbewohner ist für den Kampf bis zum Dasein als vernünftige und ausgeglichene Person eine gute Hilfe. Es ist zwar schwer, aber eben auch wichtig. Da für viele von uns eine WG unausweichlich ist, müssen wir lernen, miteinander auszukommen. Folgende nützliche Lektionen habe ich durch meine ehemaligen beschissenen Mitbewohner gelernt.

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Halte deine Freunde nahe bei dir, aber auch nicht zu nahe

Klar kannst du Bekannte einladen, aber denke immer daran, dass sie nicht zu lange bleiben. Und wenn du schon einen One-Night-Stand mit nach Hause bringst, dann geleite diese Person am nächsten Morgen doch bitte zur Wohnungstür hinaus, bevor du zur Arbeit gehst. Ansonsten werden deine Mitbewohner sie mit Sicherheit dabei erwischen, wie sie sich am Müslivorrat bedient und dann wahrscheinlich auch noch nach Mandelmilch fragt.

Auch solltest du immer im Hinterkopf behalten, mit welchen Typen du abhängst. Wenn das im Normalfall zum Beispiel Menschen sind, die dir ihren richtigen Namen verschweigen, die in ihrer Freizeit synthetisches Gras rauchen und über Zahlensymbolik diskutieren und die ihre Kinder nicht mehr sehen dürfen, dann solltet ihr lieber nicht bei dir zu Hause Geldscheine mit einer Lupe untersuchen.

Niemand mag deine Haustiere so sehr wie du

Wenn es sich um dein Haustier handelt, dann trägst auch du die Verantwortung—also tu nicht so, als würdest du den riesigen Kackhaufen nicht bemerken, den deine kleine Katze hinterlassen hat, nachdem sie sich im Mülleimer bedienen musste, weil du mal wieder vergessen hast, sie zu füttern. Mach das verdammte Katzenklo sauber! Du kannst von deinen Mitbewohnern nicht einfach so erwarten, dass sie deinem Haustier hinterher putzen oder darauf aufpassen, während du über's Wochenende deine Eltern besuchst—für dich ist dein Tier dein Leben, für alle anderen Menschen ist es nur ein Fellknäuel mit Mund und Arschloch.

Hier rennt zum Beispiel gerade eine Katze wie wild durch die Wohnung. Dabei pisst sie auf jedes Kleidungsstück, das im Badezimmer vergessen wurde, und klettert bei Langeweile auch gerne mal in die Waschmaschine. Ich mache mir dann meistens mehr Sorgen, dass so eines Tages die Waschmaschine kaputt gehen wird.

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Bei Mitbewohnern ist es genauso wie bei Sexpartnern: Das Zauberwort heißt Kommunikation

Es ist schon wieder kein Toilettenpapier im Haus und die letzten vier Male hast du neues besorgt? Nun, dann sag doch mal was! Wenn man mit einem anderen Menschen zusammenwohnt, dann muss man seine Wünsche und Bedürfnisse offen und direkt äußern. Denk gar nicht erst daran, passiv-aggressive Nachrichten am Kühlschrank zu hinterlassen—es weiß eh niemand, wie sie wirklich gemeint sind.

Wenn der halb aufgegessene und nun schon wochenlang rumstehende Jogurt in dir Mordgedanken aufkommen lässt, dann mach gefälligst deinen Mund auf. Sag deinen Mitbewohnern, dass du es satt hast, ihren Scheiß wegzuräumen. Vielleicht sind sie genauso genervt von deiner beschissenen Grundeinstellung. Dann ist es sowieso das Beste, den ganzen aufgestauten Frust mal rauszulassen.

Wenn du Schwierigkeiten damit hast, den Mut für die Konfrontation deiner Mitbewohner zusammenzunehmen, dann denk einfach an die Paar-Therapie und rede darüber, wie du dich wegen des Problems fühlst. Hier ein Beispiel: „Als du dein dreckiges Geschirr eine Woche lang in der Spüle eintrocknen lassen hast, wollte ich mir deswegen eine Lobotomie mit einem rostigen Lötkolben verpassen." Kommunikation ist doch eigentlich ganz einfach, oder?

Wenn es nicht klappt, dann ist das nicht deine Schuld

Ein guter Freund ist nicht gleichzeitig auch ein guter Mitbewohner. Nur weil ihr euch eine Wohnung teilt, heißt das nicht, dass das Ganze ein einziges Vergnügen wird. Vor gut einem Jahr lebte ich mit einer guten Freundin zusammen, bis sie eines Tages schwor, dass ein frecher Windstoß ihr Geld für die Miete direkt in Hände eines Obdachlosen geblasen hat, als sie aus der Bahn ausstieg. Natürlich hat sie für diesen Monat keine Miete gezahlt und wir haben nach diesem Zwischenfall auch nicht mehr lange zusammengewohnt.

Hier noch eine andere Geschichte: Ein Freund lebte mal mit einer Frau zusammen, die er im Internet kennengelernt hatte—sie war nett, geisteswissenschaftlich unterwegs und studierte soziale Arbeit. Sie besaß zwei Shih Tzu-Hunde: ein Weibchen und den kleinsten Welpen aus dem letzten Wurf des besagten Weibchens. Sie alle lebten friedlich zusammen, bis mein Kumpel eines Tages die Einkäufe vom Auto in die Wohnung trug und dabei die Tür offen stehen ließ. Der eine Hund lief dann auf die Straße und wurde dabei totgefahren.

Die Besitzerin lief zur gleichen Zeit nach Hause und konnte den schrecklichen Unfall live mitverfolgen. Verständlicherweise war sie komplett am Boden zerstört. Nachdem sich mein Freund sehr oft entschuldigt hatte, packte er seine Sachen und zog noch am selben Tag aus. Was ich mit dieser Geschichte sagen will: Manchmal passieren schreckliche Dinge, wodurch es für zwei Menschen richtig schwierig wird, weiterhin zusammenzuleben. Dann kommt man entweder darüber hinweg oder muss ausziehen.

Furchtbare Mitbewohner lassen dich zu einem besseren Mitbewohner werden

Zuerst muss ich hier eine Sache klarstellen: Ich bin bei Weitem nicht der beste Mitbewohner der Welt. Die schrecklichen Mitbewohner, die ich in der Vergangenheit ertragen musste, haben mich jedoch erkennen lassen, was ein No-Go ist, wenn man mit einem anderen Menschen zusammenlebt (den Smoothie-Zwischenfall ignorieren wir an dieser Stelle einfach mal). Ich versuche jetzt, meinen Mitbewohnern den Respekt entgegenzubringen, den ich auch von ihnen mir gegenüber erwarte—und das ist definitiv etwas Gutes.

Fast jede Person, mit der ich mal unter einem Dach gelebt habe, hatte Probleme damit, sich weiterzuentwickeln sowie sich erwachsener und weniger kleinkariert zu verhalten. Aber irgendwann schaffen wir das alle, da bin ich mir sicher. Wahrscheinlich verdienen wir dann aber auch schon so viel Geld, um uns eigene Wohnungen leisten zu können.