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Nick Zedds dreckiges New York

Wir haben mit dem Mann, der Sex, Gewalt, Perversion und Blut in den New Yorker Underground der 80er brachte, gefrühstückt.

Foto: Grey Hutton

Nick Zedds Super 8-Filme revolutionierten die New Yorker Punk-Szene der 80er Jahre. Filmemacher und Schauspieler wie Richard Kern, Tessa Hughes-Freeland, Lydia Lunch, Tommy Turner und Nick Zedd prägten das Cinema of Transgression, das eine fanatische Gefolgschaft hatte. Sex, Gewalt, Perversion und Blut; Schockelemente wurden bewusst verwendet, um jede Grenze zu sprengen. Scheiß auf die Behörden und den Status quo, der eine Kultur des obszönen Exzesses im New Yorker Underground geschaffen hatte.

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Wie war es, in den 80ern Teil des New Yorker Underground zu sein?
Teil des Underground zu sein, bedeutete Widerstand gegen den herrschenden Konsens über die gesellschaftlichen Realität zu leisten. Ein Weg, um das zu brechen war, sich eine Super 8-Kamera zu leihen und mit dem Filmen anzufangen. Eine andere Möglichkeit war, von Natur aus außergewöhnlich auszusehen, dann wurde man auch bemerkt. Leute hingen damals mit jedem ab, der mit ihnen Drogen teilte. Heutzutage wird das Wort Underground zu einer Marketingkampagne. Es wird weiterhin Subkulturen des Widerstands geben, die versteckt entstehen und dann im Laufe der Zeit von dem Simulacrum geschluckt werden, das uns alle amöbenhaft umgibt.

War der Widerstand gegen den Realitätskonsens deine Motivation, um mit dem Filmen anzufangen?
Ja. Police State war ein wichtiger Film für mich, weil die Story und ein Großteil der Dialoge im Film auf realen Situationen mit der Polizei basieren. Ein Teil der Story hatte mir Rockets Redglare erzählt, der im Film einen der Polizisten spielt. Einmal wurde er festgenommen und einer sehr drastischen Prozedur unterzogen: Bei einem Verhör wurde sein Penis in einen Papierschneider gelegt und ihm wurde mit Kastration gedroht. Ich hab mir gedacht, dass ich die Handlung im Film aufarbeiten könnte.

Waren Punks die Hauptangriffsziele der Polizei?
Wir wollten uns einfach nur um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern. Punks waren freie Geister. Wir haben weder gekifft noch LSD eingeschmissen, wir haben getrunken. Wir hassten Polizei und Autoritäten und waren gegen Hierarchien, deshalb hatten wir keine Führung. Punk wurde von den Medien dämonisiert und uns wurde schon, bevor er wirklich gestorben ist, gesagt: Punk ist tot—so wurde das alles zum Kult

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Hast du irgendwie dagegen angekämpft, dass Punk dämonisiert wurde?
1977, 1978 war es gefährlich, Punk zu sein. Die Leute haben Steine oder Flaschen nach einem geworfen oder sie haben dich verprügelt. Ich wurde oft nur auf Grund meines Aussehens angegriffen. Es war nicht nur die Polizei, die Punks angriff, das waren auch Menschen aus der Arbeiterklasse. Niemand trug damals Schwarz, außer Punks. Wenn man mit Leder, Sicherheitsnadeln, engen schwarzen Jeans oder stacheligen Haaren herumlief, hat es die Leute einfach angekotzt. Es gab oft Punks, die mit Verband rumgelaufen sind, weil sie verprügelt wurden. Es erforderte wirklich Mut, damals ein Punk zu sein.
Ich wurde aus meiner Wohnung geworfen und fand eine Unterkunft im Kellergeschoss eines Gebäudes an der West 17th Street. Dort rannten viele Ratten rum. Einmal kam eine Ratte durch die Rohre aus der Toilette und ich versuchte, sie zu töten, indem ich sie mit einem Stück Metall aufspieße. Das funktionierte aber nicht, weshalb meine Freundin die Ratte packte und aus dem Fenster schleuderte. Ich war sehr beeindruckt.

Warum steht dein Name maßgeblich für das Cinema of Transgression?
Es gab niemanden, der 1979 Filme machte wie ich, so bekamen sie nur sehr wenig Aufmerksamkeit von den Kritikern, aber die Punk-Community und Leute mit gutem Geschmack haben die Filme geliebt. Deshalb dachte ich, wenn mehr Leute Filme wie ich machen, würde das bemerkt werden und ich könnte es zu einer Bewegung machen. 1984 begann ich mit Beth B, einer Super 8-Filmemacherin, auszugehen. Sie hatte gerade eine Affäre mit Richard Kern. Als er mich traf, stellte er mir eine Menge technischen Fragen rund um das Filmen auf Super 8.
Die meisten Beteiligten des Cinema of Transgression waren nicht sehr intellektuell oder analytisch, sie filmten einfach drauflos. Ich glaube, sie dachten, sie steigen einfach mit ins Boot, wenn Nick Zedd eine Vorstellung kuratiert und ihre Filme darin vorführt, das bringt dann Aufmerksamkeit. Die meisten der Filmemacher waren sogar zu faul, um zu plakatieren. Deshalb hatten sie Glück, mich zu haben—jemanden, der sie für zehn Jahre förderte.

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Welcher deiner Filme hat die Bewegung ausgelöst?
They Eat Scum.

Wer isst tatsächlich den Abschaum?
Die breite Öffentlichkeit, die die Lügen schluckt, da ging es nicht nur um die Polizei.

Warum spielst du in deinen Filmen sowohl Männer als auch Frauen?
Zum Zeitpunkt, als ich als Punk-Rock-Filmemacher bekannt wurde, fiel mir auf, dass Punk homophob geworden war. Ich wollte die Punks anpissen, indem ich in Frauenkleidern in einem Film mitmache. Es funktionierte. Nachdem ich die Plakate für den Film aufgehängt hatte, wurden sie im East Village mit der Aufschrift „Tunte“ bekritzelt. Das hat den Zweck erfüllt, den ich angestrebt habe. Ich wollte der Dummheit, die bei den Punks zum Dogma geworden war, widersprechen. Die meisten Jungs, die Teil des Cinema of Transgression waren, waren homophob. Sie fanden die Vorstellung, Sex mit einem anderen Mann zu haben, erschreckend. Als ich kurz eine Affäre mit einer Drag Queen hatte, sagten sie: „Du wirst AIDS bekommen“, während sie sich Heroin spritzen und Nadeln teilten.

Warum hast du angefangen, die Punkbewegung, der du so verbunden warst, abzulehnen?
Es war ähnlich wie beim Christentum mit den Fundamentalisten und den Orthodoxen. Ähnliche Abspaltungen gab es auch in der Punkbewegung, beispielsweise New Wave. Ich fand das sehr positiv, weil es eine Abkehr von Chuck Berry zu den Ursprüngen des Rock 'n' Roll war. Der andere Zweig des Punk war Hardcore. Das waren eine Menge Vorstadtjungs, die eine Art männliches Verbrüderungssritual abhielten. Die Bewegung war schwachsinnig und redundant und wurde auch sehr homophob. Ich war mehr daran interessiert, jegliche Art von dogmatischen Meinungen zu durchbrechen.

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