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Reisen

In Taiwan wird auf Beerdigungen gestrippt

In Taiwan besteht ein traditionell buddhistisches Begräbnisritual aus einem offenen Sarg, geopferten Schweinen, einer 49 Tage andauernden Zeremonie, inklusive einer Prozession gemieteter Klageweiber und einer ganzen Wagenladung von Stripperinnen.

Nicht dass das irgendwie von Bedeutung wäre, schließlich werde ich tot sein, emotionslos und unfähig, auch nur irgendwas von dem, was über der Erde passiert, mitzukriegen. Aber trotzdem habe ich klare Vorstellungen von meiner Traumbeerdigung und dazu gehören eine Menge süße Sachen, z.B. weiße Pferde, Käsekuchen und Glitzerstaub.

Nach der Trauerzeremonie würde ich mich entweder gerne verbrennen und meine Asche zu einem rosa Diamanten pressen lassen, oder aber meine Leiche von Gunther von Hagens plastinieren und in seiner Körperwelten präsentieren lassen, sodass der Rest der Welt bis in alle Ewigkeit mit dem Finger auf mich zeigen kann.

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Möglicherweise ist mein Wunsch kulturell bedingt. In Taiwan besteht beispielsweise ein traditionell buddhistisches Begräbnisritual aus einem offenen Sarg, geopferten Schweinen, einer 49 Tage andauernden Zeremonie, inklusive einer Prozession gemieteter Klageweiber und einer ganzen Wagenladung von Stripperinnen, die sich vor den Augen deiner trauernden Verwandten die Klamotten ausziehen.
Die letzten beiden Punkte gründen in der buddhistischen Annahme, dass die Lebensqualität des Verstorbenen im Jenseits von der Besucherzahl der Beerdigung abhängt. Sprich, lediglich fünf oder sechs weinende Angehörige an deinem Grab stehen zu haben, bedeutet, niemand hat dich geliebt, was dazu führt, dass du als irgend etwas Ekliges wiedergeboren wirst, quasi als Bestrafung für mangelnde Beliebtheit zu Lebzeiten. Wenn du es hingegen schaffst, sagen wir, 5000 Leute auf deiner Beerdigung antanzen zu lassen, steigen deine Chancen, Eintritt ins Nirwana zu erlangen, enorm.

Stripperinnen, das wissen wir alle, sind ein bewährter, wissenschaftlich nachgewiesener Publikumsmagnet und der Trend, welche zu engagieren und auf seiner Beerdigung tanzen zu lassen, steigt in Taiwan quasi unaufhaltsam.

Für jede Trauergesellschaft, die ihre Dienste in Anspruch nimmt, wirbeln die halbnackten Mädchen  über elektrische, mobile Bühnen, die mal Trucks waren. Die Tatsache, dass sie sich schon auf Rädern befinden, ermöglicht zusätzlich eine rasche Flucht für den Fall, dass die Polizei auftaucht und sich entscheidet, die Stimmung der Beerdigung kaputt zu machen, indem sie die Tänzerinnen verhaftet.

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Die Tradition entstand vor 20 Jahren, als die taiwanesische Mafia, die auch ein Stück vom großen Bestattungskuchen abhaben wollte, ihre Geschäftsinteressen vereinte und anfing, all jenen, die eine Beerdigung über eine ihrer Firmen buchten, Stripperinnen aus einigen ihrer Clubs zum halben Preis anzubieten. Das Monopol auf Sex und Tod—das ultimative Ziel eines jeden Gangsters.

Die ursprüngliche Erklärung von Seiten der Mafia lautete folgendermaßen: Die Tänzerinnen würden nicht nur zusätzliche Trauernde anlocken, sondern auch als Geschenke für niedere, der Fleischbeschau nicht abgeneigte Gottheiten fungieren.

Die Medien wurden im Jahr 2006 auf die Geschichte aufmerksam, als fünf Stripperinnen bei einem Begräbnis verhaftet wurden, weil sie sich mit ihrem elektrischen Blumenwagen nicht rechtzeitig aus dem Staub machen konnten.

Die Mädchen entstammen meist einer langen Linie von Friedhofsstripperinnen und sehen ihre Darbietungen als normalen Bestandteil eines anständigen Lebensstils, verheimlichen ihre Tradition aber gleichzeitig vor der chinesischen Regierung. Chinas Traditionalisten befürchten, die Praktik des Trauerstrippens verbiege die Volksmoral, daher die Razzien auf immer mehr Begräbnissen und die „Beerdigungs-Missetat“-Hotline, die erst kürzlich von den Behörden eingerichtet wurde.

Warum die Behörden denken, sie müssten da mitmischen, verstehe ich nicht. Solange die Familie der Verstorbenen kein Problem mit ein paar nackten, sich in liebevoller Erinnerung an Sohn, Tochter, Ehemann, Vater oder was auch immer räkelnden Frauen haben, ist doch alles in Butter, oder?

Es ist ja auch nicht so, dass diese Mädchen unter Zwang auf diesen Begräbnissen strippen würden. Und wenn sich Hunter S. Thompson aus einer Kanone schießen lassen kann, und Tupacs Freunde dessen Asche rauchen dürfen, warum dürfen taiwanesische Buddhisten dann nicht das gute alte Titten-und-Arsch-Prinzip nutzen, um ein ordentliches Publikum für ihre Beerdigungen zusammenzukriegen?