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Reisen

Urlaubsgrüße aus Phnom Penh

Phnom Penh ist ein Paradies—hier kriegst du die besten Spinnen serviert, die du beim knisternden Geräusch der durch Stromschläge sterbenden Mücken im Busch genießen kannst. Dann gehst du eine Runde auf Kühe und Hühner schießen und wenn du immer noch...

Thailand war sehr schön. Es gab alles, was man braucht, wenn man nichts machen möchte. Der FC Chelsea hatte über der Insel einen großen Sack Fußballtrikots abgeworfen, so sahen fast alle Thailänder wie Chelsea-Fans aus.

Ich kaufte mir in einer Hütte ein Busticket mit B.B. Tours nach Phnom Penh. Die Fahrkarte kostete 17 Euro. Nach fünf Stunden Minibusfahrt waren wir an der Grenze und man musste aussteigen und zu Fuß in das andere Land gehen. Ein Mann an der Grenze leuchtete mir mit einer Taschenlampe an den Hals, danach bekam ich einen gelben Zettel, auf dem stand, dass ich kein Fieber habe. An der Grenze herrschte großes Durcheinander, aber wenn man dann in Kambodscha ist, gibt es keine B.B. Tours mehr. Dort, auf der anderen Seite der Grenze, findet man aber immer einen oder mehrere stark entnervte Engländer, die gerne ein Taxi teilen, sobald einem klar wird, dass es keine B.B. Tours mehr gibt. Jetzt dauerte die Reise nur noch sechs Stunden. Je näher man an Phnom Penh kommt, umso mehr Mauern sieht man: links und rechts der Straße, ewig lange Mauern. Dahinter sind große Textilfabriken, wo eure 3,99-T-Shirts zusammengenäht werden.

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Ich hatte mir ein Double-Deluxe-Superior-Zimmer gebucht, aber leider hatte das Zimmer kein Fenster. So spazierte ich abends durch die mir unbekannte Stadt und beschloss, bald ein Schnitzel zu essen. Ich sah ein leeres Lokal, was eigentlich kein gutes Zeichen ist, und setzte mich in einen Raum, dessen Stuhl- und Tischreihen durch Buschwerk getrennt waren. Ein kleiner, freundlich und indisch aussehender Ober fuhr mit einem elektrischen Tennisschläger durch die Pflanzen. Das knisternde Geräusch der durch Stromschläge sterbenden Mücken begleitete meinen Abend. Das Essen war langweilig.

Ich ging zurück in das Hotel. Am nächsten Morgen saß ich bei einer Tasse Kaffee vor dem Hotel, als mich ein amerikanisch aussehender Herr ansprach. Wo ich her sei, fragte er? Ja, er wäre aus Amerika, also den USA. Ich könne den Amerikanern dankbar sein, dass ich hier mit fast jedem Englisch sprechen kann, dass man hier mit Dollar zahlen kann (aus dem ATM kommen wirklich nur Dollar) … und die Franzosen … was haben die denn dagelassen … hahahahaha Croissants. Ich habe überhaupt nichts gegen Croissants und dachte an die drei Tonnen Bomben, die die Amerikaner pro Quadratkilometer auf Kambodscha geworfen hatten.

Die Geschichte des Landes ist so traurig, egal wohin sich die Kamodschaner wandten, es gab immer jemanden, dem das nicht gepasst hat. Das Land geriet in den Konflikt zwischen UdSSR, China und den USA—der Vietnamkrieg und die Diktatur der Roten Khmer, die sogar ihre eigenen Landsleute—über zwei Millionen—umgebracht haben, brachten dem Land außerdem wirtschaftlichen Verfall.

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Dann sagte der Amerikaner, dass er Soldat war, wie jetzt sein Sohn, sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater es auch waren. Dann kam sein Sohn, der erstmal über das Stuhlbein stolperte, sich am Tisch abzustützen versuchte und dabei meine noch volle Kaffeetasse auf seine Khakihose kippte.

Ich machte mich auf den Weg, denn ich wollte mir das ehemalige Gefängnis S21 ansehen, eins von ungefähr 150 Gefängnissen, die zur Zeit der Roten Khmer in Betrieb waren. Das Gefängnis war in einer ehemaligen Schule und damals herrschten sehr strengen Regeln, inklusive Folterungen. Das überlebten nur sieben der 17.000 Gefangenen.

Danach ging ich eine Spinne essen. Es gibt in Kambodscha ein ganzes Dorf, das für seine köstlichen Spinnen bekannt ist. Ich weiß nicht, ob die Leute aus Not oder aus Verrücktheit Spinnen essen—die Spinne schmeckt ungefähr wie ein leicht verbrannter Schrimp. Danach kann man sich überlegen, ob sich der Bauch etwas seltsam anfühlt, oder ob man sich das nur einbildet. Jedenfalls ein guter Trick, um viele Gäste in sein Lokal zu locken.

Viel weniger voll war es am nächsten Abend in der Happy Pizzeria. Dort gibt es alle Pizzen normal, oder man bestellt sie happy oder auch happyhappy—je nachdem wieviel Gras man als Unterlage möchte. Es gab wohl früher auch den Lake District, das war ein heroinabhängiges Urlaubsparadies, dort gab es noch vor Jahren billiges Zubehör für jede Drogensucht, heute kucken sich Junkies den zugeschütteten See an.

Es gibt dann noch einen Tempel und ein Nationalmuseum, das man sich ansehen kann, sagte mir der Fahrer. „Was kann man noch machen?“, fragte ich, und er sagte: „Willst du schießen? Es gibt einen Schießstand, gleich beim Flughafen.“ Also fuhren wir zum Flughafen, vorbei an schönen Universitätsgebäuden, dem herrlichen Waterpark und nach dem Flughafen gleich links durch eine Wohnsiedlung. Dort kann man mit Pistolen schießen, aber auch mit einer Panzerfaust. Ich habe mit einer AK-47 auf Kokosnüsse geschossen, für einen ordentlichen Aufpreis hätte ich auch ein Huhn oder eine Kuh bekommen.

Danach wollte ich noch mehr über das Spinnenessen wissen, und Mr. Penh fuhr mich zu „kleiner Frosch“, etwas außerhalb. Das ist ein Mann, der mit seinem Sohn einen Straßenimbiss betreibt. Hier kann man heute zwar keine Spinnen kaufen, aber viele andere Insekten, die, schön angebraten serviert, bei den Einheimischen sehr beliebt sind. Ich wollte lieber nichts probieren und ließ mich wieder zurück in die Stadt fahren. Etwas müde spazierte ich durch ein Viertel, in dem es fast nur Zahnärzte gab. Dann kam ich in ein Viertel, in dem ich oft gefragt wurde, ob ich gerne mit kleinen Kindern Sex haben möchte. Da ging ich lieber wieder eine Happy Pizza essen.