Verliebt, vermasselt, verlassen: Wenn Heiratsanträge schiefgehen

FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Verliebt, vermasselt, verlassen: Wenn Heiratsanträge schiefgehen

Hast du dich schon einmal gefragt, wie es sich anfühlt, bei einem Antrag eiskalt abzublitzen oder jemanden abservieren zu müssen? Wir haben uns mit drei Pechvögeln unterhalten.

Es gibt wahrscheinlich nichts, was demütigender ist als ein abgelehnter Heiratsantrag. Du brauchst nur „failed marriage proposal" bei YouTube einzugeben und schon findest du unzählige Videos mit abgelehnten Lebensabschnittsgefährten—jedes einzelne davon ist vor lauter Fremdscham und Selbstmitleid kaum zu ertragen. Aus irgendeinem Grund scheint sich ein Großteil davon entweder in Einkaufszentren, vor großen Wahrzeichen oder bei Sportveranstaltungen abzuspielen. Das verstärkt natürlich noch einmal die ohnehin schon abgrundtiefe Schmach: Absolut niemand will von einem dämlichen Maskottchen in einem beschissenen Tigerkostüm vom Spielfeld weggetröstet werden müssen.

Anzeige

Was diese Videos einem aber nicht bieten, ist die Gelegenheit, die beteiligten Menschen zu fragen, wie sich eine solche Erfahrung tatsächlich anfühlt. Ich war aber neugierig, also habe ich drei Menschen ausfindig gemacht, deren Anträge entweder abgelehnt worden sind oder die selbst welche abgelehnt haben. Ich habe sie gebeten, mir davon zu erzählen.

(Alle Namen wurden geändert)

Der Segel-Abtörn

Ich habe Claire in einem Club in London namens KOKO kennengelernt. In jener Nacht trug sie einen Leucht-BH und ich hatte ein T-Shirt mit einem Alien drauf an. Das mag ganz schön scheiße klingen, aber sie hat mich um einen meiner Leuchtstäbe gebeten und so haben wir uns kennengelernt.

Als ich ihr den Antrag machte, waren wir seit sechs Jahren zusammen. Wir waren gerade zusammengezogen, als sie mir sagte, sie fühle sich in ihrem Job nicht mehr wohl und wolle weg. Das Ganze ist so unfassbar Mittelschicht: Daraufhin fand sie im Reiseteil des Guardian eine Werbung, in der es hieß, man könne für 1.000 Pfund ein Jahr lang segeln gehen. Für einen Tausender bringen sie dir das Segeln bei und bieten dir Unterkünfte und all das. Sie war besessen von der Vorstellung, da mitzumachen. Ich glaube, sie dachte, Segeln würde all ihre Probleme lösen. Ich war damals schwächer als jetzt und habe so getan, als fände ich es völlig in Ordnung, wenn sie ein ganzes Jahr auf einem Segelboot verbrachte. Natürlich war ich innerlich am Boden zerstört, aber ich konnte nicht mitsegeln, weil ich gerade erst eine neue Stelle angefangen hatte.

Anzeige

Während sie fort war, sprachen wir nur gelegentlich per Skype, weil sie meist irgendwo auf dem Ozean war. Bei jedem Gespräch wirkte sie weniger daran interessiert, nach Hause zu kommen. Ihr offensichtliches Desinteresse brachte mich dazu, mich auf die Vorstellung zu fixieren, dass ich sie nach ihrer Rückkehr heiraten würde. Die Idee wurde für mich zur Obsession, und ich buchte einen Flug, um mich mit ihr auf Tahiti zu treffen.

In den Wochen vor meiner Tahiti-Reise ging es mit der Gesundheit von Claires Katze, die sie seit ihrer Kindheit hatte und auf die ich in ihrer Abwesenheit aufpasste, rapide bergab. Ich dachte: „Heilige Scheiße, die Katze kann nicht sterben, während Claire weg ist—so wird sie mich nie heiraten!" Also musste ich der Katze monatelang Medizin verabreichen, und sehr viel dafür zahlen, weil die Katze keine Krankenversicherung hatte. Der Tierarzt sagte schließlich, es würde zweitausend Pfund kosten, die Katze zu retten, und so viel Geld hatte ich einfach nicht, denn ich hatte ja schon die teuren Flüge gebucht. Also ließ ich die Katze einschläfern—was übrigens auch nochmal Geld kostete. Ich wählte ein Massengrab, weil das gratis war. Ganz schön furchtbar.

Am Tag nach dem Tod der Katze bestieg ich das Flugzeug nach Tahiti, doch der Flug hatte extreme Verspätung. Ich fing an, einen stressbedingten Ausschlag zu kriegen, und bevor ich mich versah, hatte ich tatsächlich Nesselsucht entwickelt. Dann verpasste ich in Paris meinen Anschlussflug und musste die Nacht in einem beschissenen Ibis-Hotel verbringen.

Anzeige

Endlich kam ich an und erspähte Claire in der Ankunftshalle. Sie sah umwerfend aus: gebräunte Haut und Muscheln im Haar. Ich hingegen war unfassbar blass, mit Quaddeln bedeckt und hatte vor lauter Stress mehrere Kilo abgenommen. An jenem Abend redete ich mir ein, dass ich Claire einfach einen Antrag machen musste. Da wir uns bei einem Schwarzlicht-Rave begegnet waren, hatte ich mehr als 2.000 Leuchtstäbe gekauft—wegen derer ich am Zoll aufgehalten wurde—, um damit ein riesiges Herz im Sand zu legen.

Ich brachte Claire ins Freie, um ihr meinen Leuchtstab-Liebesbrief zu zeigen, doch sie wusste bereits, was vor sich ging, und stoppte mich, bevor ich etwas sagen konnte. Sie brachte einen ganzen Monolog darüber, dass die Dinge zwischen uns nicht stimmen würden und sie sich nicht sicher sei, was unsere Zukunft anging. Ich schluckte meine Trauer herunter. In jenem Moment war ich völlig am Boden zerstört.

Ich saß in Tahiti und heulte mir die Augen aus dem Kopf. Dann dachte ich: „Scheiß' drauf, ich werde jetzt Spaß haben." Doch es stellte sich heraus, dass wir aufgrund eines Flugstreiks weitere zwei Wochen auf der Insel festsaßen. Uns ging das Geld aus, also mussten wir in einer kleinen Kajüte auf dem verdammten Boot übernachten, mit dem sie herumgesegelt war. Nach einer Woche gestand sie mir, dass sie die ganze Zeit über mit jemand anderem im Boot geschlafen hatte.

Ben, 29

Sag's mir durch Schmuck—oder besser nicht

Meine Freundin und ich sind gerade mal seit etwas über einem Jahr zusammen und ich war immer sehr deutlich, dass ich keinerlei Interesse am Heiraten oder Kinderkriegen habe. Ich bin 29 und sie ist 25 und sie schien das ganz ähnlich zu sehen. Im Oktober letzten Jahres fing sie allerdings damit an, ein wenig Nestbau zu betreiben: Sie sagte mir, dass sie mich liebt, und begann vom Zusammenziehen zu reden—was mir alles ein bisschen zu viel war.

Anzeige

Das Thema schien dann allerdings wieder etwas in den Hintergrund zu geraten—bis zum 29. Februar. Es war ein Sonntagnachmittag und meine Freundin lud mich ein, zu diesem Schmuck-Workshop mitzukommen, den sie machte. Als ich bei dort ankam, war der Raum voll mit Frauen mittleren Alters, bunten Fäden und Dingen, die man an den bunten Fäden aufzieht. Meine Freundin legte sich ins Zeug und machte Armbänder. Ich setzte mich gegenüber von ihr hin und sie reichte mir eine Schachtel mit Krimskrams, damit ich mein eigenes Armband machen konnte. In der Schachtel war eine Handvoll Buchstaben, die ich auf den Faden aufziehen konnte. Bei genauerer Betrachtung des Schachtelinhalts merkte ich, dass die Buchstaben „Willst du mich heiraten?" ergaben.

Meine Augen weiteten sich. Ich wollte sie wirklich nicht vor der versammelten Frauengruppe bloßstellen und fing damit an, die Buchstaben absichtlich falsch aufzuziehen. Ich formte stattdessen andere Wörter, aber sie unterbrach mich und fing hysterisch an zu weinen. Sie hatte gemerkt, dass ich ihren Antrag absichtlich übersehen hatte, um dem Thema aus dem Weg zu gehen.

MOTHERBOARD: Ich habe einer Firma 30 Dollar bezahlt, um mit meiner Freundin Schluss zu machen

Ich fühlte mich richtig unwohl. Nicht nur, weil mir gerade ein Antrag gemacht worden war, sondern auch weil das dafür ausgewählte Medium ein selbstgemachtes Armband war.

Wir sind dann eine Runde spazieren gegangen und nachdem sie aufgehört hatte zu weinen, versuchte sie, die Schuld darauf schieben, dass der 29. angeblich das einzige Datum sei, „an dem Frauen Männern einen Antrag machen können." Sie sagte mir, dass der Mann der Frau im Falle einer Absage Seidenhandschuhe kaufen muss. Ich hielt das für totalen Schwachsinn, aber es gibt tatsächlich eine Wikipedia-Seite, auf der das alles steht. Dann behauptete sie, es sei ja sowieso alles nur Spaß gewesen. Aber warum hatte sie dann so viel geweint? Ich hatte schon immer ziemlich deutlich gemacht, dass ich niemals heiraten möchte. Ich hatte sie vorgewarnt.

Anzeige

Nachdem das passiert war, bin ich einfach nach Hause. Ich musste am nächsten Morgen arbeiten. Wir schickten uns in den Tagen danach leicht verkrampfte SMS. Es sollte auch drei Tage dauern, bis wir uns wiedersahen. In der Zwischenzeit dachte ich mir: ‚Solange sie es nicht wieder anspricht, ist alles OK.' Die Geschichte ist immer noch ziemlich frisch und wir haben dementsprechend noch immer dran zu knabbern. Sie ist ein super nettes Mädchen, aber es ist schon etwas komisch, dass das passiert ist.

Um ehrlich zu sein, habe ich bislang ein sehr behütetes Leben gehabt. Diesen peinlichen Teeniestreifen-Antrag vor einem Raum voller Grundschullehrerinnen abzulehnen, war furchtbar. Es ist das wahrscheinlich Schlimmste, was mir je in meinem Leben passiert ist.

Alex, 29

Die Niederlage eines britischen Olympioniken

Als ich mit Tom zusammenkam, war ich anfangs noch total hin und weg. Er war zehn Jahre älter als ich, sah verdammt gut aus und vertrat dann auch noch Großbritannien bei den Olympischen Spielen. Theoretisch hätte man ihn auch als perfekt bezeichnen können, aber die Realität sah dann doch etwas anders aus. Zwar hat sein Team dann sogar tatsächlich Gold gewonnen, aber er hatte sich vor dem letzten Rennen verletzt und war somit auch nicht in der Siegeraufstellung. Dieser Moment definierte von da an sein komplettes Leben und verursachte bei ihm auch einen massiven Kontrollkomplex, durch den er sich dazu noch ständig selbst beweisen musste. Nach zwei Jahren wurden die Probleme unserer Beziehung einfach zu viel und ich entschied mich dazu, das Ganze zu beenden.

Irgendwann erzählte mir mein Vater dann, dass Tom ihm eine Facebook-Nachricht geschickt hatte, in der er ihn um ein Gespräch über mich bat. Am darauffolgenden Tag wurde ich dann durch einen Anruf von Tom geweckt. Er meinte, dass er gerade in Canterbury sei, aber ich hatte mit einem so schlimmen Kater zu kämpfen, dass ich gar nicht richtig verarbeiten konnte, was er da zu mir sagte. Ich verstand jedoch, dass er mich vor der Kathedrale treffen wollte. Zwar konnte ich nicht wirklich glauben, dass er wirklich da war, aber ich quälte mich trotzdem aus dem Bett, stieg ins Auto und fuhr los, um mich mit Tom zu treffen.

NOISEY: „Heiraten? What the fuck!" — Hochzeitsplanung mit Alvvays

Als ich dann vor der Kathedrale von Canterbury ankam, wartete Tom bereits auf mich—und zwar mit einer Flasche Champagner und einem Strauß Blumen in der Hand. Bevor ich überhaupt etwas sagen konnte, ging er auch schon vor mir auf die Knie und machte mir einen Heiratsantrag. Dazu überreichte er mir eine Halskette … Ja, wirklich eine Halskette anstatt eines Rings. Plötzlich wurden wir dazu noch von einer Gruppe Touristen umringt, die natürlich auch alle direkt Fotos davon machten, wie er mich zu seiner Frau machen wollte, während ich einfach nur wie vom Blitz getroffen dastand und versuchte, nicht alles wieder rauszukotzen, was ich die Nacht zuvor alles in mich reingeschüttet hatte. Mir war das alles unglaublich unangenehm und ich bat Tom deswegen schnell darum, wieder aufzustehen. Dann erklärte ich ihm vor den Augen der japanischen Touristen, dass wir ja gar nicht mehr zusammen wären und eine Heirat dementsprechend auch ausgeschlossen sei. Anscheinend hatte er sich vor seinem mutigen Schritt irgendwie eingeredet, dass ein Antrag alle unsere Probleme in Luft auflösen würde.

Ich habe ihn anschließend sogar noch zum Bahnhof gebracht, aber da alle Züge ausfielen, musste er dann einen Bus nach Hause nehmen. An diesen Tag erinnert sich Tom sicher nicht so gerne zurück.

Emma, 25