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Vibratorenhistorie

Entgegen allen Erwartungen hatte San Francisco bis vor einem Monat noch kein Museum, das sich antiken Vibratoren widmet. Jetzt aber schon.

Entgegen allen Erwartungen hatte San Francisco bis vor einem Monat noch kein Museum, das sich antiken Vibratoren widmet. Diese skandalöse Schlamperei wurde von Carol Queen korrigiert, ihres Zeichens Sexologin der Sexshop-Kette Good Vibrations und Verfasserin sowohl wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel zum Thema Sexualität als auch unverblümter erotischer Literatur (die nicht gerade Blümchensex behandelt). Sie ist außerdem der Star von Bend over Boyfriend, einer Videoreihe mit Anleitungen zum „Pegging“, der ausgefeilten Kunst, sich als Frau einen künstlichen Schwanz umzuschnallen und diesen ins Hinterteil eines willigen Männchens zu rammen. Wie ihr seht, nimmt Carol das Ficken verfickt ernst—besonders wenn es um Apparaturen geht, die man in sich oder andere Leute einführt.

VICE: Wie bist du auf die Idee gekommen, dem Vibrator ein Museum zu widmen?
Carol Queen: Joani Blank, die Gründerin von Good Vibrations, hat schon immer alte Vibratoren gesammelt und sie im Laden ausgestellt. Sie waren nicht nur sehr beliebt, die Leute fingen auch an, uns weitere Vibratoren zu schenken und nebenbei kauften wir welche auf Ebay. Irgendwann hatten wir so viele beieinander, dass wir beschlossen, ihnen einen eigenen offiziellen Raum zu geben! Die ersten Vibratoren stammen aus dem frühen 19. Jahrhundert. Welches Material haben sich die Leute damals reingeschoben?
Genau genommen wurden Vibratoren damals nirgendwo reingeschoben. Vibratoren sind eigentlich für die Klitoris gedacht. Während einige richtig auf die vaginale Spielart abfahren und es Leute jeglichen Geschlechts gibt, die auf anale Vibration stehen, waren alle alten Vibratoren für die Stimulierung der Klitoris bestimmt. Damals dachten sie, dass Vibrationen so gut wie alles heilen können, und natürlich verbessern sie auch die Durchblutung. Es gab auch Dildos aus Leder, Gummi und Holz, aber die wurden soweit wir wissen nicht von Ärzten benutzt. Moment mal. Seit wann behandeln Ärzte ihre Patienten—abgesehen von Fetischpornos— mit Vibratoren?
Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie von Ärzten eingesetzt, um Hysterie zu behandeln. Die Erkrankten sprachen gut auf „hysterischen Paroxysmus“ an—besser bekannt als Orgasmus! Auch vorher schon gab es Vibratoren, die mit Wasserkraft betrieben oder angekurbelt wurden. Um die Wende zum 20. Jahrhundert stieg die Anzahl der Haushalte mit Elektrizität und sie wurden auch dem Einzelnen zugänglich. In den Pornofilmen der 1920er tauchten sie dann ganz offen im sexuellen Kontext auf. Das markierte das Ende ihrer Verwendung durch Ärzte und überhaupt der Auffassung von Hysterie, die 1952 aus den Medizinbüchern verschwand. Was ist das beeindruckendste Exponat der Sammlung?
Mein erstaunlichster Fund war ein pneumatischer Vibrator, der mittels Druckgas betrieben wird. Man schließt ihn an einen Tank an, wie man ihn von Pressluftbohrern auf Baustellen kennt. Offensichtlich hat sich das Gerät aber nicht wirklich durchsetzen können.

Illustration von Penelope Gazin