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Vulkane werden uns alle umbringen

Auf der Liste von all den Dingen, vor denen ich eine Heidenangst habe (dem Fliegen, Hunger, fette Arme), stehen Vulkane nicht mal drauf.

Auf der Liste von all den Dingen, vor denen ich eine Heidenangst habe (dem Fliegen, Hunger, fette Arme), stehen Vulkane nicht mal drauf.

Dann habe ich Dr. Clive Oppenheimer getroffen. Dr. Clive hat seinen Sitz an der Cambridge University und ist einer der führenden Vulkanologen der Welt. Seine Hauptforschungsgebiete sind der ökologische, klimatische und menschliche Einfluss von Vulkanismus in der Antike und die Entwicklung von ökologischen Messtechniken. Erstaunlicherweise hat ihn nicht das berühmt gemacht, sondern die Arbeit mit Werner Herzog in der Antarktis und sein Buch. Eruptions that Shook the World hört sich wie paranoider Müll an, ist aber eigentlich großartig. Er ist gerade dabei, die neueste Fernseh-Sensation zu werden.

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Hier ist er, der mutige Vulkanjäger

Bei einem Kaffee in der British Library hat mir Dr. Clive erklärt, dass - statistisch gesehen - die Chance, dass in den nächsten 100 Jahren ein Supervulkan ausbrechen wird, genauso hoch ist, wie die, mir beim ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einem Fremden AIDS einzufangen. Im Grunde genommen sind divergente Plattengrenzen nicht ausschlaggebend: Vulkane können und werden uns böse zurichten.

VICE: Hi, Dr. Clive. Sie sind einer der führenden Vulkanologen der Welt. Mochten Sie Vulkane schon immer?

Clive: So ziemlich. Ich war dieses Kind, das ziemlich früh damit anfing, sich für Steine und Dinosaurier zu interessieren.

Wie Ross von Friends.

Ja. Aber ich habe es vorgezogen, die Dinge zu untersuchen, die jetzt passieren und nicht in der Vergangenheit, wie zum Beispiel Fossilien. Ich betreibe Feldforschung.

Was heißt das?

Ich geh lieber auf Vulkane rauf, als sie vom Labor aus zu studieren.

Ross sitzt in einem Labor.

Tut er das?

Manchmal. Haben Sie nicht Friends gesehen?

Doch.

Mehr Vergleiche: Ross hat ein Buch über die Fließgeschwindigkeit von Sediment geschrieben. Und Sie haben gerade ein Buch über Supervulkane namens Eruptions that Shook the World geschrieben. Haben Sie es gerade jetzt geschrieben, weil einer kurz davor steht, auszubrechen?

Ich habe zehn Jahre lang daran geschrieben, aber es kam gerade im Mai raus. Ich war genervt, als ich in Orléans (Frankreich) noch daran geschrieben habe und letztes Jahr Eyjafjallajökull in Island ausgebrochen ist. Aber dann war ich ziemlich glücklich, als dieses Jahr Grímsvötn, auch in Island, ausgebrochen ist.

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Schön für Sie. Was ist der Unterschied zwischen normalen Vulkanen und Supervulkanen?

In der Vulkanologie gibt es eine Richter-Skala, wenn diese über acht oder neun liegt, dann ist es super. Sie ist auch ein Maßstab dafür, wie viel Gestein, Bims und Lava rauskommen wird. Ein durchschnittlicher Supervulkan speit um die 1.000 Kubikkilometer davon aus.

Wie groß ist das?

10 Kilometer mal 10 Kilometer. Die Größe der Londoner Innenstadt mit einer Höhe von 10 Kilometer.

Wow, wie viele Supervulkane gibt es?

Bis jetzt haben wir noch nicht alle erfasst, aber ich würde sagen, ein paar Dutzend. Sie sind überall verteilt - Neuseeland, Indonesien, den Anden, Argentinien, Mexiko, solche Orte.

Also neigen sie dazu, sich um beliebte Reiseziele anzuhäufen.

Ja. Man kann Ausbrüche nicht genau vorhersagen, aber in nicht allzu ferner Zukunft wird es sicher einen geben.

Wie stehen die Chancen, dass einer von ihnen ausbricht?

Es ist wahrscheinlicher, als dass ein Asteroid die Erde trifft. Die Chancen stehen ungefähr eins zu 500, dass einer von ihnen im nächsten Jahrhundert ausbricht.

Scheiße, wie können Sie sich da so sicher sein.

Können wir nicht, aber es gibt keinen Grund, warum es nicht auch früher passieren sollte. Der letzte ist vor 25.000 oder 26.000 Jahren ausgebrochen.

Wie schlimm wäre es, wenn einer ausbrechen würde?

Ziemlich schlimm. Vulkane sprengen Asche und Bimsstein in die Luft und produzieren pyroklastischen Strom, was eine der tödlichsten Sachen ist, die bei einem Ausbruch entstehen können. Es ist eine Art brennender Hurrikan aus heißem Gestein, Staub und Gas. Dann gibt es da noch die feine Asche, die in die Atmosphäre eintritt, sich um die ganze Welt bewegt und auf einer Fläche so groß wie ein ganzer Kontinent wieder runter kommt. Dann gibt es auch noch Schwefel, der bei sehr großen Eruptionen ausgestoßen wird. Dieser verursacht winzige Schwefelpartikel, das bedeutet, dass du auch auf der anderen Seite der Welt sein kannst, aber trotzdem ein vollkommen anderes Wettersystem erlebst. Das kann eine große Gefahr für die Ernährung der Welt darstellen, weil es zum Beispiel das Schema des Monsuns ändern kann.

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Sollten wir dann nicht Vorräte anlegen und unsere Fenster verriegeln?

Ja, Vorräte ist eine Absicherung.

Noch etwas, mit dem wir uns gegen Vulkane wappnen können?

Es gibt keine systematische Studie über eine effektive Vorbeugung, aber wie beim Klimawandel wäre dass sinnvoll, da sie, wenn sie ausbrechen, eine echte Gefahr darstellen.

Du kletterst ja auch auf Vulkane. Wie gefährlich ist dein Job?

Um ehrlich zu sein, verspüre ich mehr Gefahr, wenn ich nach Äthiopien zum Forschen fahre. Dort gibt es eine reale Bedrohung und wenn du Typen mit Waffen in den Straßen rumlaufen siehst, scheinen dir die Vulkane viel freundlicher. Aber es gibt natürlich auch Ausbrüche, die gefährlich sind.

Schreist du „Fire in the hole“, wenn einer ausbricht?

Nein, wir sind nicht bei der Armee. Es wird aber trotzdem geschrieen.

„Fire in the hole“ ist aber auch eine ziemlich treffende Bezeichnung für Vulkane. Hast du schon viele Ausbrüche miterlebt?

Abgesehen von kleineren Eruptionen war ich direkt am Montserrat in den Karibischen Inseln, als er 1995 ausgebrochen ist. Es gab eine riesige Explosion, eine Aschewolke und dann wurde es dunkel. Es war so dunkel, dunkler als in der Nacht. Es hat ungefähr 15 Minuten gedauert.

Hört sich ziemlich gefährlich an. Sterben viele Vulkanologen an der Front?

Mein Abteilungsleiter ist von einem Vulkan getötet worden, den er erforscht hat, als ich an der Uni war. Es passiert also ab und an.

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Getötet von dem, das er liebt. Wie in Grizzly Man. Das ist traurig.

War es. Komischerweise kenne ich Werner Herzog ziemlich gut. Er hat uns eine Woche lang in unserer Hütte in der Antarktis besucht, während er 2007 Encounters at the End of the World gemacht hat. Ich habe zu dem Film beigetragen. Wir sind sehr gut miteinander ausgekommen und haben sogar noch immer Kontakt. Wir zeigten eine Vorschau zu seinem letzten Film Cave of Forgotten Dreams in der Archäologie-Abteilung und ich war ein Gastredner.

Was er über die Höhlen gemacht hat?

Er ist ein Genie und macht wunderschöne Filme. Ich würde gerne einen 3D-Film über Vulkane drehen. Ich versuche, ihn zu überzeugen.

Cave of Forgotten Dreams war wirklich super. Man meint ja eigentlich, dass 90 Minuten Film über eine Höhle wahnsinnig langweilig sein müssten. Ich mag besonders die Albinokrokodile am Ende.

Ja. Er hat ein Faible für Krokodile. Wir müssen das auch bei den Vulkanen mit unterbringen, sollte er einsteigen.

Wahrscheinlich klappt das nicht, wenn ihr in der Arktis filmt.

Dann eben Eisbären.

Was hast du eigentlich in der Arktis gemacht?

Ich habe einen Vulkan namens Erebus erforscht.

Was macht Erebus so interessant?

Erebus ist toll, da er einen gigantischen Lavasee besitzt und man so die Bewegungen der Lava beobachten kann. Es ist einer von nur drei aktiven Vulkanen, bei denen man einen Einblick in die inneren Prozesse eines Vulkans bekommen kann.

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Oh Erebus, Clives wahre und einzige Liebe.

Wie lange bleiben sie auf einem Vulkan wie dem Erebus?

Ich verbringe meistens zwei Monate am Erebus. Normalerweise von November bis Januar und errichte dann dort auf 3.500 Höhenmeter ein Basislager mit einem Team von 12 Leuten, das sich aus Studenten und Sicherheitsexperten zusammensetzt. Wir schlafen in Zelten und müssen diese Art Raumanzüge gegen die Hitze tragen. Wenn man mal einen ruhigen Tag hat, dann kann man in den vielen Eishöllen klettern gehen.

Hört sich nach einer Menge Spaß an, wie Campen.

Das ist es auch. Aber nur für kurze Zeit, danach ist es harte Arbeit. Erebus bricht auch sehr häufig aus, also muss man immer auf der Hut sein.

Das wiederum hört sich weniger spaßig an.

Er explodiert nun nicht besonders schlimm, aber man könnte leicht von einem Brocken Lava getroffen werden. Man hört normalerweise erstmal einen lauten Knall und und dann muss man der Flugbahn folgen. Es ist in etwas so wie als würde man einen Ball fangen, nur dass man ihn unter keinen Umständen fangen will, denn im Inneren ist er glühend heiß und voller geschmolzener Lava.

Besteht die Möglichkeit, dass ausbrechende Vulkane auch andere Vulkane zum Ausbrechen bringen können?

Vor ein paar Jahren gab es eine Studie, die sich mit großen Erdbeben befasst hat, wie zum Beispiel dem Erdbeben und dem Tsunami am 26. Dezember. In den darauf folgenden sechs Monaten gab es mehr Ausbrüche als in den vorhergehenden drei Jahren. Es scheint also eine Verbindung zu geben.

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Ist das vielleicht der Grund dafür, weshalb wir in letzter Zeit soviele Naturkatastrophen erleben?

Nicht unbedingt. Man muss aber bedenken, dass heute einfach mehr Menschen in Gefährdungsgebieten leben und man deshalb leicht dem Trugschluss aufliegt, dass es deshalb mehr Katastrophen geben würde. Außerdem wird über jede Katastrophe weltweit ausführlich in den Medien berichtet.

Die Medien schüren also die Angst?

Nein, aber sie berichten über jeden Ausbruch und jede Katastrophe.

Sind Vulkane im Meer gefährlicher? Da sie Tsunamis verursachen könnten?

Es gibt zwei verschiedene Arten – Vulkane ähnlich dem Krakatau, in seichten Gewässern, die Tsunamis verursachen können und Tiefseevulkane. Durch den Wasserdruck sind ihre Ausbrüche jedoch einigermaßen lasch.

Wie ein Furz?

Eher wie Zahnpasta, die aus der Tube spritzt.

Waren Sie selbst mal dort unten?

Nein, aber ich würde liebend gerne mal.

Sie sind recht abenteuerlustig für einen Wissenschaftler.

Ha. Ich würde eher auf den Meeresgrund tauchen, als Bungee zu springen.

Stehen sie auf Katastrophenfilme?

Nicht mehr oder weniger als sonst jemand auch.

Was ist ihr Liebelingsfilm über Vulkane?

Wahrscheinlich Volcano. Ich stehe darauf, wie die Lava durch die U-Bahn-Schächte fließt. Es ist herrlich absurd. Außerdem ist Tommy Lee Jones großartig. Dante’s Peak ist realistischer aber ich mag Pierce Brosnan nicht besonders.

Tommy gegen einen Vulkan

Lassen Sie uns über Aschewolken sprechen. Ist es richtig, Flüge deshalb zu streichen?

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Da gibt es kein richtig oder falsch. Aber trotzdem musste jemand eine Entscheidung treffen und ich denke, dass es nicht die schlechteste war.

Warum?

In den 80ern gab es beinahe einige Abstürze, da Jumbos direkt durch die Wolken flogen und beinahe vom Himmel gestürzt wären. Eine KLM-Maschine über Alaska und dann noch der Bristish Airways-Jumbo über Indonesien. Bei beiden fielen alle Triebwerke aus, doch die Piloten schafften es irgendwie, sie wieder in letzter Minute zu starten und konnten sicher landen. Aber Asche kann die Fenster und die Maschine regelrecht abschleifen und wenn sie ins Triebwerk gelangt kann sie dort nochmal schmelzen und die Turbine zerstören.

Da Sie sich all dieser Gefahren bewusst sind, haben Sie nicht panische Angst vor Vulkanen?

Selten. Und nur wenn ich direkt darüber stehe und in den Krater starre. Dann bekomme ich leichte Höhenangst.

Ross bekam nie Höhenangst.

Ich denke jeder hat in 3.500 Metern Höhenangst.