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Warum Junggesellinnenabschiede gar nicht so scheiße sind

Die Hochzeit ist im Grunde die erste Beerdigung. Deswegen ist der Junggesellinnenabschied auch eine wichtige Gelegenheit, mit allem abzuschließen, was vor dem Jenseits der Kredite und Familienplanung kommt.

Die Autorin (rechts) vor Kurzem bei einem Junggesellinnenabschied

Niemand mag Junggesellinnenabschiede. Ich weiß das, denn ich habe den Großteil des letzten Jahrzehnts damit verbracht, in kurzen Kleidchen von langen Penis-Strohhalmen zu trinken und die Angst der allgemeinen Öffentlichkeit vor größeren Frauenansammlungen zu schüren. Letzte Woche war ich auf dem Junggesellinenabschied meiner Freundin Keri, die das Thema „Basic Bitch" hatte—will sagen, ihr Junggesellinnenabschied hatte das Thema „Junggesellinnenabschied". Wir trugen alle die gleichen rosafarbenen Halstücher. Und Leuchtschmuck. Und es tut uns auch nicht leid. Es tut mir höchstens leid, dass in meinem heutigen Leben diese unbekümmerten Nächte der unvernünftigen Entscheidungen mit Freundinnen nur noch besonderen Ereignissen wie bevorstehenden Hochzeiten und Trennungen vorbehalten sind.

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Wenn du jung und dumm bist, dann verschwendest du ganze Sommer damit, mit deinen Freundinnen Kette zu rauchen und nach durchgemachten Nächten um 7 Uhr morgens zuckrige Getränke zu schlürfen. Ihr hört alle dieselben zehn Songs. Ihr tauscht Kleidung. Ihr habt Sex mit den falschen Leuten. Ihr verbringt Stunden damit, euer Haar zu glätten. Dann beginnt ihr heimlich, still und leise damit, eure Impulse einzuschränken, wie einen Elefanten, den man an einen Pflock gekettet hat. Eure „Wir gegen den Rest der Welt"-Einstellung versickert langsam im harten Fundament reifer Beziehungen, wichtiger Jobs und ernster Probleme, die sich nicht mit Ritalin und Dawson's Creek lösen lassen. Langsam wandern die IKEA-Möbel auf den Müll und eines Morgens, als du gerade ein YouTube-Tutorial übers Brotbacken ansiehst, geht dir auf, dass du seit Jahren nicht mehr mit dem Gesicht nach unten auf einem Küchenboden aufgewacht bist.

Sich zu verloben, ist ein wenig wie eine Bret-Easton-Ellis-Phase während der Unizeit: Es ist vielleicht unausweichlich, aber es ist dennoch traurig, wenn es deinen Freunden passiert. Wahrscheinlich ist ein Junggesellinnenabschied wirklich wie ein Abschied, weil die Hochzeit die erste Beerdigung ist, und du eine Gelegenheit brauchst, mit allem abzuschließen, bevor eine von euch sich aufmacht ins Jenseits des Kredit-Abbezahlens und Pille-Absetzens.

In der Woche des Junggesellinnenabschieds meiner besten Freundin aus der Schulzeit, Cara, hatte ich gerade eine achtjährige Beziehung beendet. Cara heiratete ihren High-School-Freund, und ich wanderte durch das Ödland der frischen Trennung. Unsere unterschiedlichen Pfade liefen in einem neonpinkfarbenen Hotelzimmer zusammen. Zu sechst bestellten wir uns einen Stripper aufs Zimmer. Er erschien in Polizeiuniform und machte diese Klischee-Intro, bei der einem das Herz trotzdem kurz stehenbleibt, wo der Stripper so tut, als hätte es eine Lärmbeschwerde gegeben. Wir gaben ihm Klapse und lachten mit der gleichen hilflosen Atemlosigkeit, die uns an so vielen Freitagabenden ereilte, wenn wir den Geländewagen einer Freundin zur Hotbox machten und aus dem verqualmten Auto über unsere verschlafene Stadt hinausblickten.

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Am nächsten Tag, als wir zu unserem mexikanischen Katerfrühstück gingen, hielt Cara mitten im Satz inne. Wir drehten uns alle um und sahen in ihr blank starrendes Gesicht, von dem man unter ihrer riesigen Sonnenbrille kaum etwas sehen konnte. Augenblicke später nahm sie einen grazilen Schritt von der Rolltreppe und fiel auf den dreckigen Teppich des Treppenabsatzes. Als wir ihre Sonnenbrille anhoben, war nur noch das Weiße ihrer Augen zu sehen. Zwischen ihren weißen Augen klebte ein rosafarbenes Stück Penis-Glitter, das sich in ihre Haut eingegraben hatte. Ich fing an, nervös zu kichern, während die Vernünftigeren unter unseren Freundinnen nach dem Sicherheitspersonal Ausschau hielten. Plötzlich rollten die Pupillen in den Augen unserer lieben Braut wieder nach vorne und sie stand so grazil auf, wie sie gefallen war. Wir setzten unseren Weg zum Mexikaner fort, als sei Caras Anfall auf der Treppe nichts als ein angestoßener Zeh gewesen. Das Herz einer Amazone hält einiges aus.

Für den Junggesellinnenabschied meiner Freundin Jackie mieteten wir einen Party-Bus, bei dem die obligatorische Stripperstange schon dabei war. Während wir durch West Hollywood fuhren, brach die Stripperstange das Licht der Discokugel im Zentrum des konvertierten Seniorengefährts auf magische Weise, Britney Spears dröhnte aus den Lautsprechern und wir sangen mit. Diesem perfekten Cocktail aus Musik, Lichtern und Wodka ausgesetzt, wurden wir eine nach der anderen von der Wahnvorstellung gepackt, an der Stange tanzen zu können. Wir konnten diese sexy Musikvideoversion unserer selbst sein, die wir uns jedes Mal vorstellten, wenn wir diese Musik hörten, die im Grunde nichts weiter als eine Parfümwerbung war.

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Wir hatten alle die Choreografie schon eine Million Mal in unserer Vorstellung geübt, und ausnahmslos jede von uns flog in hohem Bogen von der Stange und zog sich am Boden unseres fahrenden Transportmittels blaue Flecken zu. Der nüchterne Fahrer an der Spitze dieses Manövers fuhr weiter durch den zähflüssigen Verkehr, während er den sanften Aufschlag unserer Körper unter der Bassline von „Gimme More" hörte. Ich erzähle das, damit ihr wisst, dass das Mitfahren in einem Partybus nicht nur ein Verbrechen ist, sondern auch gleich die Bestrafung dazu.

Später in jener Nacht wechselten wir uns im Hotelzimmer dabei ab, betrunkene Trockenübungen mit einem aufblasbaren Riesenpenis durchzuführen. Das brachte mich darauf, dass ich dringend um 3:30 Uhr dem Mann eine SMS schreiben musste, mit dem ich ab und zu unverbindlichen Sex hatte. Ich hämmerte meine tauben, betrunkenen Finger auf die Tastatur und meine Freundin Cara gab mir grünes Licht für die Nachricht „Bn betrkenwafmactduxheiß". Natürlich hatte sie rückblickend absolut recht. Ich hätte schon viel früher damit aufhören sollen, dieser Person tatsächlich existierende Wörter zu schreiben.

Dieser aufblasbare Riesenpenis wurde sicher für die Nachwelt verwahrt und tauchte auf Keris Basic-Bitch-Junggesellinnenabschied vergangene Woche wieder auf. Wir schossen anzügliche Selfies damit, während wir die Hits von heute spielten und in Unterwäsche herumtänzelten und Kleidung und Make-up der anderen ausprobierten. Jemand brauchte einen Rasierer. Jemand hatte einen. Jemand hasste ihr Kleid. Jemand hatte eins über. Wir wuschen unsere Hände in der Dusche, weil im Waschbecken der Champagner kaltgestellt war. Jackie klebte uns allen mit der blitzschnellen Präzision eines Sternekochs in einem gerammelt vollen Restaurant künstliche Wimpern an. Wir teilten uns jeweils zu dritt bei schlechtem Licht einen Spiegel, erzählten explizite Sex-Storys und versicherten einander gegenseitig, dass wir nicht zu viel Make-up trugen.

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Als wir beim Club ankamen, beäugte der Türsteher uns arrogant und sah auf sein Klemmbrett. Wir wedelten mit unserem aufeinander abgestimmten Leuchtschmuck vor ihm herum und fragten uns, wie er auf die Idee kommen könnte, wir seien nicht gut genug für sein Etablissement. Nach der standardmäßigen Verzögerung zu Beschämungszwecken wurde schließlich bestätigt, dass wir „auf der Liste" standen und man geleitete uns zu einem „speziellen VIP-Bereich" oben und ganz hinten im Club, abgeschirmt von jeglichem Kontakt mit anderen Menschen. Wir waren betrunken, nicht dumm, also lehnten wir diese Junggesellinnen-Quarantäne ab und ließen uns eine Tischnische in der Nähe des Eingangs geben.

Die Lichter waren hypnotisch und pulsierend und wir tanzten auf den Sitzen und ich kickte meine High Heels von den Füßen, weil das eine Form der Folter ist, für die ich einfach nicht gemacht bin, und außerdem, auch wenn ich gerade zwei Stunden damit verbracht hatte, mich fertigzumachen, war mein Aussehen das Letzte, das mich in dem Moment interessierte. Ich wollte einfach nur meine Hüften kreisen lassen, wie ich es zuvor bei einem S-Factor-Poledancing-Kurs gelernt hatte. Ich wollte mit niemandem tanzen und auch für niemanden—außer für mein optimiertes Fantasie-Ich. Es gab lauten Bass. Frauen in Negligees, die Knallfrösche und Wodkaflaschen trugen. Ein Mann auf Stelzen.

Und dann wurde alles dunkel.

Der Strom war ausgefallen und plötzlich, ohne Licht, wurde alles als das erkennbar, was es war: Der Club war eine klebrige Lagerhalle. Die Flasche Hochprozentiges, die man zur Tischreservierung für teures Geld buchen konnte, war ein 30-Dollar-Wodka. Wir waren ein Haufen betrunkener Schnallen, die auf Möbeln herumspringen. Und wir hatten kaum bemerkt, dass die Lichter und die Musik ausgegangen waren.

Wir setzten uns hin und fingen an, uns zu unterhalten, als seien wir mitten in einer Unterhaltung gewesen. Wir erzählten, wie gern wir einander hatten, und sprachen darüber, dass wir uns nie wirklich sehen. Wir schossen im Dunkeln Selfies. Meine Freundinnen sagten mir, wie sehr sie meinen Freund liebten. Die Lichter blieben aus und wir nahmen weiterhin Schlucke aus der Flasche und verkündeten in regelmäßigen Abständen, wie betrunken wir seltsamerweise waren.

Am nächsten Morgen wachte ich in einem Hotelzimmer unter einem gigantischen Luftschlangenpenis auf und hörte Keri und Jackie, die sich im Bett liegend unterhielten. Wir nahmen die Bilder von sexy Cowboys, die wir aufgehängt hatten, wieder ab und warfen die Teller voll Penisplätzchen, die wir verziert hatten, weg. Wir ließen die Nacht bei würzigen Bloody Marys Revue passieren und kamen immer wieder darauf zurück, wie cool es war, als der Strom ausgefallen ist—wie unfassbar gut das war, als wir einfach nur reden konnten.