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Popkultur

Warum mein Klapphandy besser ist als dein Smartphone

Zum Beispiel sind Facebook-Benachrichtigungen sehr viel aufregender, wenn man sich erst an einen Computer setzen muss.

Screenshot via YouTube aus "Hello" von Adele

Vor zwei Monaten bin ich in eine Filiale eines etwas günstigeren Mobilfunkanbieters gegangen. Ich hatte kurz zuvor mein Smartphone in einem Taxi vergessen—der einzige natürliche Feind des Smartphones. Allerdings sah ich das als eine Gelegenheit, denn ich hatte es satt, ein Smartphone zu besitzen. Ich hasste, wie unhöflich und unaufmerksam ich geworden war, weil ich alle 10 bis 15 Minuten meine Social-Media-Profile checken musste, als hätte ich einen nervösen Tick. Und dann waren da die monatlichen Extrakosten für mehr Datenvolumen, die mich unweigerlich trafen. Als ich in den kleinen Laden ging, der mit "ohne Vertrag" warb, war ich ein Mann mit einer Mission: Zeit zum Ausklinken—ich wollte ein Klapphandy. Als ich jedoch den Laden betrat, schlug mir der Sirenengesang der Moderne entgegen. Die glatten, leuchtenden Displays der neuesten Motorolas, Samsungs und iPhones glitzerten verführerisch und winkten mit ihren ganzen Features: Instagram, Twitter, Spotify, Google Maps, Konnektivität, Modernität.

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Meine Entschlossenheit hielt nicht einmal, bis ich am Tresen angekommen war. Up-to-date-sein war zu verlockend. Ich bat um das smarteste Phone, das er mir ohne Anzahlung geben würde.

"Na klar, machen wir", sagte der fröhliche Verkäufer. "Ich muss einfach nur kurz deine Bonität prüfen und dann richten wir alles ein."

Ich schluckte. "Klar, kein Problem. Dafür gibt es die ja schließlich, oder? Die Bonität, meine ich. Prüfe nach Herzenslust, mein guter Mann."

"Tja, Jordan, leider musst du dir dein Handy gleich kaufen. Das macht 280 Dollar, aber in ungefähr zwei Monaten kriegst du dafür 80 Dollar gutgeschrieben."

"Hmm. Ähm, weißt du was … wie viel kostet das Klapphandy da drüben?"

Und so lernte ich, dass es nur einen schmalen Grat zwischen guter Moral und schlechter Bonität gibt.

Inzwischen habe ich dieses Klapphandy seit zwei Monaten, und ich bin echt froh, dass es so gekommen ist. Ich mag mein Klapphandy wirklich. Erstens ist es ein peinlicher Klotz, weswegen ich es nicht so schnell in einem Taxi vergessen kann. Zweitens kann ich es tatsächlich als Telefon verwenden. Ich fand es schon immer anstrengend, ein Smartphone als Telefon zu verwenden. Die Dinger sind einfach recht groß. Ziemlich häufig beendete auch mein Gesicht meine Gespräche für mich ohne mein Zutun. Drittens, angesichts meiner erbärmlichen Sucht nach dem lauwarmen Sammelbecken des Neids und des Narzissmus namens Social Media ist es eigentlich ganz gut, zum Ausklinken gezwungen zu sein, wenn ich das Haus verlasse. Außerdem: Nach Hause kommen und 20 Benachrichtigungen zu haben, ist, als würde ich mir Selbstbewusstsein direkt in die Vene schießen. (Bis ich dann sehe, dass es sich nur um Geburtstagserinnerungen und Einladungen handelt, und die grausame Realität unserer Einsamkeit sich wieder mit dem Gewicht des ganzen Universums auf meine Schultern legt.)

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Aber das sind auch schon die einzigen Unterschiede. Mein wunderschönes Klapphandy ist schwieriger zu vergessen, leichter, und besser als Telefon zu verwenden. Und während es zwar sehr gut ist, beim Schlangestehen in der Bank oder im Café nicht auf Facebook schauen zu können, will ich hier auch nicht so tun, als hätte ich eine Art selige Transzendenz erreicht, nur weil ich nicht mehr mit dem Daumen über einen Glasbildschirm wische. Mein Geist ist noch immer ein modernes, verworrenes Knäuel aus Zweifeln und Ängsten. Ich bin nicht plötzlich zum Naturburschen geworden, sondern pflege noch immer meine eigene Natur als neurotischer Angsthase.

Es ist aber auch seltsam. Wenn ich im Bus sitze und alle anderen unweigerlich ihre Handys aus der Tasche holen, greife ich automatisch auch in meine. Dann dauert es einen Moment, bis mir klar wird, dass ich auf dem Ding nichts anschauen kann außer den Einstellungen für meinen Wecker. Ich sehe aus dem Augenwinkel das beruhigende weiße Leuchten und kann nicht anders, als mich nach meinem eigenen erbaulichen Datenstrom zu sehnen. Es ist wie mit dem Gähnen, was wohl ansteckend ist, weil du jemanden siehst, der sich eine Extraladung Sauerstoff reinzieht, und denkst: "Hey, vielleicht brauche ich auch noch etwas mehr von dem Zeug." Nur in diesem Fall geht es nicht um die Luft zum Atmen, sondern um … was eigentlich? Interaktionen in sozialen Netzwerken? Isolation in der Öffentlichkeit?

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Doch das Seltsamste überhaupt sind die Reaktionen, die andere Leute auf mein Klapphandy haben. Die häufigste ist Spott—ein ungläubiges "DAS ist dein Handy?", als ob ich eine Dose an einer Schnur herausgeholt hätte, die aus dem Zimmer führt—, gefolgt von Andeutungen, ich sei ein Drogendealer und das sei mein Geschäftshandy. Vielen Dank auch, The Wire.

Nach dem anfänglichen Gedisse und dem Hohn kommt die zweithäufigste Reaktion: Großzügigkeit. Die vielen gebrauchten iPhones und Android-Smartphones, die man mir schon angeboten hat, könnten eine kleine Kunstgalerie füllen—ich würde sie alle in der Form eines gigantischen Ohrs aneinanderkleben und das Werk Hörst du mich jetzt? nennen. Ihre Sorge um mich ist wirklich rührend. Die Menschen reagieren auf den Anblick meines Klapphandys, als habe die Regierung versprochen, Spenden an mich zu verdoppeln, um mir aus meiner Not zu helfen. "Ich hab' ein Handy zu Hause, das ich nicht brauche, das kannst du haben, wenn du willst", flüstern sie wohlmeinend, als sei ich voller Scham zur Mittagspause mit nichts als ungekochten Hotdog-Würstchen in einer braunen Papiertüte erschienen.

Diese drei Dinge—meine Hand, die nach einem Smartphone in meiner Tasche greift, das gar nicht da ist; der Spott; die Wohltätigkeit—enthüllen die wahre Anziehungskraft des Smartphones. Abgesehen von der absurden Rechenleistung, den Apps, HD-Displays und den Kameras geht es vor allem schlicht und ergreifend darum, dass Smartphones die Norm sind. Meine Kollegen und Freunde, die mich beleidigen und mir helfen wollen, können sich nicht vorstellen, dass ich kein Smartphone haben will. Es muss an einem Fehler oder den grausamen Irrungen des Schicksals liegen, dass mir das abhanden gekommen ist, was für die meisten schon zu einem externen Gehirn geworden ist. Es ist inzwischen so weit gekommen, dass diese Technologie so absolut allgegenwärtig geworden ist, dass sie nicht länger wie eine Ware oder ein Gadget wirkt, sondern mehr wie ein Körperteil. Das Smartphone muss sich nicht länger beweisen; seine Allgegenwärtigkeit ist der einzige Beweis, den es braucht. Mein Klapphandy widerspricht dem, also muss es ein Fehler sein. Es ergibt keinen Sinn, denn wer will schon so eins haben?

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MOTHERBOARD: Ein Pilot erklärt, was wirklich passiert, wenn dein Handy nicht im Flugzeugmodus ist

Was mir Sorgen bereitet, ist die Frage, was passiert, wenn eine solche Technologie zur Norm erklärt wird. Wir hören auf, sie infrage zu stellen und zu hinterfragen. Die Technik und ihre Möglichkeiten werden tyrannisch. Diese Werte werden in der Gesellschaft verankert, und diese muss den Werten dienen und sich an sie anpassen. Beim Smartphone gehören zu diesen Werten Geschwindigkeit, Kommunikation, Komfort, Überwachung und Spaß. Wenn etwas nicht diesen Werten entspricht, wird es als Relikt der Vergangenheit gesehen und nicht als Alternative.

Das Smartphone ist ein Schlüssel zu einer riesigen Parallelwelt der billigen Mitfahrgelegenheiten, heißen Dates und lustigen GIFs. In diese Welt kannst du aus jedem noch so hässlichen Badezimmer und jeder noch so langweiligen Schlange entfliehen. Sie ist ein heller, schöner und endloser Raum, der leider so hell leuchtet, dass er alles außerhalb in Schatten taucht. Die Leute, die sich außerhalb dieses Lichtkreises befinden, ob sie in dieser Frage nun eine Wahl hatten oder nicht, werden dabei auch überschattet. Sie sind unwichtig, weil niemand sie sehen kann; stattdessen sieht man sie als Wesen, denen man erst noch in die richtige Welt helfen muss, und wenn sie sich weigern, werden sie verspottet und ausgestoßen.

Deswegen werde ich mein Klapphandy weiterhin benutzen. Es ist ein Kieselstein im Schuh der Zukunft. Eine Erinnerung daran, dass es immer noch viele gibt, die jenseits dieser schwindelerregenden, reibungslosen Schnellstraße des Komforts leben, die ein iPhone Menschen eröffnet.

Und hauptsächlich behalte ich das Teil, weil ich jeden Monat eine Menge Geld spare.